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Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Hendrix
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knusprigen Haut des Kapauns vom Brett. Sie steckte es sich in den Mund, und dieses Mal wischte sie sich die Finger an dem Leinentuch, das rings um den Tisch befestigt war und als Serviette diente, ab, den Göttern sei Dank. Doch auf ihrer Unterlippe blieb leicht schimmernd ein wenig Fett zurück, ganz so, als ob sie es absichtlich dort aufgetragen hätte, damit es ihn verlockte, es wegzuküssen.
    Bei den Göttern. Wenn er sie so weitermachen ließe, war sie imstande, seinen Verstand weich wie Vanillepudding werden zu lassen, wann immer es ihr beliebte. Welch glückliches Schicksal, wenn es in der Halle ihres Vaters nur nicht so gefährlich gewesen wäre. »Wie Ihr wünscht, Mylady.«
    Er folgte ihr und dem schimmernden Fettspritzer quer durch die Halle, wo sie sich zu einer Gruppe gesellten, die sich um einen bärtigen alten Mann herum eingefunden hatte, der Gunnar an einen der älteren Skalden in seiner Heimat erinnerte, sogar bis hin zu dem milchig weißen Blick aus seinen erblindeten Augen. Eleanor suchte sich einen Platz im Hintergrund, während Gunnar um die Anwesenden herumging bis zu einer Stelle, von der aus er sie beobachten konnte, ohne dass es auffiel. Der alte Mann beendete gerade eine Geschichte aus ihrer Bibel, über einen Ertrinkenden, der von einem Wal verschluckt und später wohlbehalten an Land gespien worden war. Ganz eindeutig war sie von jemandem geschrieben worden, der noch nie einen Wal von innen gesehen hatte. Gunnar hatte es. Er wäre lieber ertrunken.
    »So lehrt uns also die Geschichte von Jona, dass es selbst in der finstersten Stunde, solange es tiefen Glauben gibt, auch Hoffnung gibt«, sagte der alte Mann. »Wie ich hörte, haben sich zwei weitere Personen zu uns gesellt. Sagt mir bitte, wer es ist? Zunächst die Dame. Ich hörte leichte Schritte.«
    »Es ist Eleanor de Neville, Carolus. Erinnert Ihr Euch an mich, aus der Zeit damals auf York?«
    »Nur schemenhaft, Mylady. Mein alter Verstand ist mit der Zeit zu alt geworden und viel zu überladen.« Er kratzte sich am Kinn und dachte nach. »Da war auch noch ein Mann. Ein kräftiger. Hier drüben.« Er wies mit der Hand in die ungefähre Richtung.
    »Gunnar von Lesbury, Gast des Earls. Habt Ihr nur Geschichten aus der Bibel zu erzählen, alter Mann, oder habt Ihr in Eurem kahlen Schädel auch andere Geschichten?«
    »Viele andere, Monsire. Viele andere mehr. Gibt es eine, die Ihr gerne hören würdet? Etwas aus vergangenen Zeiten vielleicht.« Der Alte wandte den Kopf in Gunnars Richtung, so dass ihn seine erblindeten Augen geradewegs anzusehen schienen. »Als die Dänen über ganz England herfielen?«
    Ein eisiger Schauer lief Gunnar über den Rücken, und ihm sträubten sich die Haare. Woher? Er rückte ein Stück vor, mit beiden Füßen fest am Boden, bereit zum Kampf. »Nein. Nichts davon.«
    »Ihr kennt doch noch wesentlich ältere Geschichten, Carolus«, sagte Eleanor vollkommen unbefangen. »Auf York habt Ihr Stunden damit verbracht, uns von den alten Griechen und Römern zu erzählen.«
    »Ich weiß nicht mehr, was ich erzählte, Mylady, aber erst in diesem Jahr habe ich von ein paar neuen Geschichten erfahren. Möchtet Ihr sie hören?«
    Ja-Rufe erhoben sich in der gesamten Runde, doch der Alte hielt seine blinden Augen auf Gunnar gerichtet. »Und wie steht es mit Euch, Sir Gunnar?«
    »Ich weiß nicht. Sind die denn gut?«
    Schmunzelnd wandte sich der Mann wieder den anderen zu. »Wir werden sehen. Nun, die erste Geschichte, die ich erzählen werde, handelt davon, wie nach Ansicht der Griechen die Götter entstanden sind. Natürlich waren es falsche Götter, aber das darf man den Menschen der Antike wohl nachsehen, denn zu jener Zeit hatte unser Gott noch nicht Paulus geschickt, um den Griechen von dem einen wahren Gott zu berichten.«
    Er fuhr fort und erzählte von den sogenannten Titanen und ihrem Kampf um die Herrschaft über alle Lebewesen, von großen und kleinen Göttern, die den Stirnen der Titanen entsprungen oder aus ihren Schenkeln geschnitten worden waren. Für Gunnar klang all das ziemlich danach, wie Ymir und Búri, Vili, Ve und Odin entstanden waren, und so schwand allmählich sein Unbehagen, während die teils bekannte, teils unbekannte Geschichte ihren Fortgang nahm. Der Alte war eben ein Skalde, mit den hellseherischen Fähigkeiten, wie solche Männer sie nun einmal hatten. Gar nicht so viel anders als Ari, und einen Moment lang schweiften Gunnars Gedanken ab zu seinem alten Kampfgefährten, und er fragte

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