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Nachtkrieger

Nachtkrieger

Titel: Nachtkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Hendrix
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für weniger bereits die Zunge abgeschnitten hätten.
    Wie versteinert saß Alaida an Ivos rechter Seite – so wie jeden Abend: reserviert, höflich und schweigsamer, als er jemals für möglich gehalten hätte. Obwohl es ihm angesichts ihrer frostigen Art leichter fiel, sich von ihr fernzuhalten, fragte er sich, wie lange es so weitergehen sollte. Mittlerweile hatte er sich wieder im Griff, und so war es an der Zeit, die Angelegenheit mit Wat aus der Welt zu schaffen und seine Frau ein wenig zu besänftigen.
    Kaum hatte Alaida den letzten Bissen hinuntergeschluckt, erhob sie sich und winkte Bôte und Hadwisa herbei. »Ich werde mich zurückziehen,
Monseigneur.
«
    »Hervorragend. Brand und ich werden dich begleiten.« Ohne auf ihr verärgertes Stirnrunzeln einzugehen, winkte Ivo den Haushofmeister herbei. »Geoffrey, lasst unsere Stühle nach oben bringen und leistet uns Gesellschaft, gemeinsam mit Oswald und Wat.«
    Alaida sah den Reeve derart mitfühlend an, das Ivo sie am liebsten geschüttelt hätte. Mit einem Kopfnicken bedeutete er Bôte und Hadwisa, ihnen zu folgen, und nahm Alaidas Hand: »Komm, Frau. Wir werden einen amüsanten Abend verbringen.«
    Wortlos ließ Alaida sich von Ivo hinaufführen. Doch anstatt neben ihm am Feuer Platz zu nehmen, setzte sie sich an ihren Stickrahmen. Bôte und Hadwisa setzten sich neben sie, während Brand, Geoffrey und Oswald sich um Ivo sammelten. Wat blieb unschlüssig an der Tür stehen.
    »Setzt Euch, Reeve«, sagte Ivo.
    »Jawohl, My Lord.« Wat zog sich einen Stuhl heran und plazierte ihn hinter Oswald – in sicherem Abstand zu Ivo, was diesem keineswegs entging.
    »Wie alle bereits wissen, wünscht der König, dass auf Alnwick eine Burg errichtet wird«, begann Ivo. »Nun stellt sich die Frage, wo sie am besten stehen sollte. Ari sagte, ihr drei wäret euch darüber noch nicht einig.«
    »Aye, wir sind geteilter Meinung«, sagte Oswald. »Geoffrey ist für die Kuppe. Wat und ich halten es für besser, sie gleich neben den Herrenhof zu bauen.«
    »Warum das?«
    »Wegen des Brunnens, My Lord. »Es ist nämlich so …«
    »Wegen des Brunnens?«, rief Alaida und sah von ihrer Stickarbeit auf. »Ihr werdet doch wohl nicht an diese alte Mär glauben, Oswald!«
    »Das tut er allerdings, My Lady«, sagte Geoffrey und warf Oswald einen triumphierenden Blick zu.
    Die ohnehin stets geröteten Wangen des Marschalls wurden noch röter. »Es mag eine alte Geschichte sein, aber ich habe genug gesehen und gehört. Ich würde sie nicht so einfach von der Hand weisen, die meisten der Dorfbewohner würden es übrigens auch nicht.«
    »Warum sollte Lord Ivo seine Entscheidung davon abhängig machen, was die Leute sich in ihren Cottages so erzählen?«
    »Weil er davon ausgeht, dass sie nicht weniger klug sind als ein Haushofmeister«, sagte Ivo, dem Geoffreys gönnerhafter Ton nicht gefiel. »In den meisten Fällen ist an ihren Geschichten etwas dran.«
    »Aber hier geht es doch lediglich darum, Kindern Angst einzujagen,
Monseigneur,
damit sie sich von dem Brunnen fernhalten und nicht hineinfallen und ertrinken«, sagte Alaida und fügte mit einem Seitenblick zu Bôte hinzu: »Aus genau diesem Grund hat meine Amme mir die Geschichte auch immer erzählt.«
    »Dann kennst du die Geschichte also, Bôte?«
    »Aye, My Lord. Die kennt hier in Alnwick ja wohl jeder, und manche Leute glauben fest daran.«
    »Dann würde ich sie gern hören, bevor ich eine endgültige Entscheidung treffe«, sagte Ivo und fragte an die gesamte Runde gerichtet: »Was hat es mit diesem Brunnen auf sich?«
    Oswald und Geoffrey warfen sich einen Blick zu. Letzterer hob abwehrend die Hände und schüttelte den Kopf. »Ich werde diesen Unsinn trotzdem nicht glauben.«
    »Es ist kein Unsinn«, rief Wat und fügte hastig hinzu: »My Lord.«
    »Demnach gehört Ihr auch zu denen, die die Geschichte glauben?«, fragte Ivo. Als Wat bestätigend mit dem Kopf nickte, sagte er: »Dann erzählt Ihr die Geschichte.«
    »Nicht doch, My Lord …«, setzte Geoffrey erneut zu einem Einwand an.
    »Sich die Geschichte anzuhören wird wohl kaum schaden«, sagte Ivo. »Fangt an, Wat!«
    Mit einem Blick, als wünsche er sich einmal mehr, er hätte den Mund gehalten, sah Wat Oswald an, der ihm mit einem Kopfnicken bedeutete zu sprechen. So begann der Verwalter zögernd: »Ich erzähle es nicht gern, My Lord. Auch mein Vater spricht so gut wie nie darüber, um nicht das Böse heraufzubeschwören.«
    »Wenn Bôte mir die Geschichte

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