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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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taillenhohen Balustrade auf allen vier Seiten leicht abgeschrägt. Der Regen strömte in kupferne Wasserabzüge und wurde von dort zu den Fallrohren befördert, die in die Ecken des Gebäudes einbetoniert waren.
    Zeuge schlängelte sich zwischen den Schornsteinen und den Abzugsrohren, die ihm so vertraut waren wie die Muster seiner lange andauernden Melancholie, durch den heftigen Regenguss und näherte sich der westlichen Brüstung. Er trug Stiefel, Jeans, einen Pullover und eine gefütterte Jacke, aber keinen Regenmantel. Er war aus einer Nacht gekommen, in der es nicht regnete; und er hatte hier keinen Regen erwartet.
    Er blieb an der hohen Balustrade stehen, blickte auf den regen Verkehr auf dem Boulevard hinunter und dann auf die funkelnde Weite der Stadt, die sich unter ihm ausbreitete. Es war das vierte Mal, dass er die Großstadt von diesem Punkt aus sah, und sie war sowohl heller als auch größer als bei den drei bisherigen Gelegenheiten. Wenn die Straßenbeleuchtung und die Lichter in den Gebäuden nicht in dem Regenschleier zerflossen wären, wäre die Stadt sogar noch beeindruckender gewesen.
    Zeuge wartete auf plötzliche Trockenheit, auf eine Dunkelheit, die tief und unermesslich war.
    Silas Kinsley
    Als er sich auf dem Rückweg von seinem informativen Treffen mit Perry Kyser in der Bar von Topper’s Restaurant dem Haupt eingang des Pendleton näherte, zögerte Silas, weil das Licht schwächer und gelblicher war, als es hätte sein sollen, und der Übergang von der ersten zur zweiten Stufe nur undeutlich zu sehen war. Die erste Stufe hatte die Tiefe von zwei gewöhnlichen Stufen, sodass Leute, die angeheitert waren (was auf Silas nicht zutraf) oder älter (was dafür umso zutreffender war), dort manchmal stolperten, und die zweite war bereits die große freie Fläche vor der Tür.
    Von einem Türsturz aus Kalkstein umgeben, in den ein Efeumotiv gemeißelt war, waren die Türen aus gewölbter Bronze und Glas unter einem halbkugelförmigen Vordach aus Glas und Bronze von Louis Comfort Tiffany zurückversetzt. Die Lichter, die unaufdringlich unter dem Vordach verborgen waren, beleuchteten die Stufen und die Tür. Keine Birne war ausgebrannt, aber der Eingang schien nur halb so gut erhellt zu sein wie sonst.
    Als Silas eine der Türen aufstieß und das Foyer betrat, wurde ihm klar, dass auch hier das Licht schwächer war als sonst. Er zog die Kapuze seines Regenmantels vom Kopf und stellte fest, dass die Beleuchtung noch die geringste unter den Veränderungen war, denen sich der Ort unterzogen hatte. Bestürzt stellte er fest, dass er sich nicht in dem vertrauten Foyer ohne Teppiche befand, sondern in einem ganz anders ausgestatteten Raum mit einem edlen antiken Tabristeppich, der einen Teil des Marmorbodens bedeckte. Zudem standen da zwei Diwane, auf denen Besucher warten konnten, bis sie empfangen wurden. Zu seiner Linken war der Schalter der Concierge verschwunden, ersetzt durch eine robuste und ansprechend getäfelte Wand, in die eine e inzige Bogentür eingesetzt war. Von Padmini Bahrati, der Concierge, die am späten Nachmittag und am frühen Abend hier arbeitete, war nirgends etwas zu sehen. Anstelle von zwei Doppeltüren aus Glas zu seiner Rechten, die in einen großen Bankettsaal führten, den Bewohner des Hauses für Partys nutzten, wenn in ihren eigenen Wohnungen nicht genug Platz gewesen wäre, befand sich dort jetzt eine weitere stabile Bogentür ohne Glas, die ebenfalls in eine getäfelte Wand eingefügt war. Direkt vor ihm waren die Glastüren zu dem gemeinschaftlich genutzten Flur im Erdgeschoss durch eine beeindruckende Bogentür mit einer kunstvoll verzierten Einfassung ersetzt worden, die keinen Blick auf den Raum freigab, der dahinterlag. Anstelle von indirekter Deckenbeleuchtung und zurückversetzten Deckeneinbauleuchten gab es jetzt grandiose Kronleuch ter aus Kristallglas und Stehlampen mit plissierten seidenen Lampenschirmen und Quasten.
    Er kannte diesen Raum von alten Fotografien. Es war nicht das Foyer des Pendleton im Jahre 2011, sondern die Empfangshalle von Belle Vista in einer fernen Zeit; die Wohnanlage war verschwunden, das private Wohnhaus zurückgekehrt. Im späten neunzehnten Jahrhundert war die Shadow Street als erste Straße in der ganzen Stadt mit Strom versorgt worden und Belle Vista war das erste neue Haus gewesen, das man hier ohne Gaslampen gebaut hatte. Die Beleuchtung war schwächer als sonst, weil diese Glühbirnen primitive Edison-Produkte aus den Anfängen

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