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Nachtkrieger

Nachtkrieger

Titel: Nachtkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Hendrix
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hatte eine Tochter: eine leicht zerknautschte Miniaturausgabe von Alaida, mit kupferfarbenem Haar und rotem Gesichtchen – der Lohn für die Schmerzen, die ihre Mutter hatte ertragen müssen.
    Ivo starrte auf das Neugeborene in Merewyns Armen und hatte mehr Angst, als er jemals vor einer Schlacht gehabt hatte. Er hatte mit einem Jungen gerechnet, aber ein Mädchen? Wie sollte er ein kleines Mädchen im Wald aufziehen? Halb Tier, halb Mensch würde es seiner Tochter auf ewig versagt bleiben, unter ihresgleichen zu leben. Es wäre ein Segen, wenn das Kind gleich nach der Geburt sterben würde, aber wenn Aris Vision sich bewahrheitete, war sie ebenso unsterblich wie er selbst und seine Gefährten.
    »Sie ist gesund und kräftig, My Lord«, sagte Merewyn leise, und eigentlich hätte er sich darüber freuen sollen. »Möchtet Ihr sie einmal halten?«
    »Ich …«
Das kann ich nicht.
Er wagte es ja nicht einmal, sie zu berühren. »Erst möchte ich meine Frau sehen«, sagte er und schob sich an Merewyn vorbei.
    »Sie ist erschöpft, My Lord«, sagte Bôte und wickelte Alaida fester in die Felle. »Ihr solltet sie nicht stören.«
    »Du brauchst nicht solch einen Wirbel zu veranstalten, Alte«, sagte Alaida. »Ich bin kein bisschen erschöpft.«
    »O doch«, gab Bôte mit Bestimmtheit zurück. Sie sah Ivo vielsagend an und fügte hinzu: »Es ist ihr nur noch nicht bewusst.«
    »Verstehe. Ich will ja auch gar nicht lange bleiben.« Vermutlich fühlte Alaida sich so wie er nach einem Gefecht, erregt vom Kampf und euphorisch durch den Sieg, bis die Erschöpfung plötzlich über einen hereinbrach. Er beugte sich zu ihr hinunter und gab ihr einen Kuss. »Du schmeckst nach Tränen. War es so furchtbar?«
    »Nicht halb so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Aber als ich sie dann sah, musste ich einfach weinen. Ist sie nicht wunderbar?« Alaida strahlte ihn an. Sie schien umgeben von goldenem Glanz, und plötzlich verstand Ivo, warum die Mutter Gottes der Christen stets mit einem Heiligenschein gemalt wurde.
    »Ich kenne mich mit Kindern nicht so gut aus.«
    »Das wirst du schon lernen. Nun, da ich festgestellt habe, wie einfach es ist, möchte ich nämlich noch mehr«, sagte Alaida und streute damit, ohne es zu wissen, Salz in seine Wunde. »Merewyn, kannst du uns die Kleine bitte bringen.«
    Merewyn legte Alaida das winzige Bündel in die Arme. Obwohl sie so behutsam wie möglich war, wachte das Baby auf. Es gab ein paar leise Laute von sich und öffnete die Augen, die zu Ivos Überraschung blau waren.
    »Das Baby hat keine braunen Augen?«, fragte er. Er setzte sich auf die Bettkante, um sie genauer zu betrachten. »Der Haarfarbe nach dachte ich, sie wären braun, so wie deine.«
    »Alle Babys haben zunächst blaue Augen«, sagte Merewyn. »Die endgültige Farbe zeigt sich erst später. Aber so hell, wie ihre Augen sind, kann es gut sein, dass sie blau bleiben.«
    »Nein, sie werden grau, so wie die ihres Vaters. Und sie bekommt tausend Sommersprossen«, sagte Alaida. Mit einem Finger strich sie dem Baby über Nase und Wangen. »Hier, und hier und da, nicht wahr, mein Schatz? Aber darüber machen wir uns später Gedanken. Jetzt musst du erst einmal deinen
Papa
kennenlernen.« Sie drehte das Bündel ein wenig, so dass Ivo das Baby besser sehen konnte, und sagte: »My Lord, Eure Tochter: Beatrice.«
    Beatrice.
Hilflos betrachtete Ivo seine Tochter, die einen leisen Rülpser hören ließ, während ihr friedlicher Blick auf irgendetwas hinter ihm gerichtet war.
    »Ihr könnt sie ruhig auf Eure Arme nehmen, My Lord«, sagte Merewyn.
    »Aber … aber ich könnte ihr etwas brechen.«
    »Keine Sorge, das wirst du schon nicht«, sagte Alaida. »Hilf ihm, Merewyn.«
    »Ihr müsst sie so halten«, erklärte Merewyn. Sie nahm Ivos Arme und verschränkte sie zu einer Art Wiege. Als sie ihn berührte, spürte Ivo die Ruhe, die von ihr ausging. Brand hatte ihm bereits davon erzählt, und in diesem Moment empfand auch Ivo es als einen Segen. Dann legte Alaida ihm Beatrice in die Arme. Das Baby begann zu weinen, und instinktiv drückte Ivo es vorsichtig an sich und wiegte es. Beatrice wimmerte noch ein wenig, aber kurz darauf beruhigte sie sich und schmiegte ihr Köpfchen an seine Brust. In dem Moment war ihm, als hätte er schon immer gewusst, wie man eine Tochter in den Armen hielt.
    Eine Tochter.
Was immer auch geschehen würde, es war seine Tochter. Er ging hinüber zum Feuer, damit Beatrice es warm hatte und damit keine der Frauen sah,

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