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Nachtglut: Roman (German Edition)

Nachtglut: Roman (German Edition)

Titel: Nachtglut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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forschend. Bald hörte er auf zu lachen. Er hörte sogar auf zu lächeln. Sie drehte ihren Stuhl und rutschte ganz nach vorn
bis zur Kante. Sie hob die Hände und legte sie beidseitig an sein Gesicht. Die Berührung war so leicht wie ein Hauch, aber er spürte glühende Brandeisen an seinen Wangen.
    Sein Blick folgte der Bewegung ihrer Augen, die jeden einzelnen seiner Gesichtszüge betrachteten. Wenn sie den Kopf bald auf die eine, bald auf die andere Seite neigte, strich ihr Haar über seine Handrücken. Er hielt die Lehne des Stuhls, auf dem er rittlings saß, so fest umklammert, daß seine Finger gefühllos wurden; wahrscheinlich waren seine Knöchel schon ganz weiß, aber er sah nicht zu ihnen hinunter. Jack wagte keine Bewegung aus Angst, er könnte den Zauber brechen, der in ihr den Wunsch hervorgerufen hatte, ihn zu berühren. Er sah sich in ihren Pupillen gespiegelt und fragte sich, was, zum Teufel, sie an seiner verwitterten Visage so faszinierend fand.
    Aber er ließ sie schauen, verstummte selber. Er zog sich nicht von ihr zurück, sondern blieb völlig bewegungslos. Ja, er hätte sich nicht einmal gerührt, wenn plötzlich Elvis aus der Wand hinter ihr getreten wäre.
    Noch näher heranrückend, so daß sie kaum noch die Stuhlkante berührte, hob sie die Finger zu seinen Schläfen. Bei den feinen Linien beginnend, die aus den Augenwinkeln abstrahlten, erforschte sie jeden Zentimeter ringsum mit den Fingerspitzen. Als sie seine Brauen und die steile Falte zwischen ihnen erreichten, wanderten sie abwärts, um seine Wangenknochen zu ertasten. Mit dem Zeigefinger zog sie die Linie seines Nasenrückens von der Wurzel bis zur Spitze nach.
    Dann umschloß sie wieder mit beiden Händen seinen Kopf, aber jetzt übte sie Druck aus. Ihre Daumen trafen sich in der Mitte seines Kinns gleich unter seiner Unterlippe. Einer strich nach außen, dann der andere; schließlich trafen sie in der Mitte wieder zusammen, wo sie nur einen Moment liegen blieben, ehe sie ihre Hände zurückzog und sie, zu Fäusten geballt, unter ihr Kinn bettete wie ein Kind, das bei einer Ungezogenheit ertappt worden ist.
    Jack hatte heftiges Herzklopfen. Nicht weil ungewöhnliche erotische Erlebnisse für ihn etwas Neues waren – im Gegenteil. Seine Unschuld hatte er ziemlich zu Beginn seiner High-School-Karriere beim ersten und einzigen Schultanzabend seines Lebens verloren, als das Klassenflittchen ihn aus dem dekorierten Turnsaal in einen dunklen Korridor schleppte. Bis die Bee Gees ihr Lied vom knapper werdenden Himmelreich abgesungen hatten, war Jack dort und wieder zurück gewesen.
    Einmal arbeitete er bei einem Debütantinnenball in Fort Worth als Barkeeper, und die Tochter eines Multimillionärs hatte ihm einen geblasen – so gekonnt, daß sie eine Goldmedaille verdient hätte, wenn Fellatio eine Olympiadisziplin gewesen wäre.
    In Kansas City, bei einem Pink-Floyd-Laserspektakel, hatte ihm ein Mädchen, das ihm noch nie über den Weg gelaufen war, die Jeans aufgeknöpft und ihn mit einer Hand bis zum Erguß hochgekitzelt, während sie lässig einen Joint rauchte, den sie in der anderen hielt.
    In Billings hatte er es mit einer Frau, die immer schon davon träumte, hoch zu Roß bei Schneefall getrieben.
    Diese Erlebnisse hafteten in seinem Gedächtnis, weil sie nicht alltäglich gewesen waren – jedenfalls im Vergleich zu anderen Begegnungen. Meistens praktizierte er jedoch einen Sex ohne Schnörkel, mit normalen Frauen, die sich mit denselben Problemen herumschlugen: Einsamkeit und körperliche Begierde.
    Aber keines seiner Erlebnisse war so hocherotisch gewesen wie dieser Moment, als Anna sein Gesicht erforschte. Und das kam daher, daß es mit tiefer Wißbegier und echtem Interesse – und vielleicht einer Spur persönlicher Anteilnahme geschah.
    Jack Sawyer hatte in seinem Leben selten Anteilnahme von anderen erfahren. Sicher, es hatte nette und freundliche Leute gegeben; aber im allgemeinen handelte es sich um
Menschen, die zu jedem nett und freundlich waren. An ihm persönlich hatte im Grunde nie jemand Interesse gehabt.
    Nicht seine Mutter, die ihn nur bei sich behalten hatte, um ihn als Druckmittel gegen den Mann einzusetzen, der sie ständig mit anderen Frauen betrog. Nicht sein Vater, der reden konnte wie geschmiert, sich aber in Wirklichkeit nie um jemanden anders scherte als um sich selbst.
    Anna jedoch… Ihr war er immerhin so viel wert, daß sie ihm ihre Überlegungen mitteilte. Sie vertraute seinem Urteil, sonst

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