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Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz

Titel: Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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durch den Kopf, kein Ende, nicht jetzt. Nicht nach alledem, was ich gerade erst entdeckt habe. Dann versank er in Schwärze.
     
    Gerade hatte er sich noch für immer ausgelöscht geglaubt, verbannt in jene endlose Ödnis, die sich aus ihm speiste, da kehrte er mit einer bislang nie verspürten Macht zurück. Er brannte so lichterloh, dass er sich selbst kaum erkennen konnte. Fast befürchtete er, selbst von dem Feuer seiner Wiedergeburt verzehrt zu werden. Dann nahm der Energiefluss, der ihn erfasst hatte, auf ein erträgliches Maß ab, und er erkannte seinen Tempel voller Erleichterung wieder. Sein Reich.
    Einen schrecklichen Moment lang hatte er nämlich befürchtet, aus diesem Schmelzofen, in den er geworfen worden war, nicht etwa gestärkt herauszugehen, sondern in der Glut aufgelöst zu werden. Er hatte tatsächlich befürchtet, in eine Falle getappt zu sein.
    Doch nun schritt er durch seinen Tempel, dessen Räume gereinigt worden waren von der Anwesenheit dieses widerspenstigen Geistes.

    Regelrecht ausgeräuchert, wie er befriedigt feststellte. Oder irrte er sich vielleicht? Lauerte da nicht ein Schatten in der Ecke, zusammengekauert wie ein Schlafender, der bald jedoch wieder auferstehen würde?
    Ja.
    Und er konnte ihn nicht berühren, um ihn endgültig auszulöschen. Nicht einmal in seine Nähe konnte er gelangen, sosehr er sich auch bemühte. Sein Königreich würde nur von kurzer Dauer sein.
    Wie ein Wahnsinniger raste er durch seinen Tempel, brüllte seine Wut hemmungslos heraus. Nur änderte er dadurch nichts.Wenn er bald wieder seiner Macht beraubt werden würde, dann konnte er doch zumindest die Spanne seiner Hoheit nutzen und ein Zeugnis von ihr schaffen. Ein Zeugnis, das Adam gewiss nicht so schnell verwinden würde …

6
    Esther
    Der Vormittag ging wie im Flug vorbei. Esther verbrachte ihn auf ihrem handtuchgroßen Balkon, die frisch lackierten Fußnägel gegen das Geländer gestemmt, während sie ein Buch auf den Knien balancierte. Eigentlich war es zu kühl, um lediglich im Bademantel draußen zu sitzen, doch es verlieh ihr ein Gefühl von Muße und Freiheit.
    Es kam selten vor, dass Anders ihr freie Zeit zugestand, einfach, weil er sie gern in seiner Nähe wusste. Deshalb war es der größte Luxus, herumzutrödeln und einen Liebesroman zu lesen, der im glamourösen Nizza spielte. Beim Lesen träumte Esther sich auf die Promenade und flanierte an einladenden Restaurants und sommerlich gekleideten Gästen vorbei, während im Hafen Segelboote in der Sonne glänzten.
    Nicht, dass ihr Leben, seit sie in Anders’ Dienst getreten wäre, etwa unglamourös gewesen wäre: Er liebte schöne Dinge und interessante Gesellschaft. Als seine Assistentin konnte sie daran teilhaben. Doch selbst wenn Esther mittendrin war, elegant eingekleidet am Rodeo Drive und mit der Autorität ihres Chefs ausgestattet, so war sie noch lange nicht ein echter Bestandteil des außergewöhnlichen Lebens, das Anders führte. Und sie sehnte sich im Gegensatz zu den anderen Dienern, die sie kennengelernt hatte, auch keineswegs danach, es zu werden. Schließlich hatte sie nicht nur die schillernden Seiten des Dämons zu sehen bekommen. So wie auf der Party gestern Abend,
die noch recht gemäßigt ausgegangen war. Obwohl sie lieber nicht genau wissen wollte, was einige Gäste im Anschluss für Vergnügungen unternommen hatten.
    Erneut wanderten ihre Gedanken gegen ihren Willen zu dem Mann, für den Anders das Barbecue veranstaltet hatte. Adam … Sie hatte ihn beobachtet, wie er zu Anders’ Gefährtin hinübergeschlendert war. Dabei hatte ihn ein mehr als verstörendes Flair umgeben: düster, fast bedrohlich. Über diese Ausstrahlung hatten auch die betörend schönen Gesichtszüge und das aufgesetzte Lächeln nicht hinwegtäuschen können. Und doch war es ihr nur mit Mühe gelungen, sich von ihm abzuwenden, obwohl Anders nach ihrer Aufmerksamkeit verlangt hatte. Beinahe glaubte Esther, wieder das Klavierspiel zu hören, das aus dem Wohnzimmer zu ihr durchgedrungen war. Sie hatte sich nicht umdrehen müssen, um zu erahnen, wer am Klavier saß. Die Intensität des Spiels hatte perfekt zu diesem Adam gepasst. Mit der gleichen Intensität hatte er später auch Anders in seine Arme geschlossen.
    Nun, genau so war die Welt des Dämons. Wenn man als Sterbliche in ihr verkehrte, durfte man nicht überrascht sein, dass nichts jemals so war, wie es auf den ersten Blick erschien. Diese Erkenntnis war sehr schnell in Esther gereift. Aber warum

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