Nachtjaeger
möchte ich doch wissen, warum sie hier ist und wem die anderen Sachen gehören.«
Es kam ihr fast unheimlich vor, dass er sich weder bewegte noch auch nur einen Muskel zuckte, während er so lässig am Türrahmen lehnte. Trotz seiner Regungslosigkeit strahlte er noch immer die Aura eines gierigen Raubtiers aus, das alles um sich herum im Blick behielt und jederzeit zum Sprung bereit war.
Doch unter dieser mühelosen Eleganz zeigte sich diesmal eine düstere Anspannung, der Hinweis auf etwas, das sie bisher noch nicht bei ihm gesehen hatte. Waren es Sorgen?
»Ich dachte, du würdest etwas mehr Kleidung brauchen als die, die du mitgebracht hast.« Er zuckte mit den Schultern, noch immer der Inbegriff kühler Gelassenheit. »Ich bat Morgan, ein paar Dinge für dich auszusuchen. Sie liebt Mode, und sie liebt es zu shoppen, wie dir vielleicht schon aufgefallen ist.«
Jennas Hände wurden feucht, doch sie war entschlossen, Leander nicht zu zeigen, dass sie allmählich in Panik geriet. Sie mochte vielleicht feige sein, aber das war eine Charaktereigenschaft, von der er nichts wissen durfte. »Wie großzügig. Aber das war nicht nötig. Schließlich werde ich in einigen Tagen wieder abreisen. Um nach Hause zu fahren.«
Er zog langsam die Augenbrauen hoch.
»In mein richtiges Zuhause«, fügte sie hinzu und versuchte ruhig zu atmen, während das Blut durch ihre Venen rauschte. »In das Apartment, in dem ich lebe.«
In seinen Augen schimmerte einen Moment der Panther in ihm auf, doch dann verschwand er wieder, und Leanders Lächeln wurde breiter. Man konnte sogar Grübchen in seinen Wangen sehen. »Ich hoffe, dass dir alles passt. Wobei ich zugeben muss«, murmelte er und ließ seinen Blick über den Seidenstoff ihres Morgenmantels wandern, der sich an ihren Körper schmiegte, »dass mir dieses Ensemble besonders gut gefällt.«
Da war es wieder – dieses Etwas, das zwischen ihnen entstand. Diese Wärme, diese Anziehungskraft. Trotz ihrer Bemühungen, es nicht aufkommen zu lassen, konnte sie das Verlangen, das sich zwischen ihnen aufbaute, weder ignorieren noch verringern. Nachdem sie ihn geschmeckt, nachdem sie seinen festen, muskulösen Körper auf dem ihren gespürt hatte, musste sie nur seine sanft geschwungenen Lippen betrachten, um ein Lodern in ihrem Bauch zu fühlen.
Jetzt, da sie wusste, was er bei ihr auslösen konnte. Jetzt, hatte auch das Tier in ihr Blut geleckt.
Sie hielt einen Moment lang inne und konzentrierte sich auf die pulsierende Hitze, die im Raum lag. Verzweifelt versuchte sie, diese durch höchste Konzentration zu verscheuchen.
»Ich unterbreche dich nur ungern bei der Betrachtung meines Hemds«, sagte er belustigt. »Ich bin mir sicher, dass sich alle möglichen interessanten Flecken darauf befinden. Ich war nämlich die ganze Nacht über wach, um zu versuchen …«
»Du kannst mich hier nicht festhalten«, unterbrach ihn Jenna, wobei sie jedes Wort klar betonte und sich zu ihrer vollen Größe aufrichtete. »Du kannst mich hier nicht gegen meinen Willen festhalten.«
»Gegen deinen Willen? Bist du denn gegen deinen Willen hier?«, fragte er sanft. »Ich dachte, du hättest mich gebeten, dich hierherzubringen. Ja, du hast es sogar verlangt.«
Ihr schoss das Blut in die Wangen, doch sie versuchte, sonst keinerlei Reaktion zu zeigen. »Wie eine Katze, die mit ihrer Beute spielt«, erwiderte sie ruhig. »Die so lange mit einer halb toten Maus spielt, bis sie sich langweilt und diese Maus verschlingt.«
»Du hast eine ausgesprochen charmante Vorstellung von mir«, erklärte er ungerührt. »Ich kann dir allerdings versichern, dass ich nicht vorhabe, dich in nächster Zeit zu verschlingen. Außerdem bist du auch keine halb tote Maus.« Er schenkte ihr ein gefährliches, laszives Lächeln, während er ihre wütende Miene musterte. »Nein, du bist wesentlich heimtückischer als eine Maus«, murmelte er. »Du bist jemand, der es mit einem Augenaufschlag schafft, die Vögel von den Bäumen zu locken. Selbst wenn du so eisig dreinblickst wie jetzt.«
»Was auch immer ich sein mag – ich bin nicht so wie du«, gab sie zurück.
Sein Lächeln verschwand. »Doch, meine Liebe. Es tut mir leid, aber das bist du«, entgegnete er. »Du bist sogar genau so wie ich.«
Sie starrten einander an. Die Spannung zwischen ihnen nahm immer mehr zu, bis ein lautes Grollen die Stille durchbrach. Es war Jennas Bauch, der vor Hunger knurrte.
»Verzeih mir«, sagte Leander und stellte sich aufrecht hin. »Du hast
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