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Nachtglut: Roman (German Edition)

Nachtglut: Roman (German Edition)

Titel: Nachtglut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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das Brausen des Windes. »Ich suche David.«
    Sie entwand sich ihm und begann in der anderen Richtung davonzulaufen.
    »Verdammt noch mal!« Jack setzte ihr nach.
    Sekunden vor ihm erreichte sie den Stall und kämpfte mit dem schweren Tor. Der Wind zerrte an ihren Haaren und ihren Kleidern. Regentropfen stachen wie Nadeln, aber das berührte sie alles nicht. Sie wollte nur ihren Sohn finden.
    Jack stieß sie zur Seite und packte die Klinke des Stalltors. »David!« Er legte die Hände um den Mund. »David!« Er stampfte den Mittelgang hinunter, schaute in jede Box und die Sattelkammer, rief ständig Davids Namen – aber fand den Jungen nicht. Am anderen Ende des Stalls angekommen, zog er das hintere Tor auf.
    »Oh, mein Gott!«
    Die Worte klangen wie ein Gebet.

41
    D ie Wirbelwolke hatte sich zu einem vollentwickelten Tornado ausgewachsen; aber noch war ungewiß, ob er in der Luft bleiben oder dicht am Boden dahinfegen würde. Mit jeder Sekunde gewann er an Geschwindigkeit und Stärke. Die Ranch lag direkt in seinem Weg. Wenn er nicht abschwenkte, blieben ihnen vielleicht noch zwei Minuten. Eher weniger.
    Während Jack versuchte, die Gefahr für sie abzuschätzen, stieß Anna ihn zur Seite und wich ihm behende aus, als er sie festhalten wollte. Sie rannte über das freie Feld auf den Wohnwagen zu.
    Jack preschte ihr nach, überholte sie, rannte weiter. Am Wohnwagen trommelte er an die Aluminiumwand und riß dann in seiner Hast, in den Wagen hineinzukommen, beinahe die Tür aus den Angeln.
    »David! David!«
    Der Junge kauerte in der Ecke des eingebauten Sofas. Mit angstbebenden Lippen flüsterte er: »Ist Mama böse?«
    Jack nahm ihn auf den Arm. »Wir sind nur froh, daß wir dich gefunden haben, kleiner Frosch!«
    Anna traf gerade vor der Tür des Wohnwagens ein, als Jack mit dem Jungen auf dem Arm heraussprang. »In den Keller!«
    Diesmal gab es kein Zögern und keine Widerrede, sie machte augenblicklich kehrt. Über das Feld hetzten sie zurück, am Stall vorbei. Die Strecke schien endlos. Obwohl sie rannten, was ihre Beine hergaben, hatte Jack den Eindruck, sie kämen überhaupt nicht von der Stelle. Bis sie plötzlich doch am Ziel waren.
    David klammerte sich so fest an seinen Hals, daß Anna die Kellerklappe öffnen mußte. Sie hatte Mühe, sie hochzuziehen, dann riß der Wind ihr das Brett aus der Hand und schleuderte es krachend zurück. Jack warf einen Blick über seine Schulter. Der Tornado war tiefer gegangen und schnitt eine Schneise in das Feld, das sie soeben überquert hatten. Schneller als Jacks Auge es wahrnehmen konnte, riß der Wirbelsturm Zaunpfähle aus der Erde und sog sie in seinen sich wie rasend drehenden Trichter. Das Brausen war ohrenbetäubend.
    Anna stieg vor ihm und David die Treppe hinunter. Jack reichte ihr den Jungen und mühte sich dann mit aller Kraft, die Klappe wieder anzuheben, um sie schließen zu können. Eine Ewigkeit, wie ihm schien, focht er ein erbittertes Tauziehen mit Mutter Natur aus. Das Wellblechdach des Stalls wurde Platte um Platte abgerissen. Eine sauste nahe an ihm vorbei. Ein paar Meter näher, und sie hätte ihn in der Mitte durchtrennt.
    Nach hartem Kampf schaffte er es schließlich, das Brett über sich zuzuziehen, und duckte sich gerade noch rechtzeitig, als es mit einem Knall direkt über ihm zuschlug. Dann betätigte er den Riegel.
    Plötzlich in Grabesstille und ägyptische Finsternis getaucht, schwankend noch vom wütenden Ringen mit den Naturgewalten, verlor er auf der Betontreppe das Gleichgewicht und fiel stolpernd abwärts.
    »Jack?«
    Er folgte Davids zitterndem Stimmchen. Aber es war Annas Hand, die er fand, als er suchend in der undurchdringlichen Finsternis umhertastete. Als ihre Hände einander berührten, faßten sie beide fest zu. Vorsichtig tappte er weiter, bis er vor ihnen kauerte und sie berühren konnte: Davids Beine, Annas Schulter, ihr Haar, die Wange des Jungen.
    Er schloß die Arme um sie. Während draußen der Sturm tobte, hielt er sie schützend umschlossen. Anna drückte ihr
Gesicht auf der einen Seite an seine Schulter, David auf der anderen. Seine Hände lagen an ihren Hinterköpfen und stützten sie liebevoll. Gegenstände wurden mit solcher Wucht gegen die Kellerklappe geschleudert, daß David angstvoll wimmerte; Anna, die die Erschütterungen spürte, zuckte zusammen.
    Jack flüsterte Beruhigendes. Er wußte, daß David seine Worte hören konnte, und hoffte, daß Anna, die sie nicht hören konnte, der Hauch seines Atems in

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