Nachtkuss - Howard, L: Nachtkuss - Burn
Schmerzensschreie.
Noch nicht.
Er spazierte in die verlassene Küche und an den Anrichtetischen vorbei. Als der Alarm losgegangen war, hatten die Passagiere gerade gegessen oder noch auf ihr Essen gewartet. Die Besatzung war auf das Sirenenheulen hin aus der Küche geeilt. Der Grill war abgestellt worden, aber niemand hatte sich noch die Mühe gemacht, das Essen wegzustellen, und es war auch niemand im Gastraum sitzen geblieben war, um seinen Teller leer zu essen.
Es würde nicht besonders würdevoll sein, in einer Vorratskammer zu sterben, aber letztendlich machte das keinen Unterschied. Außerdem war es hier wenigstens still. Hier gab es keinen Durchgangsverkehr. Hier konnte er in Ruhe sein Leben beenden.
Die Kopfschmerzen, die vor einer Weile nachgelassen hatten, meldeten sich mit Gewalt zurück und durchbohrten seinen Kopf wie mit Eisennägeln. Gott sei Dank waren wenigstens die Sirenen verstummt.
Er wusste, was in solchen Notfällen geschah. Und nachdem die Sache nicht wie geplant verlaufen war, hatte der Kapitän ohne jeden Zweifel die Küstenwache benachrichtigt. Wie schnell würde Hilfe eintreffen? Höchstwahrscheinlich nicht in den nächsten dreiundzwanzig Minuten. Er sah kurz auf seine Uhr. Zweiundzwanzig, genauer gesagt. Der Pazifik war ein riesiger Ozean, auf dem endlose Meilen zurückgelegt werden mussten, bevor jemand die dahintreibende Silver Mist erreichte.
Gut, es würden mehr Menschen überleben, als er geplant hatte. Trotzdem würden es bei diesem Tempo nicht alle in die Rettungsboote schaffen. Diese Idioten gerieten in Panik und vergeudeten dadurch kostbare Zeit. Er fragte sich, wie die Dinge unter Deck standen. War Isaac von
der Explosion zerfetzt worden? War er tot? Verwundet? Ahnte er, dass sein Arbeitgeber dahintersteckte? Er konnte sich ausmalen, wie überrascht die Männer von der Security sein mussten, die immer von einem Raubzug ausgegangen waren und keine Ahnung von seinem Masterplan gehabt hatten.
Jahrelang hatte Larkin alles, was er angefasst hatte, erfolgreich zu Ende geführt. Er hatte Deals zum Abschluss gebracht, er hatte die Politik und die Finanzwelt gelenkt, er hatte Waffenverkäufe eingefädelt, die sich weltweit ausgewirkt hatten. Was war in diese Scheißwelt gefahren, ihm seinen geplanten Selbstmord derart zu vermasseln?
Er sah noch einmal auf die Uhr. Einundzwanzig Minuten.
Jenner blieb in Caels Nähe, achtete dabei aber darauf, ihm nicht im Weg zu sein. Sie sagte kein Wort, als Ryan zu ihnen stieß und Cael mitteilte, dass Faith das Schiff schon verlassen hatte und in einem der ersten zu Wasser gelassenen Rettungsboote saß. Und er vergeudete keine Zeit damit, ihr vorzuhalten, dass Faith im Gegensatz zu ihr kooperiert hatte.
Vielleicht würde er das später nachholen.
Kapitän Lamberti entdeckte die beiden Männer in der Menge. Sein aristokratisches Gesicht zeigte Entschlossenheit. »Die Küstenwache wurde informiert«, sagte er. »Jedes Schiff in diesem Teil des Ozeans wird, soweit möglich, zu unserer Rettung kommen.« Niemand wusste, welche Schiffe in der Nähe kreuzten: Fischerboote, Frachter, andere Kreuzfahrtschiffe. Das Problem war, dass im Moment keines wirklich nahe war. So würde kostbare Zeit vergehen, bis Hilfe eintraf. Lamberti drängte voran. Gut, die Bomben hatten das Schiff nicht versenkt, wie eigentlich
beabsichtigt, aber es waren schon Menschen gestorben - und er wusste noch nicht, wie hoch der Blutzoll war. Das wusste niemand.
Nachdem der Kapitän weitergeeilt war, steckten Cael und Ryan die Köpfe zusammen. »Wir müssen Sanchez finden«, sagte Cael.
»Wenn er unten war, als die Bomben hochgingen…«, setzte Ryan an und verstummte dann achselzuckend. Sie wussten nicht, wo er sich aufgehalten hatte. Das Security-Personal konnte sich zum Zeitpunkt der Explosion überall auf dem Schiff befunden haben, und niemand wusste, welche Aufgabe Sanchez zugewiesen bekommen hatte. Larkin war ebenfalls abgetaucht, genau wie Tiffany, die sich an seine Fersen geheftet hatte. Matt und Bridget waren beide unter Deck gewesen, als die Bombe detoniert war, und nachdem der Funkmast ausgefallen war, konnten sie keine Verbindung zu ihnen aufnehmen.
Cael drehte sich kurz zu ihr um, und sie sah das Flehen in seinem Blick.
»Ich gehe erst, wenn du auch gehst«, antwortete sie sanft, aber bestimmt.
Ein ihr bekanntes Paar lief in Abendkleidung und Rettungswesten vorbei. Die zwei waren ihr so nahe, dass sie Jenner fast berührt hätten, aber beide sahen sie nicht
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