Nachtjäger
Caroline. Er handelt unüberlegt! Er hätte sie oder Madame deSoussa erschießen können!
Frederic heulte auf, denn die Kugel hatte ihn gestreift. »Verdammt, Ludwig. Entweder zu zielst richtig oder du lässt es.«
Die Voodoopriesterin fuhr herum, schien sich der Gefahr bewusst zu sein und sprang aus der Schusslinie. Regus’ Finger waren an Carolines Hals. Sie spürte den Druck seiner Finger in ihrem Genick. Der Katzeninstinkt nahm von ihr Besitz. Mit einer blitzschnellen Bewegung entzog sie sich ihm, drehte sich um die eigene Achse, riss in derselben Bewegung das Kleid von ihren Hüften, zog aus dem Gürtel, den sie über ihrer Lederkluft trug, ein Messer mit silberner Klinge und rammte es dem Vampir in die Brust.
Regus kreischte und für einen Moment schien es, als verdunkele sich die Sonne. Er machte einen Satz und klebte an der Wand des Clubhauses. Es war vier Stockwerke hoch, und bevor Caroline zu sich fand, huschte der Vampir wie eine Fliege an der Wand empor.
Frederic folgte ihm sofort.
Caroline erkannte: Er ist verletzt! Die Silberklinge muss ihn verletzt haben! Auch wenn er sagt, das alles sei nur Aberglaube. Einen Versuch war es wert!
Tatsächlich bäumte sich Regus auf, als er an einem Fenstervorsprung verhielt und sein Gesicht verzerrte sich. Hatte er Schmerzen? Beeindruckte ihn die Verletzung wenigstens vorübergehend, bis die Wunde sich wieder schloss? Frederic wusste das zu nutzen und überholte ihn. Mit einem mächtigen Hieb trat er Regus gegen den Schädel. Seine Kraft, seine Behändigkeit erlaubten ihm blitzschnelle Bewegungen. Den meisten Beobachtern musste alles wie ein Huschen, wie ein Schemen vorkommen. Ludwig erging es wohl nicht anders, denn er blinzelte und suchte mit dem Gewehr sein Ziel. Für einen Moment fror alles ein. Frederic hatte sich in seinem Widersacher verhakt, und der Vampir versuchte offensichtlich, sich zu verändern, denn sein Körper pumpte.
Er will sich in den Raben verwandeln und fliehen!, durchfuhr es Caroline und erneut dachte sie an ihre Katzenkräfte. Sie rannte zu Ludwig und riss ihm die Waffe aus der Hand. Sie huschte zum Nebenhaus, turnte über die Mauer, zog sich an einigen Vorsprüngen in die Höhe und landete auf dem Dach, nur wenige Meter von den Kämpfenden entfernt.
Sie legte an und achtete darauf, dass ihr Atem ganz ruhig ging. Sie hatte noch nie geschossen, aber sie würde treffen – ja, das würde sie!
Unten murmelte die Voodoopriesterin tonlose Sätze und Caroline spürte, dass sich die geheimen Befehle auf ihre Waffe übertrugen. Das Gewehr wog schwer in ihrer Hand, es pulsierte regelrecht. Sie suchte ihr Ziel.
Frederic, pass auf! Ich würde es mir nie verzeihen, dich zu anzuschießen. Es ist schon schlimm genug, dass du durch Ludwig verletzt wurdest.
Ihr Finger krümmte sich um den Abzug. Sie zögerte. Was, wenn die Kugel daneben ging? Was, wenn …?
Regus begriff die Gefahr, die von Caroline ausging, denn er drehte sich zu ihr und grinste breit, wobei er sanft den Kopf schüttelte. Frederic sprang einen Meter beiseite, noch etwas höher, aus der Schusslinie. Sein Mund öffnete und schloss sich, aber Caroline verstand kein Wort. Sie war konzentriert. Ihre Sinne konzentrierten sich einzig und alleine auf Regus’ Brust.
Der Vampir zog die Augen zusammen, das Grinsen erlosch, so als erkenne er die Wahrheit und nehme erstmals wahr, was aus Caroline geworden war.
Die Kugel sauste aus dem Lauf.
Es dauerte eine Sekunde und Caroline dachte schon, Regus verfehlt zu haben, als der Vampir brüllte und hintenüber fiel. Er stürzte in die Tiefe und lag mit verrenktem Körper auf dem Pflaster. Über seinem Herz klaffte ein Loch, aus dem Dampf aufstieg.
In wenigen Sekunden fanden sich Caroline und Frederic bei den Anderen.
»Sir – es wird Zeit, dass wir verschwinden!«, sagte Ludwig. »Mylady … das war ein wunderbarer Schuss!«
Zwei Constabler kamen angerannt. Eine Trillerpfeife ertönte. Ein fetter Mann erschien in der Tür zum Club und paffte seine Zigarre, als sei nichts geschehen. Er musterte den Toten und schüttelte den Kopf.
Frederic umarmte Caroline und sie küssten sich, was für zufällig hinschauende Passanten ein Affront war.
Madame deSoussa ging dazwischen. »Für Zärtlichkeiten ist später Zeit.«
Frederic streichelte Carolines Wangen.
Caroline flüsterte: »Er ist tot!«
Frederic nickte. »Ja, das ist er. Wir werden uns mit Mambo und Ludwig zu unterhalten haben, aber eines scheint mir richtig: Wir müssen abhauen!«
Ein
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