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Nachtglut: Roman (German Edition)

Nachtglut: Roman (German Edition)

Titel: Nachtglut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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auf eine Hand gestützt, keuchend über den Boden kroch. Seine andere Hand hielt er fest auf die offene Wunde in seinem Oberschenkel gepreßt. Jack wollte nur noch fliehen, fort aus dieser Hölle; aber da erkannte er, worauf Herbold es abgesehen hatte.
    Auf das Messer. Anna hatte es in ihrer Hast, aus dem Haus zu entkommen, offensichtlich fallen lassen. Jetzt lag es nur Zentimeter von Herbolds grabschenden Fingern entfernt. Jack stürzte sich mit einem Satz darauf und kam Herbold in letzter Sekunde zuvor.
    Er wälzte Herbold auf den Rücken, setzte ihm das eine Knie auf die Brust, das andere auf den Oberarm. Die blauschimmernde Messerspitze fand eine weiche, verwundbare Stelle hinter Herbolds Kieferknochen.
    »Nein, bitte nicht«, winselte Herbold. »Nicht!«
    Blut und Schweiß tropften auf Herbold herab, als Jack sich über ihn beugte. Er atmete nach seinem Kampf mit Hutts in heftigen Stößen. Aber er war sich seiner körperlichen Erschöpfung so wenig bewußt wie der Schmerzen, die ihm die gebrochene Rippe und die zahlreichen anderen Verletzungen verursachten, die er bei dem Kampf davongetragen hatte.
    Er fühlte sich ungeheuer lebendig, energiegeladen, blutdürstig.
    Für all die Verbrechen, die Carl Herbold an unschuldigen Menschen und nicht so unschuldigen begangen hatte, sollte er nun bezahlen.
    »Sie haben den Tod verdient.«
    Jack drückte das Messer tiefer in das weiche Fleisch unter dem Kinn des Mannes. Die Spitze ritzte die Haut, und Blut rann die Klinge entlang. Herbold strampelte wie wild mit seinem unversehrten Bein. Wimmernd flehte er wieder um Gnade.
    Die Versuchung war überwältigend. Der Drang beinahe unwiderstehlich. Und beides schien Jack so berechtigt, daß er Herbold die gewellte Klinge tiefer in den Hals stieß.
    »Gehen Sie zum Teufel, Sie Schweinehund!«
     
    Die Entfernung vom schmiedeeisernen Torbogen zum Haus betrug mindestens fünfundsiebzig Meter, und Deckung gab es fast keine. Die Blutspur kennzeichnete den Weg. Ezzy sprintete von Baum zu Busch und blieb, noch etwa zwanzig Meter Wegs vor sich, hinter einem großen Pekanbaum stehen, von dem eine Kinderschaukel herabhing. Aus dem Haus konnte er laute Stimmen hören, aber zu verstehen war nichts.
    Er prüfte seine Pistole, um sich zu vergewissern, daß alle Kammern geladen waren, dann umrundete er vorsichtig den Baum. Im selben Moment erscholl aus dem Haus ein grauenhafter Schrei, dem ein heiserer Ruf folgte. »Lauf, Anna!«
    Eine Sekunde später stürzte Anna Corbett mit ihrem Kind in den Armen auf die Veranda hinaus und rannte die Treppe hinunter, als ginge es um ihr Leben – was, dachte Ezzy, vermutlich auch der Fall war. Sie flog durch den Vorgarten, und Ezzy fing sie etwa auf halbem Weg zwischen den geparkten Autos und dem Haus ab. Nur unter Anwendung von Gewalt schaffte er es, sie hinter den alten orangefarbenen Pick-up
zu schleppen. Sie wehrte sich wie eine Wahnsinnige, bis sie ihn erkannte und begriff, daß er sie schützen wollte.
    »Ist ja gut, ist ja gut«, sagte er immer wieder.
    Der Kleine schluchzte. Sie hielt ihn fest an sich gedrückt und tätschelte seinen Rücken, doch ihr Blick war voll Entsetzen auf das Haus gerichtet; Ezzy fragte sich, wer sich dort drinnen aufhielt. Der Ranchhelfer? Lomax? Hutts und wer noch? Die Herbolds? Waren sie nach Hause gekommen? Würde sie überhaupt fähig sein, ihm darüber Auskunft zu geben?
    »Mein Gott«, murmelte Ezzy. Keine Zeit für Fragen.
    Statt dessen umfaßte er Annas Kinn mit einer Hand und drehte ihren Kopf, so daß sie ihn ansehen mußte. »Bleiben Sie hier!« befahl er kurz. Er schlich sich hinten um den Pick-up herum, hechtete von dort aus zur Veranda und kauerte neben der Vordertreppe nieder. So konnte ihn von drinnen niemand sehen.
    Ezzy lehnte sich an das hölzerne Gitter, das den Raum unter der Veranda umgab. Ein Wunder, daß er es bis hierher geschafft hatte, ohne niedergeschossen zu werden. Widerstrebend mußte er seinen Kritikern recht geben. Er war zu alt für solche Geschichten. Mit tiefen ruhigen Atemzügen versuchte er, sein jagendes Herz zu beschwichtigen.
    Aus der offenen Haustür hörte er Kampfgeräusche – dumpfe Schläge, Stöhnen, Keuchen. Er hob den Kopf, um über den Rand der Veranda zu spähen. Eine Pistole flog scheppernd zur Haustür hinaus und schlitterte über die Veranda. Nicht weit von seiner Nasenspitze entfernt, blieb sie liegen. Verwundert starrte er die Waffe an.
    Sie war knapp außer Reichweite. Er hätte seine Deckung verlassen müssen,

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