Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition)
alle bewusst. Aber es galt, das Übergreifen auf den Rest der Burganlage zu verhindern, und das gelang auch, wenngleich nur knapp. Der Keep mit der großen Haupthalle war kaum in Gefahr, denn er lag weit genug entfernt, hatte steinerne Mauern und mit Blei gedeckte Dächer. Aber die Küche und die Ställe gerieten mehr als einmal durch umherfliegende Glut in Gefahr, und Flammen züngelten gefährlich nah an der Waffenkammer, bevor die Männer des Herzogs sie erfolgreich bekämpfen konnten. Glücklicherweise war es ein kurzes Feuer, denn die Kemenate war über hundert Jahre alt – Gunnar hatte im Jahr ihrer Erbauung Richmond besucht –, und die Baustoffe waren so trocken, dass das Fachwerkhaus brannte wie eine Strohpuppe. Der Bau stürzte bald ein, und sobald die Männer den Funkenregen eingedämmt hatten, ging es hauptsächlich darum, die Glut Eimer für Eimer mit Wasser zu übergießen, bis nichts mehr übrig war als ein Haufen rauchender Holzkohlen.
Noch immer damit beschäftigt, am Rand des Feuers mit dem Fell auf die Flammen einzudreschen, merkte Gunnar plötzlich, dass jemand ihm eine Hand auf die Schulter legte. Er drehte sich um und erblickte einen Mann mit rußverschmiertem Gesicht, schwarz wie ein Köhler.
»Haltet ein, Monsire. Ihr habt heute Nacht mehr als genug getan.« Einzig und allein an der rauhen, aber unverkennbaren Stimme erkannte Gunnar, dass es York war, der Herzog, mittlerweile in Cotte und Stiefeln, die allerdings bis zur letzten Faser ebenso schwarz waren wie Gunnars. »Nun werden meine Leute auch allein damit fertig. Geht und lasst Eure Hände versorgen, sonst beginnen die Wunden zu eitern.«
Gunnar sah hinab auf seine Hände, die Handrücken schimmerten von offenen Brandwunden. Und sein Rücken schmerzte teuflisch. Er betastete eine wunde Stelle an der Schulter und spürte ein Loch, das Glut ihm in die Haut gebrannt hatte. Als er die offene Wunde darunter berührte, zuckte er zusammen.
»Das wird Euch morgen gehörig Schmerz bereiten.« Der Herzog nahm Gunnar das Fell aus der Hand und reichte es dem Nächstbesten, der gerade vorbeiging. Dann wies er mit dem Kopf zum Keep. »Geht und lasst nach Euren Wunden sehen. Geht! Ich befehle es Euch.«
Gunnar warf einen Blick nach Osten, um abzuschätzen, wie viel Zeit ihm noch bis zum Sonnenaufgang blieb. Überrascht stellte er fest, dass es wieder angefangen hatte zu schneien; das Wetter war das Letzte, was ihm beim Kampf gegen die Flammen in den Sinn gekommen wäre. Nachdem er sich angesichts der tiefschwarzen Dunkelheit versichert hatte, dass noch genügend Zeit war, nickte er. »Jawohl, Euer Hoheit.«
Er drehte sich um, und auf dem Weg zu dem steinernen Keep fluchte er im Stillen. Nun hatte er tatsächlich die Aufmerksamkeit des Herzogs auf sich gezogen. Schnee hin oder her, Jafri und ihm würde nichts anderes übrig bleiben, als sich wieder auf den Weg zurück in die Wildnis zu machen und die Götter um Hilfe bei der Suche nach irgendeinem Unterschlupf zu bitten.
Pferde, noch immer panisch vor Angst, liefen auf dem oberen Burghof umher, zusammen mit Schweinen und Rindern, die aus den Ställen geholt worden waren. Gunnar entdeckte seine Pferde zwischen den anderen und zeigte sie einem der Jungen, die Wache standen. »Fang die beiden dort ein und schick jemanden nach den Sachen, die ich dem Stallmeister gegeben habe. Ich wünsche, dass die Pferde bepackt werden und in einer Stunde bereitstehen.«
Im flackernden Licht der Fackel konnte er erkennen, dass der Junge erstaunt die Augen aufriss. »Bei diesem Wetter, Monsire? «
»Aye.« Gunnar warf einen Blick zurück auf den eingestürzten Kemenatenbau, um sich zu vergewissern, dass der auffrischende Wind die Asche nicht entfachte. »Ein Mann tut, was er tun muss. Auch bei solchem Wetter.«
Gunnar sah zu, wie der Stalljunge sein Packpferd einfing und anschließend dem Reitpferd hinterherlief, dann drehte er sich um und ging die kleine Anhöhe hinauf auf den Keep zu, wo die Frauen im ersten Geschoss einen Platz für die Versorgung der Verletzten eingerichtet hatten. Als er eintrat, erkannte ihn jemand und vermeldete, wer er war und was er getan hatte. Im Nu hatte man ihn seiner verrußten, versengten Kleidung entledigt, und seine Hände wurden in kühle Buttermilch getaucht, während eine stämmige alte Frau ihm mit der lindernden Buttermilch den Rücken bestrich und mehrere Maiden um ihn herumscharwenzelten. Er ließ es geschehen und genoss den ganzen Wirbel. Es war lange her, dass man ihn
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