Nachtglut: Roman (German Edition)
gebracht«, brüllte Carl. »Die sollten glauben, Blewer und Delray und den ganzen Scheiß gäb’s für uns nicht mehr. Und du – verdammt noch mal, bist du blöd!«
»Nenn ihn nicht blöd.«
»Halt den Mund, Connie«, rief Cecil erregt. Dann fuhr er Carl an: »Ich bin dein älterer Bruder, und ich hab restlos die Nase voll davon, mich von dir wie ein Idiot behandeln zu lassen. Es war ein großartiger Plan, und er hat hingehauen.«
»Na klar. Mit deinem großartigen Plan hast du nur erreicht, daß alle sich auf die Seite von Delray und Dean…«
»Dean ist tot.«
»Was?«
»’ne ganze Weile schon. Seine Witwe und sein Sohn leben bei Delray.«
»Eine Taubstumme.« Carl warf Connie einen scharfen Blick zu. »Du kannst mir’s schon glauben«, sagte sie so von oben herab, daß er ihr am liebsten eine runtergehauen hätte. »Sie ist behindert.«
Carl kaute einen Moment an dieser Neuigkeit. Dann fragte er: »Was ist mit Hardge? Hast du von dem was gesehen oder gehört?«
»Nichts. Wahrscheinlich auch längst hinüber! Also, beruhig dich wieder. Es ist nichts passiert.«
»Du hast den Undercover-Typen vergessen.« Cecil sah sie an, als teilte er jetzt das Verlangen seines Bruders, ihr eine runterzuhauen. Zu ihrer Verteidigung fügte sie hinzu: »Na ja, ist doch am besten, wenn er alles weiß, Cecil!«
»Was für ein Undercover-Typ?« hakte Carl nach.
»Er war auf der Ranch. Wollte mir weismachen, er wäre da als Cowboy angestellt.«
»Und woher weißt du, daß das nicht stimmt?«
»Nur so ’n Gefühl«, antwortete Cecil. »Er hatte diese Art, du weißt schon. Die hatten nach eurem Ausbruch vielleicht Angst, du würdest da aufkreuzen, und die Bullen haben jemanden rausgeschickt, um aufzupassen.«
»FBI?«
»Keine Ahnung, kann schon sein. Er ist mir gefolgt, als ich wieder losgebrettert bin, aber ich hab ihm keinen Anlaß zu irgendeinem Verdacht gegeben. Am Ende ist er umgekehrt und wieder nach Blewer zurückgefahren. Ich schwör’s, Carl, wir brauchen uns keine Sorgen zu machen!«
Carl gab sich etwas freundlicher. »Wahrscheinlich hast du recht, Cec. Tut mir leid, daß ich so hochgegangen bin.«
Cecil war sichtlich erleichtert. Er lachte kurz. »Wir sind alle ein bißchen nervös und angespannt – aber du mußt echt schauen, daß du dich ein bißchen besser in den Griff kriegst, Brüderchen.«
Carl lächelte entwaffnend. »Tja, das ist mir immer schon schwergefallen. Bis auf den heutigen Tag.«
»Also, soll ich dir jetzt weitererklären, wie ich mir unsere Fahrt vorgestellt hab?«
»Ich bin ganz Ohr.«
Erneut kam Cecil auf seinen Plan zurück. »Wenn wir hier abhauen, haben wir vielleicht zwei Tage harte Fahrerei vor uns. Maximum.«
»Zwei Tage?«
Cecil, der sein Selbstvertrauen wiedergefunden hatte, langte über den Tisch und boxte Carl scherzhaft in die Schulter. »Mexiko läuft uns nicht davon, ich versprech’s dir.«
Nichts haßte Carl mehr, als wenn andere ihn mit Herablassung behandelten. Er empfand es als doppelten Affront, sich von einem ausgemachten Feigling wie seinem Bruder
wie ein dummer kleiner Junge anreden lassen zu müssen. Aber er zwang sich zu einem Lächeln.
In dem Glauben, ein Zugeständnis erreicht zu haben, streckte Cecil sich wollüstig. »Mach’s dir bis dahin einfach gemütlich und freu dich, daß du den Knast hinter dir hast. Wir haben hier doch alles, was wir brauchen.«
Er legte den Arm um Connie und zog sie dicht an seine Seite. Mit einem spöttischen Blick auf Carl kuschelte sie sich an Cecil und schob ihre Hand über seine Brust hinunter zu seinem Gürtel. Mit ihren tieflila Fingernägeln klopfte sie kokett auf seine Gürtelschließe, bevor sie ihre Finger daruntergleiten ließ.
Cecil wurde rot. »Entschuldige uns«, sagte er zu Carl und ging mit Connie nach draußen.
Der Jüngere starrte ihnen finster nach und murmelte: »Klar, du hast hier alles, was du brauchst, großer Bruder!«
33
J ack las noch einmal, was auf dem Computerbildschirm stand. »Einen Gefallen?«
Einen persönlichen Gefallen, hatte sie geschrieben. Es ging also nicht um irgendeine Arbeit auf der Ranch. Das, was sie von ihm wollte, fiel in eine andere Kategorie, war Privatsache.
Dann fuhr er sich durchs Haar. »Ja, klar, wenn ich Ihnen behilflich sein kann…«
Sie begann wieder zu tippen.
»Ich würde Sie gern fotografieren«, las Jack und lachte. Erleichtert oder enttäuscht? Er konnte es selbst nicht sagen. »Sie wollen mich fotografieren?« fragte er. »Aber warum denn?
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