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Nachtglut: Roman (German Edition)

Nachtglut: Roman (German Edition)

Titel: Nachtglut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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geschworen, er würde Delray Corbett umbringen.«
    »Tja, die Gefahr besteht ja jetzt nicht mehr. Delrays Herzinfarkt ist ihm zuvorgekommen.«
    »Aber was sollte das überhaupt bedeuten?«
    »Nach seiner Verurteilung wegen des Mordes in Arkadelphia ist Carl in die Berufung gegangen. Er hat seinen Anwalt gefeuert und Delray gebeten, ihm das Geld für einen anderen zu spendieren. Delray hat das abgelehnt. Er sagte, Carl habe das Verbrechen begangen, also solle er auch die Konsequenzen tragen. Zudem solle er froh sein, daß er nicht hier in Blewer vor Gericht gestellt werde. Wegen des Mordes an Patsy McCorkle. Carl hat damals Stein und Bein geschworen, daß er mit ihrem Tod nichts zu tun hätte. Delray schimpfte ihn in aller Öffentlichkeit einen Lügner. Der Junge hat völlig durchgedreht und die wildesten Drohungen ausgestoßen. Obendrein verlor er den Berufungsprozeß, wofür er die Schuld seinem Stiefvater in die Schuhe schob: weil der ihm nicht einen besseren Anwalt besorgt hätte! Außerdem behauptete er, wenn Delray ihm und seinem Bruder auch nur einen Funken Liebe entgegengebracht hätte, wären sie andere Menschen geworden.«
    »Glaubst du auch, daß Delray an ihrer schlimmen Entwicklung schuld war?«
    »Vielleicht. Zum Teil. Aber bestimmt nicht allein. Diese Knaben hatten es schon in sich, als er ihre Mutter heiratete.«
    Sie sah noch einmal zu dem leeren Tisch hinüber, ehe sie ihren Blick wieder auf ihn richtete. »Und dann haben sie noch erwähnt, daß – daß Carl geschworen hätte, dich zu töten.«
    »Ach, das ist doch nur Gewäsch von einem Haufen alter Knacker, die nichts Besseres zu tun haben, als sich über andere die Mäuler zu zerreißen.«
    »Aber hat er’s geschworen?« fragte sie hartnäckig.
    »Ja, so was in der Richtung ungefähr«, antwortete Ezzy widerstrebend. »Er sagte, er gälte nur deshalb als Wiederholungstäter, weil ich ihn so oft wegen Lappalien eingesperrt hätte, als er fast noch ein Kind war. Nur meinetwegen hätte er so eine lange Vorstrafenliste, und nur deshalb hätte das Gericht in Arkansas ihn so hart verknackt.«
    »Dir macht das immer noch zu schaffen, nicht?«
    »Ach wo! Solches Gerede braucht man nicht ernst zu nehmen, Lucy.«
    »Nein, ich meine den Tod von Patsy McCorkle. Der beschäftigt dich permanent?«
    Ihr Scharfblick erstaunte ihn. Oder sah man es ihm an? Trug er es mit sich herum wie eine Tätowierung? Der Gedanke, daß es für andere so offenkundig sein könnte, ärgerte ihn; aber er antwortete halbwegs ehrlich: »Ja, ab und zu geht es mir tatsächlich durch den Kopf.«
    Unter den dick getuschten Wimpern hervor sah sie ihn unverwandt an. Sie nahm ihm seine allzu glatte Antwort nicht ab. Wieso waren ausgerechnet die Frauen in seinem Leben mit so scharfer Intuition gesegnet? »Ja, Lucy, du hast recht, diese Geschichte macht mir heute noch zu schaffen. Sie spukt häufig in mir rum.«
    »Dafür sind die Jungs nie zur Verantwortung gezogen worden.« Mitfühlend sah sie ihn an. »Und das quält dich, weil du überzeugt bist, daß sie es waren.«
    »Nein, Lucy – allmählich glaube ich eher, Patsy geht nicht auf ihr Konto…«
     
    Der Wind blies noch stärker, als es von innen ausgesehen hatte. Die Augen zusammengekniffen gegen Dreck und Staub, die der Sturm aus den Rinnsteinen aufwirbelte,
kämpfte Ezzy sich den Bürgersteig entlang. Während er mit der einen Hand seinen Hut festhielt, kramte er mit der anderen in seiner Hosentasche nach den Autoschlüsseln. Flugblätter, die am Nachmittag irgend jemand unter die Scheibenwischer sämtlicher Autos in der Innenstadt geklemmt hatte, tanzten, vom Sturm losgerissen, wie ein Schwarm leuchtendrosaroter Schmetterlinge durch die Luft. Drüben, auf der anderen Seite, fegte der Sturm ein aufblasbares Kinderschwimmbecken, das am Straßenrand des Supermarkts als Sonderangebot angepriesen worden war, über den Bordstein auf die Fahrbahn. Ein daherkommender Lieferwagen mußte einen plötzlichen Schlenker machen, um ihm auszuweichen.
    Ezzy setzte sich in seinen Wagen und schaltete die Scheinwerfer ein. Es waren noch Stunden bis zum Sonnenuntergang; aber unter den tief dahintreibenden Wolken herrschte so eine Dunkelheit wie kurz vor Einbruch der Nacht. Die Autofahrer auf den Straßen fuhren schnell und rücksichtslos, bestrebt, an ihr Ziel zu gelangen, bevor das Gewitter losbrach. Er beobachtete mehrere brenzlige Situationen, bei denen es beinahe Unfälle gegeben hätte.
    Deshalb zwang er sich, vorsichtig zu fahren, obwohl er es

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