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Nachtglut: Roman (German Edition)

Nachtglut: Roman (German Edition)

Titel: Nachtglut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Erklärungen. Sie wußte, daß es ihm wesentlich leichter fiel, Unannehmlichkeiten zu ertragen als Hilflosigkeit. Das Schlimmste für ihn an dieser Krankheit war die Schwäche,
die mit ihr einherging. Er empfand sie als zutiefst demütigend.
    Im übrigen hatte der Arzt sie bereits unterrichtet. »Mr. Corbett geht es den Umständen entsprechend«, hatte er gesagt. Angiographie und Sonogramm hatten die erste Diagnose bestätigt. Delrays Herz war schwer geschädigt von diesem und früheren Infarkten, die er ignoriert oder irrtümlich für Verdauungsbeschwerden oder Sodbrennen gehalten hatte.
    »Ein großer Teil seines Herzens weist Dauerschäden auf, die nicht mehr repariert werden können.«
    Auf die Blutdruckmittel sprach Delray indessen positiv an. Abgesehen von der Herzschwäche, war er bei guter Gesundheit und für sein Alter ungewöhnlich kräftig und zäh. Zum Schluß hatte der Arzt gesagt, verhaltener Optimismus sei erlaubt.
    »Wie geht es David?« fragte Delray jetzt.
    Sie berichtete ihm, daß der Junge im Moment mit Marjorie Baker im Wartezimmer sitze und ein Bild für seinen Opa male, das sie ihm bei ihrem nächsten Besuch mitbringen würde.
    »Wie lieb von ihm. Auf der Ranch alles in Ordnung?«
    Sie versicherte ihm, er brauche sich keine Sorgen zu machen. Von Cecil Herbolds Besuch sagte sie nichts. Das hätte ihn nur aufgeregt, und in seinem derzeitigen Zustand konnte solch eine Beunruhigung tödlich sein.
    Außerdem hatte Cecil die Stadt verlassen. Die Gründe seines Kommens waren immer noch unbekannt; aber die zuständige Polizei hatte ihr versichert, man habe ihn bis über die Grenze des Landkreises hinaus unter Beobachtung gehalten.
    »Sawyer kümmert sich um alles?«
    »Ja.«
    Delray kratzte sich nachdenklich am Kinn. »Du weißt, daß ich ihm anfangs nicht getraut habe.« Er schwieg, als
wartete er auf einen Kommentar von ihr. Als sie nicht reagierte, sprach er weiter. »Ich meine, wie soll man jemandem trauen, der plötzlich wie aus dem Nichts auftaucht? Er wirkte ja ganz harmlos. Und auch sympathisch. Aber ich hatte trotzdem das Gefühl, da stimmt was nicht. Eine Zeitlang dachte ich, er sei schuld an den toten Kühen.«
    »Aber das glaubst du jetzt nicht mehr?«
    »Nein, jetzt nicht mehr. Weshalb sollte er meine Kühe vergiften und mir dann das Leben retten? Denn das hat er getan. Er hat mir das Leben gerettet, Anna!«
    Jack hatte unermüdlich gearbeitet, um Delrays Herz und Atmung wieder in Gang zu bringen und dann durch kräftige Massage zu unterstützen. Obwohl er in Schweiß gebadet war vor Anstrengung, überließ er nicht Anna das Feld. Er hatte mit einem Willen und einer Entschlossenheit gehandelt, als hinge seine eigene Existenz davon ab, Delray das Leben zu erhalten.
    »Wenn es seine Absicht gewesen wäre, mir was anzutun, hätte er mich sterben lassen können. Und trotzdem«, sagte Delray mit zusammengezogenen Brauen, »hab ich immer noch das Gefühl, daß mir irgendwas an ihm entgeht. Daß ich was nicht sehe. Was kann das nur sein?«
    Vielleicht stand Jack Sawyer genau wie Delray in einer Beziehung zu Cecil Herbold. In einer anderen, sicher. Aber in einer, die genauso konkret war.
    Jack hatte Herbold augenblicklich erkannt. Das wußte sie mit Sicherheit. Möglicherweise deshalb, weil alle Zeitungen die Fotos der Brüder veröffentlichten – aber er hatte ihn erkannt. Er war so wach und mißtrauisch gewesen wie ein Tier, das Gefahr witterte; und zwar gleich vom ersten Moment an, nicht erst, nachdem Herbold sich vorgestellt hatte.
    »Was hältst du von ihm, Anna?«
    Sie log, weil ihre Gefühle in bezug auf Jack Sawyer sie verwirrten. »Ich weiß nicht, was ich von ihm halten soll«, antwortete sie mit knappen Gebärden und fügte gleich noch
eine Lüge hinzu. »Viel habe ich ja auch nicht mit ihm zu tun.«
    Immerhin hatte sie praktisch die ganze Nacht an Jack Sawyers Seite verbracht. Sie hatte genau gewußt, wann er wirklich schlief und wann er Schlaf vortäuschte – wie auch sie ihn ab und zu vorgetäuscht hatte. Was trieb sie zu diesem dummen Versteckspiel?
    Weil es einfacher war vorzugeben, er wäre gar nicht da – als sich vorzumachen, seine Nähe berührte sie nicht. Diese Schutzstrategie wandte sie an, weil sie nicht verletzt werden oder sich lächerlich machen wollte.
    Augenblickliche Abwehr war immer schon ihre Taktik gewesen, besonders Männern gegenüber. Sie hatte sie entwickelt, um sich vor aufdringlichen jungen Burschen zu schützen, die es reizte, zur Abwechslung einmal

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