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Nachtkrieger

Nachtkrieger

Titel: Nachtkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Hendrix
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draußen Sir Aris Stimme vernahm. Sie wickelte Beatrice wieder ein und eilte mit dem Baby auf dem Arm hinaus, um Ari auf der Treppe zu treffen. Als er sah, dass Merewyn Tränen über die Wangen liefen, wurde er leichenblass. »Alles ist gut«, sagte sie hastig.
    »Bist du sicher?«
    »Ja. Seht selbst!« Sie zeigte ihm das Baby, und es schien, als müsse auch er mit den Tränen kämpfen. »Könnt Ihr es ihm irgendwie sagen?«, fragte Merewyn.
    »Am besten, du lässt es ihn selbst sehen, oben am Fenster. Er wird gleich hier sein.«
    Merewyn eilte zurück ins Zimmer, und in dem Augenblick, als sie es betrat, huschte vor dem Fenster ein Schatten vorbei. Langsam zog der Adler einen Kreis und setzte sich in einigen Metern Abstand auf den Palisadenzaun. Merewyn packte das Baby gerade so aus, dass Brust und Ärmchen der Kleinen zu sehen waren. Vorsichtig hielt sie das Bündel ans Fenster, und der Adler betrachtete es blinzelnd. Dann spreizte er die Flügel, erhob sich wieder in die Luft und flog so nah am Fenster vorbei, dass sein Flügelschlag deutlich zu spüren war. Beatrice, durch den kühlen Luftzug geweckt, begann leise zu wimmern. Und es klang nach einem Neugeborenen, nicht nach einem Adlerküken. Der Adler stieg höher in die Luft und zog mit sichtlicher Freude seine Kreise.
    »Bôte?«, ertönte plötzlich eine verschlafene Stimme.
    »Ich bin es, My Lady. Merewyn.« Merewyn drückte Beatrice an die Brust und wickelte sie hastig wieder ein.
    »Warum weint sie?«
    »Wir wollten ihren ersten Tag willkommen heißen, My Lady«, sagte Merewyn und schloss den Laden. Sie wischte sich die Tränen von den Wangen und drehte sich lächelnd um. »Wir bekamen Besuch von Eurem Adler, und Lady Beatrice hat ihn begrüßt.«
     
    »Seid Ihr nun endlich so weit, M’Lady? Lady Beatrice saugt schon an ihren Fingern. Aber es wäre besser, sie würde an Euch saugen, wenn Ihr sie tatsächlich stillen wollt.«
    »Bring sie mir«, sagte Alaida. Sie schluckte den letzten Löffel voll fadem Haferschleim hinunter, den man ihr zum Abendessen gebracht hatte, und stellte die Schüssel beiseite.
    »So, hier ist sie, mein Lämmchen.« Bôte legte Alaida das Baby in die Arme und setzte sich auf die Bettkante. Strahlend fügte sie hinzu: »Seht nur, die Kleine weiß genau, was sie will. Sie saugt kräftig wie ein Kälbchen.«
    »Und ich bin die Milchkuh«, sagte Alaida und zuckte ein wenig zusammen, als Beatrice noch kräftiger zu saugen begann. »Was erheitert dich so, Bôte?«
    »Nun habt Ihr schon ein Baby, mein Lämmchen. Ich dachte immer, sobald Ihr verheiratet seid, sind meine Tage hier gezählt. Aber nun seid Ihr bereits Mutter, und ich bin immer noch da. Ein Wunder.«
    »Aye. Das kannst du wohl sagen«, meldete sich eine tiefe Stimme zu Wort.
    »Ivo!«, rief Alaida, vollkommen erleichtert, als er das Zimmer betrat.
    Hastig stand Bôte auf und stellte sich Ivo in den Weg. »Eigentlich haben Männer zu Wöchnerinnen keinen Zutritt, ebenso wenig wie zu einer Geburt, My Lord.«
    »Solche Regeln wurden von Männern aufgestellt, die weder Frau noch Kinder haben.«
    Bôte bekreuzigte sich. »Das ist ein Sakrileg.«
    »Allerdings«, sagte Ivo und schob sich an ihr vorbei. Er beugte sich zu Alaida hinunter und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Guten Abend, Gemahlin.« Er küsste Beatrice auf die Stirn. »Dir auch einen guten Abend, meine Tochter.«
    Alaida spürte seinen warmen Atem auf ihrer Haut, und ihr stiegen Tränen in die Augen. Sie senkte den Kopf, um sie zu verbergen, doch Ivo hatte sie längst bemerkt.
    »Du weinst ja.« Stirnrunzelnd sah er sie an. »Hat Bôte etwa recht, und es ist dir lieber, wenn ich wieder gehe?«
    »Nein«, antwortete Alaida und küsste seine Fingerspitzen. »Es ist nur … Ich habe mich den ganzen Tag gefragt, ob ich dich heute Abend überhaupt sehen würde.«
    »Dabei solltet Ihr ihn gar nicht sehen«, meldete Bôte sich erneut zu Wort. »Nicht bevor Ihr kirchlich gesegnet wurdet. Ihr könnt nicht bleiben, My Lord.«
    Lächelnd, aber mit zornig funkelnden Augen richtete Ivo sich auf. »Amme, wenn du so weitermachst, kannst du dir bald eine neue Herrin suchen. Willst du es darauf anlegen?«
    »Nein, My Lord«, antwortete Bôte ausdruckslos.
    »Dann halt den Mund! Ich werde jegliche Art von Buße tun, die der Priester mir auferlegt, aber ich werde auf keinen Fall vierzig Tage lang warten, bis ich meine Frau und mein Kind sehen darf. Und nun lass uns allein. Ich werde nicht lange bleiben, denn ich weiß selbst, dass

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