Nachtkrieger: Ewige Begierde
und den Geruch nahenden Regens herbei, und Matilda zog ihren Umhang fester um sich herum. Die Zeit verging, der Himmel wurde dunkler, und langsam verdeckten Wolken die Sterne, und er war immer noch nicht da.
Das plötzliche Knacken eines Zweigs ganz in der Nähe ließ sie zusammenfahren. Sie schoss hinaus, um sich einen brennenden Ast aus dem Feuer zu schnappen, und zog sich hastig in die Türöffnung zurück, die behelfsmäßige Waffe schützend in der Hand wie ein Schwert.
»Die Fackel wirst du nicht brauchen … Marian, oder?« Im Licht des Feuers kam er auf sie zu, ein blasser, hochgewachsener Mann mit langen Beinen und silberblondem Haar, das ihm in langen Strähnen bis über die Schultern fiel. »Ich bin Torvald, ein Freund von Steinarr.«
Verlegen ließ sie den brennenden Ast sinken. »Das war nicht wegen Euch, Mylord. Ich habe ein Tier schreien hören.«
»Ich habe nichts gehört. Aber ich rieche etwas. Schwein?«
»Schinken.« Sie warf den Ast zurück ins Feuer und wies auf den Stein, wo der Rest der abendlichen Mahlzeit lag. »Und gutes Brot. Und weniger gutes Ale.«
»Besser als gar keins.« Anstatt sich auf das Essen zu stürzen, wie es die Art seines Freundes war, bedankte sich Torvald mit einem knappen Kopfnicken und ging die paar Schritte hinüber zu der Stelle, wo das Packpferd humpelnd umherlief. Er strich dem Pferd über die Nüstern. »Hallo, mein Freund.«
»Ihr kennt das Pferd?«
»Ich habe es einige Male geritten.«
Das Pferd blies ihm mit offenkundiger Freude in die Hand, wodurch dieser Torvald sogleich Matildas Wohlwollen gewann. Pferde hielten nur selten etwas von schlechten Menschen – sie akzeptierten sie allenfalls, aber sie mochten sie nicht. Andererseits hatte sie von Steinarr ebenfalls zunächst eine gute Meinung gehabt, und möglicherweise irrte sie sich in Bezug auf seinen Freund ja auch. Vielleicht mochte das Pferd ihn in Wirklichkeit überhaupt nicht. Es gab nur eine Möglichkeit, es herauszufinden, und glücklicherweise konnte sie nun, da Steinarr schon eine Weile fort war, ihre Deckung die Nacht über vernachlässigen und sich dieser Möglichkeit bedienen. Sie öffnete ihre innere Mauer und fühlte sogleich die Freude des Packpferds, als der Mann mit einer Hand über seinen Widerrist strich. Ja. Ein guter Mensch.
Torvald drehte sich wieder zu ihr um, und für einen kurzen Augenblick …
»Ihr kommt mir bekannt vor, Mylord. Kann es sein, dass wir uns schon einmal begegnet sind?«
»Das würde ich bezweifeln.«
Doch das eigenartige Gefühl der Vertrautheit blieb. »Wart Ihr jemals in Huntingdon? Oder vielleicht in Loxley?«
»Nein.« Torvald zog sein Messer heraus und bückte sich, hob einen der Vorderhufe des Pferdes an und klemmte ihn sich zwischen die Beine. »Ich verbringe die meiste Zeit in …« Er unterbrach sich, als ein seltsames Gebrüll aus dem Wald zu hören war. »Ich verbringe die meiste Zeit in den Wäldern hier.«
»Was war das?« Matilda ging so nah an das Feuer heran, wie sie konnte, ohne ihre Röcke in Brand zu stecken. »Das war nicht dasselbe Geräusch wie vorhin.«
»Äh, kämpfende Wildschweine wahrscheinlich.« Torvald kratzte weiter den Huf des Pferdes aus, als sei nichts Ungewöhnliches geschehen. »Du solltest nun schlafen gehen.«
»Es ist noch früh, Mylord. Ich bleibe noch eine Weile auf.« Der wahre Grund dafür war nicht die Tatsache, dass es noch früh war, sondern das unbehagliche Gefühl, das sowohl dieses seltsame Geräusch als auch Torvalds ungewöhnliche Erklärung hervorgerufen hatten. Warum waren Männer so? Stets der Überzeugung, sie müssten Frauen die Wahrheit verschweigen, um sie zu beschützen, bewirkten sie mit einer Lüge doch nur das Gegenteil. Sie sah zu, wie er sich duckte und unter dem Hals des Pferdes auf dessen andere Seite ging, um auch dort die Hufe zu kontrollieren. »Mylord?«
»Ja.«
»Ich habe schon kämpfende Wildschweine gehört. Aber dieses Geräusch klang nicht nach einem Kampf zwischen zwei Keilern.«
»Mag sein. Aber was immer es war, es war weit entfernt und bedeutet keine Gefahr für dich, solange ich hier bin.« Er kratzte einen Stein aus dem Vorderhuf des Pferdes und warf ihn weg. Dann ließ er den Huf sinken und widmete sich dem nächsten.
»Mylord.«
»Was ist?«
»Beabsichtigt Sir Steinarr, sein Wort zu halten und mich den Rest der Reise zu begleiten?«
Er richtete sich auf und musterte sie über den Rücken des Pferdes hinweg, während er tief Luft holte. Und abermals war da dieses
Weitere Kostenlose Bücher