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Nachtglut: Roman (German Edition)

Nachtglut: Roman (German Edition)

Titel: Nachtglut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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würde wieder ein glühendheißer Tag werden.
    In jenem Sommer damals war er auch ungewöhnlich heiß gewesen.
    Besonders an dem Augustmorgen, an dem man Patsy McCorkles Leiche gefunden hatte. Die Hitze hatte wahrscheinlich mit dazu beigetragen, daß dem forschen Zeitungsfotografen gleich das Frühstück wieder hochgekommen war. Nach dem Gespräch mit Deputy Jim Clark hatte Ezzy ihn und den Coroner Harvey Stroud am Tatort zurückgelassen und war auf schnellstem Wege zu der Kneipe gefahren, wo Patsy zuletzt lebend gesehen wurde.
    Clark und ein anderer Beamter hatten bereits mehrere Leute zusammengetrommelt, die am Abend zuvor anwesend gewesen waren. Als Ezzy ankam, hatte man sie schon
vernommen; aber er befragte sie selbst noch einmal und notierte sich ihre Aussagen auf Cocktailservietten mit einem aufgedruckten Wagenrad.
    »Ja, das stimmt, Sheriff. Cecil und Carl waren fast den ganzen Abend mit Patsy zusammen. Die hatten einen Heidenspaß miteinander.«
    »Patsy hat immer abwechselnd mal mit Carl, mal mit Cecil getanzt. Aber wie! Rangeschmissen hat sie sich an die Jungs, Sie verstehen schon. War echt scharf! Sie hat die beiden ganz schön herausgefordert. Ich kam schon beim Zuschauen ins Schwitzen.«
    »Mit ›herausfordernd‹ meinen Sie, sie hat die beiden aufgestachelt?«
    »Ja, Sir. Eindeutig. Und ich glaub, ihr hat’s Spaß gemacht, daß sie dabei Publikum hatte.«
    »Ich will ja nichts Schlechtes über die Toten sagen, aber Patsy … also, ehrlich, die hat jeden rangelassen.«
    »Sie und Cecil haben da draußen auf der Tanzfläche eine Riesenschau abgezogen. Wie die getanzt haben! So was von aufreizend! Hab gedacht, sie und Carl würden’s gleich da drüben auf dem Billardtisch treiben. Vor versammelter Mannschaft.«
    »Eifersucht? Nein, Sheriff, davon hab ich nichts gemerkt. Die beiden haben sie sich brüderlich geteilt, gerade recht war’s ihnen. Sind ja auch der letzte Dreck, die Herbolds.«
    Der einzige Zeuge, der sich nicht bemühte, ihnen weiterzuhelfen, war der Wirt des Lokals, Parker Gee. Er ärgerte sich über die Invasion von ›Bullen‹ in seiner Kneipe, die seine Gäste wie Kriminelle verhörten. Auf alle Fragen, die man ihm stellte, antwortete er verdrossen: »Ich hab gestern abend zu tun gehabt … kann mich nicht erinnern.«
    Nachdem Ezzy mehrere seiner Beamten beauftragt hatte, die Aussagen zu Protokoll zu nehmen, gab er die Fahndung nach den Herbolds durch, wobei er betonte, daß sie vorläufig lediglich als Zeugen gesucht würden. Er selbst fuhr
direkt von der Kneipe zu dem Wohnwagenplatz hinaus, wo die Brüder zusammen in einem heruntergekommenen Caravan hausten. Ihr Auto war nicht da, und auf sein Klopfen rührte sich nichts. Er widerstand der Versuchung, den Wohnwagen ohne Durchsuchungsbefehl zu inspizieren. In diesem Fall mußte alles genau nach Vorschrift gehen. Wenn die Brüder wirklich wegen Mordes angeklagt wurden, sollte das Verfahren nicht womöglich wegen eines Formfehlers eingestellt werden.
    Als er die Nachbarn befragte, warfen diese verächtliche Blicke auf den Wohnwagen und erklärten ihm, sie hofften von Herzen, er würde Carl und Cecil festnehmen und für immer hinter Gitter bringen. Sie seien Rowdys und Störenfriede, machten die ganze Nacht Krach, rasten mit ihrem Auto über den Platz, ohne auf die spielenden Kinder Rücksicht zu nehmen, belästigten junge Frauen mit Pfiffen und obszönen Bemerkungen. Der Wohnwagen sei ein Schandfleck in dieser gepflegten Gegend. Die Nachbarn waren sich einig – fort mit ihnen!
    Danach fuhr er zu der Ölbohranlage hinaus, wo die Herbolds beschäftigt waren.
    »Die sind heut morgen nicht gekommen«, berichtete der Vorarbeiter auf Ezzys Frage. »Ich hab gewußt, daß sie vorbestraft sind, aber jeder verdient eine zweite Chance. Jetzt fehlen mir zwei Leute. Das hat man von seiner Nettigkeit. Was haben sie denn angestellt?«
    Diese Frage beantwortete Ezzy nicht. Wenn er es getan hätte, hätte er nicht gewußt, wo anfangen mit seiner Schilderung, die lang und kompliziert ausgefallen wäre. Die Herbolds waren schon im Kindesalter auf die schiefe Bahn geraten, als sie noch bei ihrem Stiefvater lebten.
    Delray Corbett hatte ihre verwitwete Mutter geheiratet, als die Jungen die Grundschule besuchten. Sie war eine hübsche Frau, schüchtern und still, ihren beiden wilden Söhnen offensichtlich nicht gewachsen. Sie hatte sie niemals
an die Kandare genommen. Kein Wunder, daß die Strenge ihres neuen Stiefvaters die beiden Jungen erbitterte und

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