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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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herein, als sei sie durch einen Dirigenten befohlen worden, der seinen Taktstock hart nach unten riss. Die Schmierereien, die sie umgeben hatten, nahmen augenblicklich die Formen einer neuen Realität an.
    Ohne die Stehlampen, die beiden Kristalllüster und die Deckeneinbauleuchten war das Zimmer schwächer beleuchtet als zuvor, aber dunkel war es nicht. Beidseits von den Türen, dem Kamin und den Fenstern hingen bronzene Wandleuchter, die vor einem Moment noch nicht da gewesen waren, insgesamt zwölf, sieben davon brannten.
    Die Einrichtung war verschwunden. Das Zimmer war ausgeräumt, aber schlimmer als leer – freudlos, trostlos. Die Stofftapete mit dem Blumenmuster an den Wänden war – aber nicht erst kürzlich – durch eine Tapete ausgetauscht worden, die nicht zu den Einrichtungsgegenständen der Schwestern gepasst hätte; sie war vom Alter vergilbt, wies Wasserflecken auf, war mit Schimmel gesprenkelt und blätterte ab. An einigen Stellen hatte Trockenfäule den Mahagoniboden in Staub verwandelt, durch den der Beton darunter zu sehen war.
    Einen Moment lang standen sie alle sprachlos da, durch die Undenkbarkeit dessen, was vorgefallen war, zum Verstummen gebracht. Vielleicht erwarteten die anderen, ebenso wie Twyla, eine bevorstehende Veränderung, diesmal jedoch zurück zu dem Zustand, in dem die Dinge vor weniger als einer Minute gewesen waren.
    Dr. Ignis fand als Erster seine Sprache wieder. Er deutete auf die Fenster, vor denen keine schweren Vorhänge mehr hingen und die in dieser plötzlich klaren Nacht auch nicht mehr von Regen überspült wurden. »Die Stadt!«
    Twyla schaute hinaus und sah nur Nacht, wo ein Lichtermeer hätte sein sollen, und sie nahm an, die Großstadt sei von einem Stromausfall betroffen und das Pendleton somit auf sein Notstromaggregat angewiesen. Aber etwas stimmte nicht an dieser Dunkelheit und die anderen mussten das auch gespürt haben, denn sie traten alle gemeinsam mit ihr und Winny an die Fenster.
    Das bleiche Feuer des Vollmonds hätte die Andeutung einer Skyline zeigen sollen, hätte einige Fenster versilbern und täuschend echten Staub auf Fensterbänke, Simse, Wasserspeier und das Kreuz auf dem Kirchturm der Kathedrale sieben sollen. Die Stadt wurde nicht von einem Stromausfall heimgesucht. Sie war verschwunden.
    * * *

Zeuge
    Er stand an der westlichen Balustrade, als die stählernen Knochen und Sehnen des Gebäudes zu singen begannen, was darauf hinwies, dass die Fluktuationen bald dem Übergang weichen würden. Im einen Moment stand er noch im Regen und blickte auf die schimmernde Stadt hinab, und im nächsten Moment stand er in einer wolkenlosen Nacht unter einem fetten Mond mit der phosphoreszierenden blassgrünen Niederung unter sich, dann wieder im Regen über der großen Stadt und dann in der Welt ohne Städte, hin und her, während dieser Moment in der Vergangenheit Vorbereitungen traf, um die Bewohner des Pendleton in die Zukunft zu schleudern, und während ein bestimmter Moment in der Zukunft sie mit einer Unvermeidlichkeit anzog, die der Anziehungskraft eines schwarzen Lochs gleichkam, das ganze Welten schluckte.
    Die Stadt verschwand und kehrte nicht zurück. Es hörte auf zu regnen und der Himmel wurde von einem Moment zum anderen klar, der Mond sah so kalt aus wie eine Kugel Eis und das Gebäude stand stumm auf Shadow Hill, mit Blick auf das hungrige Gras in der Ebene, das sich rhythmisch wiegte, obwohl die Nacht windstill war. Zeuge war zu Hause. Die Fremden in den Räumen unter ihm waren ihrem Zuhause sehr fern und würden hierbleiben, bis die Fluktuationen wieder einsetzten und der ganze geheimnisvolle Vorgang sich wiederholte und sie in ihre Zeit zurückbrachte. Nicht alle von ihnen würden es nach Hause schaffen. Vielleicht kein einziger.

Das Eine
    Jetzt ist es zu dem wichtigsten aller Übergänge gekommen. Während der nächsten neunzig Minuten wird die Weltgeschichte für immer in meine Richtung einschwenken und meine Vorherrschaft sicherstellen. Ich darf nicht zulassen, dass es anders ausgeht, und der Pfad zum Triumph ist frei. Ich existiere hier und meine Existenz ist unvermeidlich. Alle, die bisher zu mir kamen, sind hier oder bei ihrer Rückkehr in ihre eigene Zeit umgekommen. Die Menschen, die es wagen würden, meine Pläne zu durchkreuzen, werden alle sterben.
    Ich kann nicht sterben. Ich bin unsterblich.
    In eurer Weisheit versteht ihr meine Unabwendbarkeit. So wie bisher kann es nicht weitergehen mit der Welt, von der Menschheit

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