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Nachtklinge: Roman (German Edition)

Nachtklinge: Roman (German Edition)

Titel: Nachtklinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Courtenay Grimwood
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die Jadeschale gefüllt war, beugte sich Alexa vor und forschte nach dem, was sie nicht schlafen ließ. Der kleine Drache lag zusammengerollt zu ihren Füßen und schlummerte erschöpft. Nero hatte sich in den Schrank zurückgezogen. Den Drachen hatte sie
Dracul
getauft, was in ihrer Muttersprache so viel wie kleiner Drache bedeutete.
    »Zeig dich …«, murmelte Alexa beschwörend.
    Sie war auf alles gefasst: aufständische Republikaner, die bei einem Geheimtreffen in einer Schenke stritten, wie sie das jüngste Chaos zu ihrem Vorteil nutzen konnten. Oder ein Boot auf dem Weg zum Schiff des deutschen Prinzen, mit einer Botschaft an Bord, die sie in außerordentliche Schwierigkeiten bringen würde. Doch das einzige, was die Kugel zeigte, waren dichte Nebelschwaden an der Lagunenmündung. Frühnebel war nichts Ungewöhnliches in Venedig. Was gab es also sonst noch an der Mündung der Lagune für Alexa zu sehen?
    Als der Nebel sich mit einem Mal lichtete, war ihre Frage beantwortet.
    Die Schwaden teilten sich vor einer gewaltigen Galeere. Drei Reihen Ruder tauchten im Rhythmus der dumpfen Kesselpauken ins Wasser. Der mächtige, in Metall gefasste Bug schob schäumende Wellenberge vor sich her.
    Alexa erkannte das Schiff sofort.
Der Wille Gottes
fuhr unter der Flagge des byzantinischen Kaisers, dem einfach gekrönten, doppelköpfigen Adler auf scharlachrotem Grund. Trotz des schwachen Windes glitt er in voller Fahrt heran; die silberfarben blinkenden Ruder brachten das Schiff noch schneller voran, als es ihre Zahl erklärte.
    Ein gutaussehender, blonder junger Mann stand an die blaue Reling gelehnt. Der Saum seines Gewands war mit kaiserlichem Purpur verziert. Der Mann neben ihm war mager, glattrasiert und trug schlichte weiße Kleidung. Andronikos konnte man schwerlich als gutaussehend bezeichnen, aber er war zweifellos eine eindrucksvolle Erscheinung, dachte Alexa.
    In die Reling war Lapislazuli eingelassen, die Segel bestanden aus geölter Seide, und die Ruder waren mit schimmerndem Elektrum bedeckt. Der zurückweichende Nebel gab den Blick auf eine ganze Kriegsflotte frei, die die Laguneneinfahrt blockierte. Ohne Einwilligung des Flottenkapitäns würde es für Handelsschiffe unmöglich sein, in die Lagune hineinzufahren oder sie zu verlassen.
    Alexa hatte die Ankunft der byzantinischen Flotte nicht vorhergesehen.
    Eine alte Frau auf einer Sandbank hatte die Flotte bemerkt. Als sie davoneilen und Alarm schlagen wollte, sprach der dünne Mann auf der byzantinischen Galeere ein einziges Wort.
    In einer anderen Welt hinter dieser regte sich etwas.
    Schwarze Schwingen entfalteten sich und durchmaßen einen unendlichen, kalten Raum. Der Flug dauerte gerade so lang, bis sich der Schleier zwischen den Welten teilte – nicht länger als ein Wimpernschlag. Die Alte auf der Sandbank fasste sich an die Brust und fühlte ihr Herz hinter den zarten Rippen erstarren. Andronikos’ Schiff glitt durch die Wellen davon.
     
    Der Rat der Zehn rief in höchster Eile eine Krisensitzung ein. Seit Venedig sich vor sechshundert Jahren mit Konstantinopel überworfen hatte, hatte kein byzantinischer Prinz den Fuß auf venezianischen Boden gesetzt. Hin und wieder war eine Prinzessin nach Osten oder Westen verheiratet worden, und die unverbesserlichen Venezianer hatten Konstantinopel vor zweihundert Jahren verwüstet. Aber hatte man je davon gehört, dass ein byzantinischer Prinz in einem kaiserlichen Schiff in die Lagune einlief?
    Im Obergeschoss des Dogenpalastes besprach der Rat Graf Roderigos Bericht. Die ersten Wachen der Zollbehörde, die man zum kaiserlichen Schiff gesandt hatte, waren tot. Man hatte ihr steuerlos treibendes Boot entdeckt, aber bei keinem der Männer Anzeichen von Gewalt feststellen können.
    Beim zweiten Mal hatte sich Roderigo selbst auf den Weg begeben.
    Er ging allein, angetan mit der Kette des Kapitäns der Zollbehörde und im prächtigen Gewand eines venezianischen Edelmanns. Zum ersten Mal, seit Roderigo in die Zollbehörde eingetreten war, musste er um Erlaubnis bitten, ein Schiff betreten zu dürfen.
    Das Treffen war kurz und nüchtern gewesen. Ein hagerer Mann, der sich als Prinz Nikolaos’ Ratgeber vorstellte, hatte das Gespräch geführt. Nur Alexa wusste, dass Andronikos’ auch der Berater des byzantinischen Kaisers war.
    Alexa nahm an, dass es sich bei dem jungen Mann um Prinz Nikolaos handelte, obwohl man ihn Roderigo nicht vorstellte. Der junge Mann hatte das Gespräch wortlos verfolgt und nach

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