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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Jahrhundert gestorben.
    »Dieser Ostock lebt hier nicht mehr«, sagte Twyla.
    »Oh, doch, Ma’am. Er lebt schon seit mindestens dreißig Jahren dort.«
    Twyla hatte nie mit einer Telefonvermittlung zu tun gehabt, die so gesprächig und geduldig gewesen war wie diese. Aber auch wenn die Frau einen noch so netten Eindruck machte, war der Gedanke naheliegend, ihre unerhörte Nachsicht müsste subtiler Spott, wenn nicht gar etwas Unheimlicheres sein.
    Obwohl ihr selbst nicht klar war, warum sie die Frage stellte, bevor das letzte Wort über ihre Lippen gekommen war, sagte Twyla: »Tut mir leid. Ich war einen Moment lang verwirrt. Könnten Sie mir bitte die Nummer des Paramount Filmtheaters geben?«
    Das Paramount, ein Kinopalast aus den Dreißigerjahren im Art-déco-Stil, stand am Fuß von Shadow Hill und war vom Pendleton aus zu Fuß erreichbar.
    Die Vermittlung sagte Twyla nicht, sie solle die Auskunft anrufen. Stattdessen sagte sie nach einer Pause: »Ja, Ma’am. Die Nummer ist Deerfield 227.«
    » DE -227. Das ist eine fünfstellige Nummer.«
    »Darf ich Sie mit dem Paramount verbinden, Ma’am?«
    »Nein. Ich mache den Anruf später. Könnten Sie mir sagen, ob die Buchstaben auf einem Tonwahltelefon an derselben Stelle sind wie auf einer … Wählscheibe?«
    Als sei sie zu dem Schluss gekommen, dass sie es wohl mit einer Betrunkenen zu tun hatte, seufzte die Dame von der Vermittlung endlich, blieb aber weiterhin höflich: »Es tut mir leid, Ma’am, aber ich kenne den Begriff ›Tonwahltelefon‹ nicht.«
    »Welches Jahr haben wir gerade?«, fragte Twyla, woraufhin Winny wieder die Augenbrauen hochzog.
    Nach kurzem Zögern sagte die Vermittlung: »Ma’am, brauchen Sie vielleicht ärztlichen Beistand?«
    »Nein. Nein, keineswegs. Ich muss nur wissen, welches Jahr wir haben.«
    »1935 natürlich.«
    Da legte Twyla auf.
    Logan Spangler
    In der Gästetoilette von Senator Blandons Wohnung ließ Logan Spangler im unzureichenden gelben Schimmer der amöbenartigen Form an der Decke den Schein der LED -Taschenlampe über den gewundenen blassgrünen und schwarz gesprenkelten Schimmelpilz auf den Wänden gleiten, aus dem an sechs Stellen auf dicken, kurzen Stielen dichte Pilze in ähnlicher Farbe und seltsamer Form sprossen. Solche Pilze hatte Logan noch nie gesehen und er betrachtete sie mit Neugier, aber auch mit Argwohn. Sie waren weniger deshalb suspekt, weil sie ungewöhnlich waren, sondern weil ihre gewellte Form und ihre gespenstische Färbung ihn auf einer so tiefen Ebene verstörten, dass er sie nicht ausloten konnte, vielleicht sogar so tief wie das Gedächtnis der menschlichen Rasse, ein intuitives Gespür dafür, dass er sich in Gegenwart von etwas befand, was nicht nur widerlich, nicht bloß giftig, sondern außerdem auch noch fremd artig, verdorben und verderblich war.
    Hinter Logan sagte jemand etwas, das er nicht verstand, aber als er sich hastig umdrehte, ragte niemand bedrohlich in der Tür oder im Flur dahinter auf. Stille. Dann ertönte die Stimme wieder hinter ihm, in einer fremden Sprache, ein gedämpftes und unheilverkündendes Flüstern, weniger bedrohlich, sondern eher weissagend, wie jemand, der schreckliche Nachrichten überbringt. Er drehte sich wieder um, sowie der Sprecher verstummte, doch niemand hatte sich in der Toilette materialisiert, während er abgelenkt gewesen war. Er war nach wie vor allein.
    Allein mit dem Pilzbefall. Die Stimme ertönte ein drittes Mal und gab ein oder zwei weitere Sätze in einer fremden Sprache von sich, ganz nah, zu seiner Linken, wo die Wand vollständig von dem grünen und schwarzen Bewuchs bedeckt war. Was wie dieselbe Silbenfolge klang, ertönte augenblicklich von der Wand direkt vor ihm, und eine weitere Wiederholung kam irgendwo aus der Nähe der halb verdeckten Toilette. Während Logan der Stimme, die sich ihm entzog, mit dem Strahl der Taschenlampe zu folgen versuchte, stellte er fest, dass sich das Licht auf einen Klumpen der Pilze nach dem anderen richtete, die aus den gebogenen, schlangenartigen Grundmustern herausquollen.
    Als der Verdacht in ihm keimte, dass die Stimme von den Pilzen kam – oder was zum Teufel das eben sein mochte –, zog Logan seine Pistole. In all seinen Jahren bei der Mordkommission hatte er seine Waffe vielleicht ein Dutzend Mal gezogen und in den sechs Jahren im Pendleton hatte er sie bisher immer im Halfter stecken lassen. Möbelstücke, die um ihn herum verschwanden, Räume, die verlotterten und verfielen, dann aber wie

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