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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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abgestellt wurde . Von einem Moment auf den anderen hörte der Regen auf, die Pflastersteine waren trocken und der wolkenlose Himmel mit Sternen gesprenkelt sowie von einem Vollmond erhellt.
    Verwirrt hatte sich Tom im Kreis gedreht – sein Hut und sein Regenmantel tropften noch – und festgestellt, dass das Kutschenhaus nicht mehr da war und ebenso wenig die neue und größere Garage dahinter. An beiden Enden des gepflasterten Weges hätten Tore zwischen dem Pendleton und dem Gebäude dahinter sein sollen, von denen eines in eine Gasse führte, das andere auf einen schmalen Gehweg. Die Tore waren da, das stimmte noch. Sie hingen an zweieinhalb Meter hohen Mauervorsprüngen, die aus dem Hauptgebäude herausragten, doch die Bronze war verbogen, Stäbe fehlten, und sie sackten an teilweise herausgebrochenen Angeln hinunter und waren nicht mehr mit dem Kutschenhaus verbunden, denn das gab es ja nicht mehr.
    Erst mit Verspätung hatte Tom bemerkt, dass hinter den verschwundenen Gebäuden das gesamte östliche Stadtgebiet nicht mehr erhellt war … es war nicht einmal mehr da . Die Nacht schien nach Osten hin unendlich weit und von keinem einzigen Pfad durchzogen zu sein, nur Tümpel milchigen Mondscheins schimmerten stellenweise, doch sie ließen nichts erkennen, wirk ten nur feucht und neblig, als seien es Geisterseen in einer gespenstischen Landschaft im Jenseits.
    Als Junge hatte Tom Tran gelernt, dass der Tod viele Verkleidungen trug, nicht nur einen schwarzem Umhang mit Kapuze, und sich hinter einer unendlichen Zahl von Gesichtern verbarg. Der Tod war überall, er war Legion, und man konnte seiner Aufmerksamkeit nicht entkommen, aber an manchen Orten manifestierte er sich in größeren Zahlen als an anderen. Tom ahnte, dass gen Osten, in dieser unerklärlichen neuen Unermesslichkeit des Dunkels ganze Armeen des Todes lauerten und dass jedes Feld und jeder Wald eine Gräuelstätte waren.
    Das beschädigte Tor in der Rückwand des Innenhofs hing ebenfalls offen und schief hinunter, da sich eine der drei Angeln aus dem Mauerwerk losgerissen hatte und die beiden anderen mit dickem Rost verklumpt waren. Das Pendleton schien schon seit Jahrzehnten leer zu stehen und Tom stellte sich selbst die aberwitzige Frage, ob er ausgemergelt und weit über seine Jahre hinaus gealtert sein würde, wenn er in einen Spiegel blickte.
    Keine Landschaftsbeleuchtung erhellte den Innenhof und in den Fenstern der drei Flügel des Pendleton, die den Hof umschlossen, waren die Lichter nicht nur schummeriger als sonst, sondern auch so gelb wie Drachenaugen, und das hatte er noch nie erlebt. Die Bäume waren verschwunden, Brunnen umgestürzt, die Beete mit Pflanzen überwuchert, die er im Mondschein nicht identifizieren konnte.
    Tom fühlte sich genausowenig wie er selbst, wie diese Welt momentan nicht sie selbst war, und er schlich über den Fußweg, bestürzt und zitternd, als sei er eine Figur in einer dieser volkstümlichen Erzählungen von Geistern und Göttern, die ihm seine Mutter erzählt hatte, als er vor so langer Zeit ein Kind in Vietnam gewesen war. Er hätte durch eine verzerrte Fassung von »Die Suche nach dem Land der Seligkeit« oder »Des Raben magischer Edelstein« oder »Das Haus der Unvergänglichkeit« schleichen können. Etwas wie hoher Bambus, aber eher fleischig als hart und mit langen Luftwurzeln, überwucherte da und dort den Fußpfad. Jedes Mal, wenn eine dieser baumelnden Wurzeln sein Gesicht streifte, schien sie ein Eigenleben zu entwickeln, seine Wange zu streicheln, sich in ein Ohr zu kringeln oder ein Nasenloch zu necken, und er streifte sie ab, durch den Kontakt unterkühlt und schaudernd.
    Er erreichte die Tür zwischen dem Innenhof und dem westlichen Hausflur des Erdgeschosses, direkt gegenüber von der inneren Tür des Foyers, fischte seinen Schlüsselbund aus einer Tasche seines Regenmantels und wollte die Tür gerade aufschließen, um ins Pendleton zu schlüpfen, als er Geräusche hinter sich hörte, kurze keuchende Laute, wie etwas, was unter Druck Luft ablässt, aber von einem lang gezogenen Zischen durchsetzt. Klappernde und schabende Geräusche waren ebenfalls zu vernehmen, als setze ein erschöpftes Pferd seine schweren Hufe auf und ließ jeden einen Moment lang schleifen, ehe es die Energie fand, ihn wieder zu heben.
    Als Tom sich umdrehte, um auf den mondbeschienen Pfad zurückzublicken, sah er nichts, was diese Geräusche verursachen könnte, doch eine Bewegung an einem Fenster im zweiten Stock des

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