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Nachtglut: Roman (German Edition)

Nachtglut: Roman (German Edition)

Titel: Nachtglut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Jack vermutete, daß er nach der Herde sehen würde, um festzustellen, ob er weitere Tiere verloren hatte. Jack erledigte die Besorgungen, die Delray ihm aufgetragen hatte, und suchte sich danach zusätzliche Beschäftigung, um sich abzulenken.
    Er sah Delray rechtzeitig zum Mittagessen zurückkommen, doch der Alte ging sofort ins Haus und sprach kein Wort mit ihm. Erst gegen drei Uhr erschien er in der Sattelkammer, wo Jack gerade ein Geschirr reparierte, und sagte: »Wir müssen Futter einkaufen.«
    Als Jack aus der kleinen Toilette im Stall kam, wo er sich die Hände gewaschen hatte, saß Delray schon in seinem Wagen. Er nahm keine Notiz von Jack, als dieser einstieg. Schweigend fuhren sie los.
    Jack hätte gern gewußt, ob Delray inzwischen mit dem Tierarzt gesprochen und was dieser ihm über die Todesursache der Kühe gesagt hatte; aber es war eindeutig klüger, den Mund zu halten. Sie fuhren also in eisernem Schweigen nach Blewer. Jack sagte sich, er könne froh sein, daß Delray nichts redete. Solange er nicht redete, war ihm sein Job noch sicher.
    Verrückterweise wollte er diesen Job behalten.
    Er hatte es sich zur Regel gemacht, niemals Bindungen zuzulassen, die ihn daran hätten hindern können, von heute auf morgen seine Sachen zu packen. Es war nicht sein Wunsch gewesen, so zu leben. Dieses Einzelgängerleben hatte ihn erwählt, nicht umgekehrt. Aber mittlerweile hatte er sich daran gewöhnt. In jede Situation begab er sich mit dem Wissen, daß sie flüchtig war. Längst hatte er ein Gespür dafür entwickelt, wann der rechte Zeitpunkt gekommen war, sich zu verabschieden und weiterzuziehen. Gewöhnlich tat er es ohne einen Blick zurück.
    Doch dies war kein normaler Job. Er hatte sich die Corbett-Ranch nicht blind ausgesucht und den Zeitpunkt seiner Ankunft nicht selbst bestimmt. Den hatte ihm Carl Herbolds Flucht aus dem Gefängnis diktiert.
    Das gewohnte Muster war diesmal durchbrochen. Seine üblichen Verhaltensweisen hatten hier keine Geltung. Er konnte nicht einfach auf und davon gehen, wann es ihm ratsam erschien. Der Vernunft nach wäre er gar nicht erst hierhergekommen. Aber jetzt wollte er bleiben, bis Carl Herbold gefaßt war.
    Wenn natürlich Delray ihm befahl zu verschwinden, konnte er nichts dagegen tun.
    Im Futtermittelgeschäft angekommen, übergab Delray dem Verkäufer seine Bestellung. Seine Wortkargheit grenzte an Ungezogenheit. Jack war es, der dem Mann dankte, als er Delray seine Quittung reichte. Der Verkäufer erbot sich nicht, ihnen beim Aufladen der schweren Säcke zu helfen; Jack konnte es ihm in Anbetracht von Delrays Verhalten nicht krummnehmen.
    Dennoch entging ihm nicht, wie schwer Delray sich tat. »Diese Hitze ist fürchterlich. Lassen Sie den Motor an und schalten Sie die Klimaanlage ein. Ich mach hier fertig.«
    »Glauben Sie vielleicht, ich bin dafür nicht Manns genug?«
    Jack nahm den Anpfiff wortlos hin. Delray war wütend,
und nicht weil Jack sich erboten hatte, ihm die schwere Arbeit abzunehmen; wahrscheinlich auch nicht allein wegen der toten Kühe. Jack vermutete vielmehr, daß es mit Anna und dem Bier im Pferdestall zu tun hatte.
    Delray sicherte die Heckklappe, und sie stiegen wieder in den Wagen. Sein Gesicht war hochrot. »Jetzt könnt ich was zu trinken gebrauchen.«
    »Da hätte ich auch nichts dagegen«, antwortete Jack, erstaunt, daß der Alte einmal eine Schwäche eingestand.
    Delray fuhr zum Dairy Queen . Sie betraten den angenehm kühlen Raum, bestellten bei dem jungen Mädchen am Tresen, suchten sich dann eine Nische und setzten sich einander gegenüber. Über seine Schulter hinweg musterte Delray das Mädchen mit geringschätzigem Blick. Ihr ganzes Gesicht war gepierct, überall blitzten Stecker und Ringe. Selbst die Zunge war durchstochen und mit einer schwarzen Perle verziert.
    »Warum tun diese jungen Dinger so was?«
    »Wahrscheinlich um alte Knacker wie uns auf die Palme zu bringen.«
    Delray sah Jack an. Beinahe hätte er gelacht. »Da haben Sie wahrscheinlich recht.«
    In den folgenden Minuten schlürften sie mit Genuß ihre eisgekühlte Zitronenlimonade. Delray hatte seinen Becher zuerst geleert und schob ihn beiseite. Er starrte zum Fenster hinaus auf ein Beet staubiger Sonnenblumen und machte keinen Versuch, ein Gespräch anzufangen. Jack mutmaßte, daß er sich gerade überlegte, wie er ihm seine Kündigung mitteilen wollte, und beschloß, den Stier bei den Hörner zu packen.
    »Also, was hat er gesagt?«
    Delray tat gar nicht erst so, als

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