Nachtglut: Roman (German Edition)
geht niemanden was an, wen du zum Partner nimmst – aber vielleicht weil du Witwe bist und taubstumm dazu, genießen die Leute die böse Nachrede noch mehr.«
Gern nahm sie das nicht zur Kenntnis, aber es stimmte nun einmal.
»Hast du Geschichten über Delray und mich gehört?«
»Ja.« Er sah ihre Bekümmerung und fügte eilig hinzu: »Allerdings habe ich sie nie geglaubt. Ich wußte gleich, daß das alles Lüge war. Aber wenn sie sich die Mäuler darüber zerreißen, daß du mit deinem Ranchhelfer schläfst, wird es den Tatsachen entsprechen.«
»Ja, und ich bin froh darüber.«
»Ich auch.« Er legte seine Hand an ihre Wange. Sein Blick sagte ihr mehr als die Worte, die sie ihm von den Lippen las. »Gott strafe mich für meinen Egoismus, wenn du meinetwegen verletzt wirst, Anna, aber ich wollte mit dir zusammen sein. Ich habe es seit unserer ersten Begegnung gewollt.«
Sie sah ihn vor sich, wie er an jenem ersten Tag in seinem zerfledderten Strohhut, den abgewetzten Stiefeln und der Sonnenbrille zu ihr gekommen war und seine Hilfe angeboten hatte. Die Erinnerung würde ihr bis zum letzten Tag ihres Lebens bleiben. Vielleicht hatte auch sie schon in diesem Moment begonnen, ihn zu lieben.
Jedenfalls liebte sie ihn jetzt.
Sie drängte sich näher an ihn und küßte ihn ohne Hemmung in der Hoffnung, der Kuß würde wenigstens ein geringes Maß der Gefühle übermitteln, die er in ihr geweckt hatte. Sie schob ihre Hand hinunter und begann, ihn zu streicheln. Seine Augen wurden dunkel mit der wachsenden Erregung, sein Gesicht spannte sich vor Lust. Als sie ihren Mund auf ihn senkte, spürte sie die Schwingungen seines Stöhnens. Immer wieder las sie ihren Namen auf seinen Lippen, spürte, wann er ihn leise und mit Inbrunst flüsterte, spürte, wann er ihn in besinnungsloser Leidenschaft hinausschrie.
Ihre Liebe war ganz und vollkommen.
Sie erschauerte in dem Gefühl, ihn warm umschlossen in sich zu haben, während sein Blick über ihren Körper schweifte und sich an jeder Rundung, jeder Vertiefung erfreute.
Sie sah, wie seine Lippen sich um ihre Brüste schlossen, und machte die Augen zu, als sie den süßen Sog spürte. Seine Zunge folgte den Furchen am Ansatz ihrer Oberschenkel. Er drückte sein Gesicht in ihren weichen Bauch und küßte ihren Nabel. Zuletzt drehte er sie herum und küßte sich ihren Rücken hinunter, bettete seinen Kopf in die Mulde ihrer Wirbelsäule und blieb so.
Das Maß ihrer eigenen Sinnlichkeit überraschte sie. Sie und Dean hatten sich sexuell gut verstanden, aber so frei und ungehemmt hatte sie sich nie gefühlt. Vielleicht wegen Delrays Schlafzimmer am anderen Ende des Flurs. Oder Dean waren als Liebhaber nicht so phantasievolle Berührungen eingefallen. Was auch immer die Gründe sein mochten, bei Jack kannte sie keine Scham.
Anna konnte es rückhaltlos genießen, als er sachte ihre Schenkel auseinanderdrückte und sie mit Mund und Zunge liebkoste, bis sie, von Welle zu Welle getragen, schließlich in einem Meer der Ekstase versank. Als sie die Augen öffnete, blickte sie in Jacks Gesicht. Er strich ihr das feuchte Haar aus der Stirn und lächelte voll Zärtlichkeit.
»Bist du nie so geliebt worden?«
Sie sah ihm an, daß es ihn freute, als sie benommen den Kopf schüttelte.
»Das ist gut. Ich meine, ich bin froh, daß ich das für dich tun konnte.«
Hingerissen küßte sie ihn erneut. Dann schloß sie wohlig die Augen und ließ sich vom Schlaf davontreiben.
Später liebten sie sich noch einmal, diesmal von Angesicht zu Angesicht, langsamer, weniger leidenschaftlich, aber inniger, mit tiefem Gefühl. Dann hüllte Jack sie beide in das Laken ein und trug sie zum Schaukelstuhl, wo er sich niedersetzte und sie auf dem Schoß hielt. Sie waren einander durch jeden Atemzug, jeden Herzschlag verbunden, brauchten kein Gespräch. Gemeinsam schwiegen sie.
Als es Morgen wurde, sagte ihm Anna, ohne den Kopf von
seiner Brust zu heben, was ihr Herz bewegte. Und Jack verstand ihre Gebärden. Er hob ihre Hand an seine Lippen, küßte sie und sprach dann in ihre geöffnete Rechte. Sie spürte die Worte.
»Ich liebe dich auch.«
43
C arl hatte sich halbtot gelacht. Tatsächlich war es ein Donnerschlag und kein Schuß gewesen, so daß er sich erleichtert auf den schmutzigen Boden der Hütte geworfen und gewiehert hatte, bis ihm die Tränen kamen.
»Scheiße, Myron, es sah aus, als wären wir im Arsch«, sagte er, sich die Augen wischend. »Ich dachte schon, irgend so ’n jämmerlicher
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