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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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auf dem Fliesenboden. Ein entschlossenes, zielstrebiges Geräusch. Er mochte, wie die Schritte von den Wänden widerhallten. Wenn kein Grund zur Verstohlenheit gegeben war, trug er nur Schuhe mit Ledersohlen und Absätzen, weil es ihm gefiel, sich selbstbewusst ausschreiten zu hören.
    Obwohl der Pool an der Nordseite des riesigen Kellergeschosses untergebracht war und sich hinter geschlossenen Türen befand, hatte die Luft auf dieser Ebene überall einen schwachen Chlorgeruch. Anderen fiel das vielleicht nicht auf. Mickeys Sinne waren jedoch hoch entwickelt. Alle sechs.
    Mickeys Mutter hatte ihm dabei geholfen, seinen sechsten Sinn zu verfeinern: die Fähigkeit, fast sofort das Ausmaß – und präzise Punkte – physischer und emotionaler Verletzlichkeit an anderen zu entdecken.
    Er bog nach links in den Korridor ein, der zu den dreieinhalb auf dreieinhalb Meter großen Abstellräumen führte. Davon gab es einen pro Wohnung.
    Am Ende des Korridors, links neben dem Lastenaufzug, enthielt ein weiterer Abstellraum, der für alle Parteien zugänglich war, unter anderem Sackkarren, Plattformwagen und Planen zum Ziehen von Möbeln auf ebenem Untergrund, die von Bewohnern des Hauses benutzt wurden, um Gegenstände aus ihren Wohnungen in die Abstellräume zu transportieren oder umgekehrt. Mickey wählte eine große Sackkarre mit einer tiefen Ladefläche und drei verstellbaren Riemen zum Festhalten der Fracht, damit sie nicht verrutschte.
    Der nahe Lastenaufzug diente nur der Südseite des Gebäudes. Da die Apartments 2-A und 3-A groß waren und jeweils Vorder- und Hinterausgänge hatten, war der westliche Hausflur auf diesen zwei Etagen keine durchgehende Verbindung zwischen den beiden parallelen Flügeln des Hauses. Und der nördliche Lastenaufzug diente nur den drei oberirdischen Stockwerken, da diese Seite des Kellers vom Pool eingenommen wurde.
    Mickey schob die Sackkarre zum nördlichen Lift zurück, in dem er heruntergefahren war. Das Wandgemälde mit den Rotkehlchen, die sich freudig in einen Himmel voller goldener Wolken aufschwangen, löste Unbehagen bei ihm aus. Er wusste nicht, warum. Es war reiner Kitsch. Kunst, die bewusst hübsch war, ärgerte ihn normalerweise nur. Aber dieses Wandmalerei machte ihn immer … beklommen.
    Als er wieder in seiner Wohnung war, rollte er die Sackkarre ins Arbeitszimmer, wo die gut verpackte Leiche seines Bruders Jerry darauf wartete, entsorgt zu werden.
    Mickey vermisste seine Mutter schrecklich, aber er war froh, dass sie nicht hatte erleben müssen, wie einfach es gewesen war, Jerry zu töten. Sie wäre enttäuscht von ihm gewesen, weil er sich hatte überrumpeln lassen. Aber natürlich wäre diese Enttäuschung durch ihren Stolz auf Mickey aufgewogen worden.
    * * *

Sparkle Sykes
    Als Sparkle das Arbeitszimmer verließ, sagte der Fernseher hinter ihr wieder: »Eliminieren. Eliminieren.«
    Iris saß in ihrem Zimmer auf dem Bett und las. Sie blickte nicht auf. Sie blieb, wie üblich, in ihrer autistischen Seifenblase.
    Sparkle eilte zum ersten Fenster und dann zum zweiten, um die Vorhänge zuzuziehen, die ihre Tochter am früheren Nachmittag geöffnet hatte. Als sie den Spalt zwischen den letzten Vorhängen schloss, flackerte der Himmel zwei-, dreimal auf, und in dem Feuer, das er hinuntersandte, erloschen die Land schaftsbeleuchtung im Innenhof, aber auch die Lampen in allen Fenstern im Nordflügel und im Westflügel, nur in ihrer Woh nung blieben die Lichter an. Tatsächlich wurde nach dem hellen Sperrfeuer auch der goldene Schimmer der Stadt ausgelöscht, in dem sich die Schornsteine und die Balustrade oben auf dem Haus normalerweise als Silhouetten absetzten, als gäbe es in der Großstadt einen kompletten Stromausfall, von dem nur diese Räume ausgenommen waren.
    Als sie die Vorhänge schloss und sich von dem Fenster abwandte, redete Sparkle sich ein, die Furcht vor der Konfrontation mit einem Blitz hätte sie geblendet und den Innenhof und die anderen Flügel des Hauses vorübergehend aus ihrem Gesichtsfeld gelöscht. Aber sie wusste, dass diese Erklärung eine Selbsttäuschung war. Sie hatte etwas gesehen – die Abwesenheit von allem –, was mit dem monströsen Baby zu tun hatte, das in einer Wand verschwunden war, und mit der Stimme, die aus den pulsierenden blauen Ringen auf dem Fernsehbildschirm zu ihr gesprochen hatte. Nichts von alledem war ein Flashback ihrer einzigen Drogenerfahrung, dem Meskalintrip vor all den Jahren. Nichts von alledem war eine Illusion. All

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