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Nachtkrieger

Nachtkrieger

Titel: Nachtkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Hendrix
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erzählte, geschah nichts dergleichen«, sagte Alaida. »Seid so gut, Wat! Erzählt, und sei es auch nur, um mir eine Freude zu machen. Es ist eine spannende Geschichte, und ich habe sie seit Jahren nicht mehr gehört.«
    »Aber, My Lady …«
    Ivo lehnte sich zurück. Er streckte die Beine aus und schlug einen Fuß über den anderen. »Nun ist der
richtige
Zeitpunkt, um den Mund aufzumachen, Verwalter.«
    Trotz seines Blutergusses lief Wat dunkelrot an, was ihm das Aussehen einer überreifen Pflaume verlieh. »Aye, My Lord.« Er nickte Alaida zu und begann: »Vor langer Zeit, noch vor König Alfred, gab es ein riesiges, schreckliches Ungeheuer.«
    »Welche Art Ungeheuer?«, unterbrach Ivo ihn.
    »Das weiß ich nicht, My Lord. Aber es heißt, es war furchterregend, ein weibliches Ungeheuer, das Unheil über das gesamte angelsächsische Königreich brachte, bis ein tapferer Ritter namens Sir Egbert aus dem Norden auf einem geflügelten Pferd herbeigeritten kam. Er nahm den Kampf gegen das Ungeheuer auf und streckte es nieder. Aye, dann riss er ihm das Herz aus dem Leib, aber das Tier lebte immer noch.«
    Trotz seiner anfänglichen Zurückhaltung schien Wat nun selbst ganz gebannt. Ivo musste an alte Zeiten denken, als er mit seinen Gefährten um ein Feuer herumgesessen und Aris Geschichten gelauscht hatte. Er sah, dass Brand dem Raben einen Blick zuwarf, der keinen Zweifel daran ließ, dass auch er sich mit Wehmut daran erinnerte.
    »Das Tier stand wieder auf und lief davon, und Sir Egbert verfolgte es hügelaufwärts und hügelabwärts quer durchs ganze Land, bis es eine Höhle in der Erde fand und darin verschwand. Als Sir Egbert sah, dass das Tier in der Falle saß, verschloss er die Höhle mit einem riesigen Stein, so schwer, dass niemand ihn je würde wegrücken können. Er versah ihn mit Zeichen, auf dass es auch niemand jemals versuchen würde.«
    »Der Stein mit den Bildern«, meldete Alaida sich mit leuchtenden Augen zu Wort. »Ich habe sie selbst gesehen.« Sie legte die Nadel zur Seite und rückte mit ihrem Stuhl näher an die anderen heran. Obwohl Ivo bewusst war, dass sie es tat, um Wat besser zuhören zu können, war er froh, sie an seiner Seite zu haben. »Ich habe mir das Tier immer als einen Drachen vorgestellt. Einen riesigen roten Drachen mit feurigen bernsteinfarbenen Augen. Schön anzusehen, aber todbringend, so wie ein weibliches Ungeheuer nun einmal sein sollte.«
    Alaida strahlte Wat an, und dieser glühte vor Eifer ebenso wie sie.
    »Vielleicht war es ja ein Drache, My Lady, vielleicht auch nicht. Was auch immer es war, sein Herz schlug noch immer in Sir Egberts Hand. Dieser beschloss, es den Fischen im Meer zum Fraß vorzuwerfen.« Wat holte aus, um ein imaginäres Herz in ein ebenso imaginäres Meer zu werfen. »Doch der Wurf war nicht weit genug, und so landete das Herz in Alnwick, das damals nur aus ein paar Cottages bestand. Dort schlug das Herz ein tiefes Loch in den Boden, aus dem eine Quelle sprudelte, die so sauberes Wasser spendete, dass man sogleich einen Brunnen baute, um es aufzufangen. Sir Egbert nannte man einen Helden und überhäufte ihn mit Gold und Silber, und der damalige Lord, dessen Name Bisbright war, gab ihm seine Tochter zur Frau. Sir Egbert hob sie auf sein geflügeltes Pferd und ritt mit ihr davon.«
    »Ein Mann ganz nach meinem Geschmack«, sagte Brand. »Das Ungeheuer erledigen, sich die Frau schnappen und aus dem Staub machen.«
    Alle mussten lachen. Wat wartete, bis es wieder still wurde, und erzählte weiter:
    »Alles war gut, bis zum nächsten Vollmond. Dann nämlich begann der Hügel von Alnwick zu beben, und seltsame Geräusche schallten aus dem Brunnen herauf. Die Menschen gerieten in Panik und schrien Lord Bisbright zu, er solle sie retten. Als dieser sah, was vor sich ging, schickte er einen Priester auf den Hügel, der um Hilfe beten sollte. Doch der Priester war feige und ohne wahren Glauben, und er kehrte schreckensbleich zurück und lief davon.
    Daraufhin schickte Lord Bisbright eine weise Frau, eine Heilerin der alten Weise, die im nahe gelegenen Wald lebte. Drei Tage und drei Nächte blieb sie auf dem Hügel. Als sie schließlich wieder herunterkam, sagte sie Lord Bisbright, dass das Ungeheuer durch die Erde gekrochen sei, um sein Herz zu suchen, den ganzen Weg von der Höhle aus, in der es verschwunden war. Weiter sagte die Frau, dass Alnwick nur sicher sei, wenn Lord Bisbright seinen Herrensitz an der Stelle errichtete, wo sie ihren Stab in den

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