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Nachtjaeger

Nachtjaeger

Titel: Nachtjaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Geissinger
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Ohren trat Leander einen Schritt zur Seite, sodass Jenna an der Hand LeBlancs aus dem Ballsaal den langen Korridor bis zur Tür des Salons geführt werden konnte. Er beobachtete, wie die Gruppe schweigender, drängelnder Ikati ihr, hungrigen Raubtieren gleich, folgte.
    »Dafür werden wir einige Beweise brauchen«, wiederholte LeBlanc zum x-ten Mal. Er drückte die Finger auf die schimmernde Oberfläche des Mahagonitischs, während seine grünen Augen kalt funkelten. »Und zwar brauchen wir diese Beweise jetzt.«
    Im Salon herrschte Stille. Nur von Ferne hörte man die Musik aus dem Ballsaal am anderen Ende des Hauses zu ihnen herüberklingen. Manchmal vernahm man auch das angespannte Keuchen der versammelten Männer. Alle waren nervös. Es war hier dunkler und kühler als im Rest des Hauses. Hier gab es keine Fenster, durch die während des Tages Licht kommen konnte, und auch keinen Kamin, um abends die Kälte zu vertreiben.
    Sie saßen auf Stühlen und Sesseln, die man aus allen Ecken des Zimmers hastig zu einem Kreis zusammengestellt hatte. Neunzehn Männer saßen aufrecht auf ihren Plätzen, während drei der vier Alpha sich wie Richter im Gerichtssaal hinter einem langen Tisch niedergelassen hatten.
    Jenna stand alleine vor ihnen. Ihre Haut schimmerte blass im Kerzenlicht, und erneut fiel Leander auf, wie ausgezeichnet ihr das leuchtend rote Kleid stand. Im düsteren, engen Raum des Salons erinnerte sie ihn an den Morgenstern, der als erster und als letzter Stern am Firmament die Welt grüßte.
    Ihre Augen, dachte Leander, während er sie genau beobachtete. Ihre intensiven Augen sammelten das schwache Licht und schienen es wie Messer auf die Anwesenden abzufeuern.
    In den vergangenen zwanzig Minuten hatte Jenna einen wahren Tanz um die Fragen aufgeführt, die ihr gestellt wurden. Sie schien die wachsende Anspannung und Frustration der Männer zu genießen, die vor ihr saßen. Außer ihr stand nur Leander.
    Sie hatte LeBlancs Einladung, sich doch ebenfalls zu setzen, mit einem schlichten »Nein« abgeschmettert.
    Leander hatte den Eindruck, dass sie nicht die geringste Ahnung hatte, in welcher Gefahr sie sich befand. Er hatte miterlebt, dass man Ikati eingesperrt und bestraft hatte, weil sie sich viel weniger als diese demonstrative Zurschaustellung fehlenden Respekts geleistet hatten.
    »Tun Sie das?«, gab Jenna zurück. Sie zog die Augenbrauen hoch und schürzte verächtlich die Lippen.
    »Ja«, erwiderte LeBlanc streng, während er auf seinem Stuhl nach vorne rutschte. Er stemmte die Handflächen auf den Tisch und stand auf. »Sie müssen sich vor dem Rat verwandeln. Es reicht nicht, dass Sie uns Ihr Wort geben …«
    »Und was ist mit dem Wort des Alpha von Sommerley, dem Wort von Lord McLaughlin?«, unterbrach ihn Jenna. Ihre Verachtung für den Mann ließ sie die Lippen zusammenpressen. Die Atmosphäre war zum Zerreißen gespannt. Ihr Blick wanderte zu Leander, der am anderen Ende des Salons stand. Er lehnte mit verschränkten Armen, nervös und schweigend, an der Wand, verborgen von den Schatten, die sich im Zimmer gesammelt hatten und die seine Miene verbargen. Und seine Augen.
    »Ist denn nicht sein Wort genug Beweis? Nennen Sie ihn etwa einen Lügner?«
    Leander hörte, wie LeBlanc mit den Zähnen knirschte, und lächelte grimmig. Jenna war klug. Wie auch immer LeBlancs Antwort lauten mochte – entweder gab er sich geschlagen oder er gestand Hochverrat ein. Dem Gesetz nach durfte kein Alpha öffentlich infrage gestellt werden, ohne dass dies einen Kampf, der mit dem Tod endete, nach sich zog.
    Viscount Weymouth meldete sich nun zu Wort, und die anderen wandten ihm den Kopf zu.
    »Niemand ficht Lord McLoughlin an, Lady Jenna. Er verbürgte sich für Ihre Fähigkeiten ebenso wie für Ihre Motive. Aber das Gesetz verlangt Beweise, und Ihre stete Weigerung, diese zu liefern, bringt Sie in eine schwierige Lage. Wir leben in gefährlichen Zeiten … Wir müssen wissen, wem Ihre Loyalität gilt, und Ihre Gaben kennenlernen. Falls Sie welche haben, würde es Ihnen nicht schwerfallen, uns einen Beweis zu liefern. Entweder Sie sind eine Ikati oder Sie sind es nicht. Entweder Sie sind für uns oder Sie sind gegen uns.«
    Im Salon war zustimmendes Murmeln zu hören. Leander sah, wie die Männer nickten und einander triumphierend ansahen, während sie auf Jennas Antwort warteten.
    Vor Wut schoss Leander das Blut ins Gesicht, und er ballte die Hände zu Fäusten. Morgan hatte recht. Diese Männer waren nichts

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