Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz

Titel: Nachtglanz - Heitmann, T: Nachtglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
Vom Netzwerk:
genügte nur ein Schritt, um in eine neue Welt einzutreten oder um zumindest einen ersten Blick auf sie zu werfen.

    Komm zu mir.
    Die Aufforderung war nicht mehr als die Berührung des Windes, doch von einer solchen Anziehungskraft, dass Adam die Reste seiner Zurückhaltung verlor. Sich ganz seinen Bedürfnissen hingebend, schlang er die Arme um Anders, vergrub seine Finger in dessen Haar und presste ihn so fest an sich, dass der andere Mann aufstöhnte.
    Als sei es der berauschendste Duft auf der Welt, atmete Adam den Muskatgeruch ein und vergaß alles um sich herum. Seine Umarmung verlor an Heftigkeit, fast zärtlich hielt er Anders umfangen und brachte seine Stirn an dessen Wange zum Ruhen. Obwohl es ihn quälte, gab er sich dem Ziehen in seinem Inneren hin, genoss das süße Drängen, das eigentlich ein Schmerz war.
    Gleich würde er der Versuchung nachgeben, nur noch einen Moment wollte er ihrer unverstellten Macht ausgeliefert sein.
    Gerade als er glaubte, es nicht länger ertragen zu können, wandte er sein Gesicht und berührte Anders’ Mund, dem ein Versprechen auf Frieden innewohnte. Sanft öffneten sich die Lippen unter seinem Druck, und er verschmolz mit ihnen, gab sich dem Kuss hin.
    Nimm mich .
    Es war, als wanderten die Worte über seine Lippen, während der Kuss immer drängender wurde. Ja, er wollte, was auch immer Anders ihm zu bieten hatte, jetzt und ganz gleich, zu welchem Preis. Er wollte alles vergessen und auslöschen, was hinter ihm lag, wollte neu geboren werden.
    Da Anders’ Mund ihm nicht geben konnte, wonach ihn plötzlich dürstete, befreite Adam sich harsch aus der Umarmung. Achtlos stieß er den entrückt aussehenden Mann von sich, um das venezianische Messer zu zücken.
    Anders hielt still, als die kristallene Klinge sich in seinen Hals grub, und entzog sich auch nicht, als Adam von der blutsprudelnden Wunde Besitz ergriff.

    Was auch immer über Adams Lippen floss, es war kein Blut. Es war Form gewordenes Leben, ein Trank der Götter. Und Adam wollte mehr davon - wie es seine Zunge umtanzte, seinen Brustkorb in Brand setzte und seine Glieder mit einer Wärme erfüllte, die ihn zugleich streichelte und versengte.
    Völlig unvermittelt hielt Adam inne.
    Etwas fehlte.
    Mit einem unwilligen Laut umfasste Anders seinen Hinterkopf, um ihn dazu anhalten, weiterzutrinken - was Adam zweifelsohne auch gleich wieder tun wollte.
    Sobald er dem Rätsel auf die Spur gekommen war.
    In ihm klaffte ein Loch, das er vor Befriedigung fast nicht bemerkt hätte. Doch nun, da er es ausgemacht hatte, konnte er nicht davon ablassen, es zu umkreisen.
    Etwas war ihm verlorengegangen in dem Augenblick, als Anders’ Blut seine Lippen passiert hatte. Nein, schon zuvor, während des Kusses.
    Obwohl allein bei der Anstrengung etwas in ihm zerbrach, löste Adam sich endgültig von der Wunde, kämpfte sich aus Anders’ Griff frei und blickte sich verwirrt um.
    Er war er - aber etwas fehlte, verflucht.
    Unzählige Augenpaare starrten ihn an, voller Unglauben und Verzückung über das eben Geschehene. Einige sahen jedoch auch angewidert oder verwirrt aus.Vermutlich die Dienerschaft, die kaum begriff, was gespielt wurde. Adam hatte die Gäste vollkommen vergessen.Wovon waren sie soeben eigentlich Zeugen geworden?
    Mit einem zitternden Handrücken wischte er sich über die Lippen, als ihn unvermittelt Apfelblütenduft erreichte und das metallische Aroma des Blutes überdeckte. Als er sich in die Richtung drehte, aus der der Duft kam, blieb er an einem grauen Paar Augen hängen. Einem Paar durch und durch menschlicher Augen - daran herrschte nicht der geringste Zweifel. Er
erkannte etwas in ihnen, das er nicht in Worte fassen konnte, sich ihm jedoch stärker einbrannte als Anders’ Blut. Es war eine Prägung, der nichts Dämonisches anhaftete. Eine uralte Magie, der nur Menschen erlagen.
    Die Erkenntnis riss Adam den Boden unter den Füßen weg: Die Leere in seinem Inneren stammte von dem Dämon.
    Der Dämon war fort!
    In diesem Augenblick war er einzig und allein ein Mensch namens Adam.
    »Trink mehr«, forderte Anders den benommenen Mann auf und zwang seine Lippen erneut an die Halswunde.
    Adam wollte aufschreien, doch da floss das Lebenselixier bereits über seine Lippen und mit ihm kehrte der Dämon zurück.
    Meins, alles meins, frohlockte er.
    In Adam brach der Widerstand wie ein Damm unter einer Sturmflut zusammen. Er ging verloren, wurde weggespült, obwohl er verzweifelt nach Halt suchte. Nein, schoss es ihm

Weitere Kostenlose Bücher