Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz
Abgründen zurückschreckte. Trotzdem war es etwas anderes, mit Adam darüber zu reden, denn er war seit ihrer ersten Begegnung davon ausgegangen, dass sie nicht die Frau war, die sie so perfekt vorzutäuschen verstand. Ihm war gleich aufgefallen, dass sie Geheimnisse verbarg, während Hayden eine Frau ohne Vergangenheit zu lieben glaubte. Genau aus diesem Grund hätte Esther ihm alles verschwiegen, auch noch nach lauter glücklichen gemeinsamen Jahrzehnten.
Grob rieb Esther sich die Augenlider, dann besann sie sich wieder auf das Gespräch. Adam musste wissen, warum sie ihn so überstürzt verlassen hatte.
»Dieser Adalbert, der sich seit einiger Zeit bei Anders eingenistet hat und so tut, als sei er sein Diener, hat mir in der Hotellobby nur drei Sätze ins Ohr geraunt: ›Caitlin und ihr Junge brauchen ab jetzt deutlich mehr Unterstützung als ein paar lumpige Dollar im Monat. Anders möchte dir hierzu gern ein Angebot unterbreiten, aber nur wenn du jetzt sofort zu ihm gehst. Allein.‹ Mehr brauchte es allerdings auch nicht, um mich zu überzeugen. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich zu fügen, schließlich kenne ich Anders’ weitmaschiges Netz aus Kontakten. Wer von eurer Art, von den Dämonenbeseelten, einmal von seiner Gabe gekostet hat, gehört ihm. Bis auf eine Ausnahme.«
Prüfend betrachtete sie Adam, der jedoch nur den Kiefer fest aufeinanderpresste. Es war unmöglich zu sagen, was ihm mehr zusetzte - dass Esther den Dämon erwähnte oder die Macht hinter Anders’ Gabe.
»Jedenfalls wäre es ein Leichtes für Anders, Caitlin und ihrem Kind zu schaden. Das kann ich nicht zulassen, denn sie sind das einzige Lebendige aus meinerVergangenheit. Ich würde es nicht ertragen, wenn ihnen meinetwegen etwas zustößt.«
»Das wird es auch nicht, ich verspreche es dir.Anders verfügt vielleicht über weitreichenden Einfluss, aber er wird erst einmal keinen Finger rühren. Schließlich geht er davon aus, dass ich dich gegen deinen Willen mitgenommen habe. Wie ich ihn einschätze, wird er abwarten, was ich als Nächstes tue. Ein Kind im fernen Irland zu bedrohen, bringt ihm im Augenblick herzlich wenig. Wir können uns also eine kleine Atempause gönnen.«
Das Lächeln, das sich auf Esthers Lippen schlich, fühlte sich brüchig an, aber wenigstens war es da. »Caitlin hat den Jungen Aedan genannt, was so viel wie aus dem Feuer geboren bedeutet. Vermutlich ist sich Caitlin dieser Bedeutung gar nicht bewusst gewesen, nur finde ich, es kann keinen passenderen Namen für das Kind meines Bruders geben. Dillon konnte mit seinem inneren Feuer schließlich alles um sich herum erleuchten.« Während dieser Gedanke sie - wie bereits unzählige Male zuvor - wärmte, fanden die Tränen schließlich doch ihren Weg, und mit ihnen wurde auch der Druck gesprengt, der sie seit jenem Tag unablässig peinigte.
Endlich setzte Adam sich neben sie aufs Bett, zog sie auf seinen Schoß und streichelte ihr liebevoll den Rücken. Bald war Esther diese Berührung zu zahm, und sie begann, sich in seinen Armen zu winden, bis sie endlich ihre Finger in seinem Haar vergrub und seinen Mund zu sich hinabziehen wollte. Zu ihrer Enttäuschung streiften Adams Lippen ihre jedoch nur flüchtig, dann zog er sich wieder zurück. Mit einem unterdrückten Schnauben setzte sie ihm nach, doch seine Arme ließen ihr nicht genug Spielraum.
»Liebling, beruhige dich.« Seine Worte waren gehauchte
Küsse auf ihrem Haar. »Du bist viel zu aufgewühlt, du brauchst einen Moment Ruhe.«
»Zum Teufel mit der Ruhe!«, brach es aus ihr hervor. »Ich bin nicht so zerbrechlich, wie du denkst.«
»Zerbrechlich vielleicht nicht, aber ich werde ganz bestimmt nicht zulassen, dass du gerade jetzt deine Grenze austestest.« Wie um seine Worte zu unterstreichen, zog er sie fester in seine Arme. »Jeder Mensch kann nur ein bestimmtes Maß an Trauer und Aufruhr ertragen - und deins ist mittlerweile ausgereizt, ob dir das nun gefällt oder nicht.«
Obwohl ihr klar war, dass sie gegen Adams Umarmung nichts ausrichten konnte, wenn er nicht wollte, kämpfte sie dagegen an, bis er sie schließlich freigab - wohl aus Angst, ihr wehzutun. Esther zögerte keinen Augenblick, sondern riss an seinem Hemd, bis sie ihre brennenden Lippen mit seiner Haut vereinen konnte. Hungrig fuhr ihre Zungenspitze zu der Kuhle über seinem Schlüsselbein, während ihre Hände den Stoff von seinen Schultern zerrten. Es kümmerte sie nicht, dass Adam vollkommen still hielt. Sie brauchte
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