Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtkrieger

Nachtkrieger

Titel: Nachtkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Hendrix
Vom Netzwerk:
begann, geräuschvoll wie ein junges Ferkel daran zu saugen.
    »Braves Mädchen«, sagte Alaida leise. »Siehst du, dazu brauchen wir Bôte gar nicht. So hat sie mehr Zeit, dir etwas Hübsches zum Anziehen zu nähen und dir Geschichten zu erzählen.«
    Wie sollte er es fertigbringen, Beatrice mitzunehmen, wo Alaida sie doch schon so sehr liebte? Wie konnte er ihr zumuten, Mann und Tochter auf einen Schlag zu verlieren? Und wie konnte er selbst es ertragen, sie zu verlieren?
    »My Lord?«, fragte Alaida und sah ihn fragend an. »Stimmt etwas nicht?«
    »Nein, alles in Ordnung«, log er. Er setzte sich zu ihr aufs Bett, streichelte ihr über die Wange und musste daran denken, dass sie ihm diese Frage schon einmal gestellt hatte. »Mir fiel nur gerade auf, wie schön du bist, Alaida von Alnwick.«
    Alaida zog die Stirn in Falten. »Du machst mir Angst, wenn du mich so ansiehst – so als wolltest du den Anblick in deiner Seele bewahren.«
    »Das würde ich gern, bis in alle Ewigkeit«, sagte Ivo in dem schmerzlichen Bewusstsein, dass sein Kuss ein Abschiedskuss sein würde.
    »Schlaf gut, mein Herzblatt. Und träum von mir.« Er strich Beatrice über die Wange. »Du auch, meine Kleine. Trink ordentlich und dann schlaf, damit deine Mutter ein wenig zur Ruhe kommt.«
    »Kümmere dich gut um die beiden, Bôte«, sagte er und ging zur Tür. Auf dem Absatz blieb er stehen, um in die Halle hinunterzublicken und auf Merewyn zu warten.
    »Ari bleibt in der Nähe«, raunte er ihr zu, als sie neben ihn trat. »Er wird nach Sonnenaufgang hier sein.«
    Merewyn nickte. »Wenn seine unheilvolle Vision sich bewahrheitet, findet Ihr mich am vereinbarten Treffpunkt. Aber ganz ehrlich, My Lord, ich habe nichts Ungewöhnliches gespürt. Ich glaube, Ihr werdet morgen wieder hier bei Eurer Frau und Eurem Kind sein.«
    »Ich hoffe, du hast recht, Heilerin.«
Odin, Frigga, Thor, Freya und all ihr anderen Götter – lasst Merewyn recht haben, ich flehe euch an. Bitte lasst sie recht haben!

Kapitel 27
    D ie Stunde der Wahrheit war gekommen. Mit klopfendem Herzen beugte sich Merewyn über die Wiege und wartete auf den Sonnenaufgang.
    Hinter ihr schliefen Lady Alaida und die anderen Frauen tief und fest, dank einer Kräutermischung, die man dem Bier beigemischt hatte, um gebührend zu feiern, dass ein Kind gesund auf die Welt gekommen war. Auch in der Halle lagen alle in tiefem Schlummer. Dafür hatte Brand gesorgt. Sir Ari würde gegebenenfalls die Wachen ablenken. So war alles vorbereitet.
    Als der entscheidende Moment näher rückte, packte Merewyn hastig das Baby aus und zeichnete ihm mit den Fingern ein Schutzzeichen auf die Brust. Dann öffnete sie die Vorhänge und den Fensterladen für den Fall, dass das Adlerküken bereits flügge war. Dabei wiederholte sie stumm das Gebet, das sie die ganze Nacht bereits im Stillen gesprochen hatte. Sie bat die Mutter, die kleine Beatrice vor der Verwünschung zu schützen oder – sollte dies nicht möglich sein – zumindest denen beizustehen, die für sie sorgen mussten, und Lady Alaida ihr schweres Schicksal erträglicher zu machen.
    Der erste Sonnenstrahl erschien am Horizont, und Merewyn hielt den Atem an. Sie ließ Beatrice nicht aus den Augen, auf der Suche nach den ersten Anzeichen einer Feder oder eines Flügels und in Erwartung bitterlichen Geschreis, sobald der winzige Körper des Babys sich in den eines Adlerkükens verwandelte. Jeden Moment konnte es so weit sein.
    Beatrice bewegte sich und begann leise zu wimmern. Sie streckte die winzigen Ärmchen aus wie ein Vogel, der mit den Flügeln schlug. Merewyn stiegen Tränen in die Augen.
Bitte, Mutter! Das darf nicht geschehen!
Draußen wurde es heller, das Blau des Himmels strahlender und das Rosa der Wolken tiefer. Beatrice blinzelte ins Licht und zog die Ärmchen, die Fäustchen geballt, bis ans Kinn. Sie schniefte zweimal und schlief friedlich wieder ein. Kein Schmerzensschrei, keine Federn, keine Klauen.
    Verblüfft kniete sich Merewyn vor die Wiege und unterzog das Baby einer genauen Untersuchung. Finger, Zehen, Bauch, Rücken, das Köpfchen – alles schien normal. Ein gesundes, kräftiges Baby, ohne das geringste Zeichen des Bösen, daran änderte sich auch nichts, als die Sonne Felder und Wiesen in goldenes Licht tauchte und der erste Hahn zu krähen begann. Worte des Dankes kamen Merewyn stumm über die Lippen, während ihre Freudentränen auf das schlafende Baby tropften.
    Sie kniete noch immer vor der Wiege, als sie von

Weitere Kostenlose Bücher