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Nachtglut: Roman (German Edition)

Nachtglut: Roman (German Edition)

Titel: Nachtglut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Dorfbulle wär aus Versehen in unser Versteck gestolpert.«
    Myron hatte das Witzige daran nicht kapiert, aber lachte trotzdem mit.
    Doch der Donner war Vorbote eines Sturms, bei dem es nichts zu lachen gab. In manchen Momenten der folgenden Nacht verfluchte Carl das Schicksal dafür, daß es ihm auch noch diesen letzten gemeinen Streich spielen mußte. Aus dem Knast war er abgehauen, ohne einen Kratzer abzukriegen. Er hatte mit einer Frechheit ohnegleichen einen Bankraub abgezogen und war nicht erwischt worden. Ein Leben in Reichtum und Luxus lag zum Greifen nahe.
    Und da sollte ihn in letzter Minute so ein beschissener Tornado erledigen?
    Den ganzen Abend standen er und Myron an den Fenstern und beobachteten das jagende Gewölk. Das grüne Licht war Carl unheimlich. Mit der Dunkelheit wurde es noch schlimmer. Donner und Blitze, wie Carl sie in seinem Leben nicht gesehen hatte. Regen, Hagel und heulende Winde fielen stundenlang über die Hütte her. Das Dach leckte wie ein Sieb. Man konnte kaum ein trockenes Eckchen finden, um eine Weile zu verschnaufen.
    Insgeheim quälte Carl die Angst, Gott wäre stinksauer auf ihn und hätte diesen Sturm zur Strafe für alle seine Missetaten geschickt. Diese Angst, das Heulen und Brüllen des Sturms, das Prasseln des Regens, der durch das Dach strömte, und die erstarrenden Leichname in der Ecke – kein Wunder, daß er da elende Stunden verbrachte.
    Aber heute morgen war alles anders.
    Vogelgezwitscher, angenehme Kühle und ein blauer Himmel erwarteten ihn, als er erwachte. Nachdem er draußen vor der Hütte seine Blase entleert hatte, setzte er sich in den Wagen und ließ den Motor an. »Na, komm schon«, sagte er ungeduldig, während er auf der Suche nach einem Regionalsender am Radio fummelte.
    Myron erschien in der offenen Tür der Hütte. Seine roten Augen waren noch röter vom Schlaf, und das weiße Haar bildete ein krause Wolke um seinen Kopf. »Was machst’n da, Carl?« Er kratzte sich die Hoden, während er in eine Regenpfütze pinkelte.
    »Bring mir doch mal ’ne Cola.«
    Für eine Tasse starken schwarzen Kaffee hätte er einen der Hundertdollarscheine aus dem Matchsack gegeben; aber die lauwarme Limonade war die einzige verfügbare Coffeinquelle. Fast eine halbe Stunde lang blieb er im Wagen sitzen, schlürfte die Cola und hörte Radio. Als er wieder ausstieg, fühlte er sich erfrischt und voller Energie – was nicht nur vom Coffein kam.
    Er warf die Dose weg und rieb sich die Hände. »Myron?«
    »Ja?« Myron war dabei, sich mit Doughnuts vollzustopfen. An seinen Lippen klebte der weiße Puderzucker, so daß er noch gespenstischer aussah als sonst.
    »Wir verschwinden hier.«
    »Okay, Carl.«
    »Ich meine, jetzt.« Als hätte Myron widersprochen, begann Carl zu argumentieren. »Weißt du, wovon sie im Radio andauernd reden?«
    »Von was?«
    »Von dem Sturm. Beinah alle Straßen und Brücken sind überschwemmt, die Schäden gehen in die Millionen. Dutzende von Menschen sollen umgekommen sein, viele werden vermißt, und man fürchtet, daß sie tot sind. Du weißt doch, wie diese Nachrichtensprecher reden, immer so salbungsvoll und bierernst. Tja, und jetzt quasseln sie tatsächlich von nichts anderem als dem Sturm. Ost-Texas hat’s schwer erwischt. Der Wetterdienst konnte nicht mal sagen, wie viele Tornados es waren. Massenhaft Überschwemmungen. Ganze Dächer sind weggeflogen. Häuser in Trümmern. Autos von Wasserfluten mitgerissen. Fast nirgends funktioniert der Strom. Und die Telefonleitungen sind auch gestört. Der Gouverneur hat den Präsidenten gebeten, die Gegend zum Katastrophengebiet zu erklären. Heute morgen ist jedermann damit beschäftigt, wieder Ordnung zu schaffen. Weißt du, was das heißt?«
    Myron verschlang einen ganzen Doughnut auf einmal. »Was?«
    »Es heißt, daß keiner nach uns sucht.« Er wies nach draußen, zum Wagen. »Nicht ein einziges Wort über uns in den Nachrichten. Nicht eines! Glaubst du vielleicht, die interessieren sich noch für uns, wenn irgendwo eine alte Oma mit ihrer Miezekatze in ihrem abgetriebenen Wohnwagen um Hilfe schreit? Nie im Leben. Die werden heute den ganzen Tag mit Rettungsarbeiten zu tun haben. Und wahrscheinlich morgen und übermorgen auch noch. Jetzt ist der Moment, wo wir uns auf die Socken machen müssen.« Er lachte. »So was nennt man Vorsehung, Myron! Verdammt noch mal, das hätten wir nicht besser planen können.«
    »Cecil hat gesagt, wir sollten ’ne Woche hier bleiben.«
    »Klar hat Cecil das

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