Nachtkrieger
erbebte. Machtvoll drang er tiefer in sie ein und ließ sich von den Wellen ihrer Lust davontragen, bis er sich in ihr ergoss – nahezu lautlos. Er war zu Hause.
Später, als Ivo dachte, Alaida schliefe fest, tastete er nach seiner Hose und zog sie unter der Decke an.
»Wo willst du hin?«
»Es hat sich nichts geändert, mein Herzblatt. Ich muss nach wie vor im Morgengrauen fort.«
Ihr anklagendes Schweigen war schlimmer als alles, was sie hätte sagen können, denn Worten hätte er wenigstens etwas entgegenhalten können. Als er seine Bruche zuschnürte, zog Alaida den Vorhang auf. Ein dünner Lichtstrahl fiel auf das Bett.
»Was machst du da?«, fragte Ivo.
»Ich möchte nur einen Augenblick lang dein Gesicht sehen«, flüsterte Alaida. »Neig deinen Kopf ein wenig ins Licht. Ja, so ist es gut.« Nachdem sie ihn ihrer Vorstellung entsprechend arrangiert hatte, nahm sie seine Hand und legte sie auf ihren Bauch. »Da. Warte.«
Ein eisiger Schauer lief Ivo über den Rücken. Seit Monaten hatte er diesen Augenblick gefürchtet und gehofft, er ließe sich umgehen. Aber wie so oft ließ Alaida ihn nicht so einfach davonkommen. Er schaffte es kaum, seine Hand nicht zurückzuziehen, voller Furcht vor dem, was er vielleicht fühlen würde. Doch er rief sich ins Gedächtnis, dass er sich vorgenommen hatte, sie so lange wie möglich glücklich zu machen.
»Warte«, sagte sie abermals. »Ah. Jetzt.« Sie bewegte seine Hand ein Stück. »Fühlst du es?«
Etwas Rundes bewegte sich unter seiner Handfläche, rollte sich zur Seite und verschwand. Seine Angst vor dem Fluch war ob dieses Wunders für einen Moment vergessen. Ein Kind.
Sein Kind.
Die kleine Kugel drückte sich im nächsten Augenblick wieder gegen seine Finger. Er presste die Hand fester auf ihren Leib und versuchte auszumachen, was genau er dort spürte. »Ist das der Kopf?«
»Ich glaube eher, das Hinterteil«, sagte Alaida. Das Lächeln, von dem er gedacht hatte, er würde es sich abringen müssen, trat bei dem Gedanken an einen solch winzigen Hintern automatisch auf sein Gesicht.
Alaida streichelte ihm über die Wange. »Ah. Du lächelst ihn an. Das freut mich.«
»Und ich bin froh, dass du dich darüber freust«, antwortete er und meinte es auch so.
»Hier.« Sie führte seine Hand bis kurz unter ihre Rippen, wo sie auf deutlicheren Widerstand stieß. »Sein Fuß.«
Behutsam strich er darüber. »So klein. Bist du dir sicher?«
»Aye. Er glaubt, meine Rippen wären einzig und allein dafür gemacht, dass er dagegen treten kann.« Gähnend lehnte Alaida den Kopf an Ivos Schulter, und er zog sie dichter an sich heran. »Bitte bleib!«, sagte sie. »Nur dieses eine Mal. Dann könnte ich dir die kleinen Hemdchen zeigen, die ich bestickt habe.«
»Zeig sie mir heute Abend. Ich komme so schnell zurück, wie es mir möglich ist.«
»Ich verstehe immer noch nicht, warum du so früh fortmusst.«
»Das ist auch gar nicht so wichtig.« Er klang schroffer, als er es beabsichtigt hatte, und so versuchte er, das Gesagte abzuschwächen. »Aber wenn du möchtest, kann ich noch einen Moment bleiben.«
»Das wäre schön«, sagte Alaida seufzend und schlang die Arme um ihn. »Aber noch schöner wäre es, wenn du ganz hierbleiben würdest.«
Im Osten färbte sich der Himmel bereits rötlich, als Brand sich dem kleinen Tal näherte, wo der Bär den Tag verbringen sollte. Es war ein warmer, wolkenloser Morgen. Aber die Luft war feucht, und vom Boden stieg Nebel auf wie Gischt aus dem Meer.
Mugga
wäre in Brands Heimat der passende Begriff für dieses Wetter gewesen. Doch wie man es in England nannte, wusste er auch nach all den Jahren noch nicht.
Mit geschlossenen Augen lauschte er den Geräuschen des beginnenden Tags. Bevor er sich in dieses verfluchte Land aufgemacht hatte, war der frühe Morgen die Tageszeit gewesen, die er am meisten gemocht hatte. Er hatte neben Ylfa gelegen und darauf gelauscht, was sie im Schlaf vor sich hin murmelte. Manchmal hatte er sie zärtlich geweckt, um sich dem Liebesspiel hinzugeben.
Nun fragte er sich, wie es wäre, neben Merewyn zu liegen. Schnarchte sie vielleicht und murmelte ebenfalls im Schlaf vor sich hin? Oder war sie genauso ausgeglichen wie im wachen Zustand? In den vergangenen Wochen hatte Brand oft darüber nachgedacht – ein angenehmer, wenngleich wenig sinnvoller Zeitvertreib. Es wurde Zeit, derartige Gedanken beiseitezuschieben. Denn sie waren allzu verlockend, nun da er Merewyn bald wiedersehen würde.
Heute
Weitere Kostenlose Bücher