Nachtglut: Roman (German Edition)
einmal der Ansatz eines Schweißrings unter den Armen.
Aber sie sahen so dämlich aus, wie der Tag lang war. Denen brauchte man nur die Uniformen und die Abzeichen,
die schnellen Autos und die Waffen nehmen, und er und Carl würden im Handumdrehen Hackfleisch aus ihnen machen.
Bald. Aber später. Jetzt war das noch nicht angesagt. Jetzt mußte er erst einmal den dummen Schisser spielen. Kein Problem. Die Rolle paßte ihm. Nicht daß er dumm war – aber Schiß hatte er schon ein bißchen.
»Wenn Sie hergekommen sind, um mit mir über die Nummer zu reden, die mein Bruder gestern abgezogen hat, kann ich Ihnen gleich sagen, daß ich nichts darüber weiß.«
Der Typ auf dem Papierkorb warf seinem Partner, der mit verschränkten Armen und gekreuzten Füßen an der Wand lehnte, einen Blick zu. Er schob ein Streichholz von einer Seite seines Mundes in die andere und sagte: »Der glaubt anscheinend, wir hätten Dreck im Hirn.«
»Ich schwör’s«, rief Cecil eindringlich. »Ich sag die Wahrheit.« Schlimmstenfalls würden sie ihn unter irgendeinem Vorwand einbuchten, um ihn unter Beobachtung zu haben. Er mußte sie von seiner unbedingten Kooperationsbereitschaft überzeugen.
»Ehrlich, ich hab von dem Ausbruch das erstemal gehört, als ich gestern abend von der Arbeit heimgekommen bin und mir die Nachrichten angeschaut hab. Ich hab mich mit einem Pepsi vor die Glotze gesetzt, und da seh ich plötzlich meinen Bruder. Ich hätte mir fast in die Hose gemacht.« Er legte eine Pause ein, um die Reaktion der beiden zu prüfen, aber sie rührten sich nicht.
»Ich weiß nicht mehr als alle anderen«, fuhr er fort, »nur das, was sie im Fernsehen gebracht haben.«
Der mit dem Streichholz im Mund lupfte sein Pistolenholster. Der andere starrte Cecil mit vorgeschobenem Mund unverwandt an, bis der das Schweigen nicht mehr aushielt. »Was ist denn?«
»Sie halten uns wohl für blöd, Cecil, hm?«
»Nein, Sir.«
»Kennen Sie Myron Hutts?«
»Nein, Sir.«
»Sie sind ihm nie begegnet?«
»Nein, Sir. Er und mein Bruder haben sich in Tucker kennengelernt. Ich war nie in Tucker.«
»Nein, Sie waren in Cummins.«
Da Cummins kein Hochsicherheitsgefängnis war, hielt Cecil es für angebracht, ein wenig selbstgerechte Entrüstung zu zeigen. »Stimmt genau. Ich war in Cummins.«
»Wegen bewaffneten Raubüberfalls, richtig?«
»Genau. Ich hab nie jemanden getötet.«
»Klar, klar. Das hätte ich beinahe vergessen. Das Töten haben Sie Ihrem kleinen Bruder Carl überlassen, stimmt’s? Darum sind Sie weit billiger davongekommen als er.«
Das war ein heikles Thema. Cecil konnte dem Beamten nicht widersprechen, sonst hätte er jenen Mord gestehen müssen, den tatsächlich Carl verübt hatte. Andererseits wollte er aber auch keine Schwäche eingestehen, nämlich daß ihm bei der Vorstellung, einen Menschen zu töten, fast übel wurde, während Carl sich überhaupt nichts dabei zu denken, ja, es sogar zu genießen schien, das Blut eines anderen zu vergießen.
Von diesem inneren Widerstreit vorübergehend aus der Ruhe gebracht, stieß er erregt hervor: »Ich war im Knast und hab meine Schuld an die Gesellschaft abbezahlt. Jetzt hab ich zu Jesus gefunden und mich bekehrt.«
Der mit dem Streichholz erstickte fast, ehe er das Hölzchen aus dem Mund nahm, um loszuwiehern.
»Ich bin bedingt entlassen«, erklärte Cecil. »Glauben Sie vielleicht, ich hab Lust, so was Idiotisches abzuziehen wie mein Bruder? Nie im Leben. Cummins war kein Honiglecken. Jetzt bin ich raus und bleib draußen.«
»Hm.« Der auf dem Papierkorb war nicht beeindruckt. »Haben Sie gehört, was den Wärtern in Tucker passiert ist?«
»Ich hab gehört, daß sie – umgekommen sind.«
Der Beamte beugte sich so weit vor, daß seine Nasenspitze beinahe die Cecils berührte. »Die sind nicht umgekommen, Sie Scheißkerl. Die sind ermordet worden. Ihr Bruder hat einem mit einer Eisenstange das Herz durchbohrt. Und ihm gleich auch noch das Auge ausgestochen. Und dem anderen hat Hutts die Kehle durchgeschnitten. Er hat praktisch den Kopf vom Rumpf getrennt!«
Er lehnte sich zurück und zupfte an seinem Ohrläppchen, scheinbar in Gedanken bei dem Gefängnisausbruch, der sämtliche Vollzugsbehörden in Arkansas und seinen Nachbarstaaten auf die Beine gebracht hatte. Unverzüglich begann eine Großfahndung nach Carl Herbold und Myron Hutts, die als gefährliche und schwerbewaffnete Verbrecher ausgewiesen wurden. Alle Bürger waren für den Fall, daß sie das saubere Paar
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