Nachtkuss - Howard, L: Nachtkuss - Burn
Sie hielt nach Penny und Buttons Ausschau, konnte die beiden aber nirgendwo in der Menge entdecken. Hatte sie ihre Freundinnen schon verpasst, oder warteten sie noch in der Kabine? Die arme Nyna lief bestimmt schon ganz aufgelöst auf dem Oberdeck herum. Linda merkte, wie sie allmählich in Panik geriet. Ausgerechnet jetzt war sie allein!
Sie ging immer weiter nach unten, kam aber nur
schrecklich langsam vorwärts, weil sie sich zwischen den flüchtenden Passagieren durchkämpfen musste. Viele versuchten sie zu überreden, mit ihnen nach oben zu fliehen, aber sie schüttelte immer nur den Kopf und hielt an ihrem Kurs fest. Sobald sie ihre Freundinnen gesehen hatte, würde sie liebend gern umkehren und sich bei der Musterstation melden. Musterstation drei, das wusste sie noch. Sie wusste nur nicht mehr, wo die war …
Sie quetschte sich an einem hysterischen Paar vorbei und huschte in einen Kabinengang, wo sie endlich durchatmen konnte und aus dem Gedränge heraus war. Das war doch das Deck, auf dem Pennys und Buttons Kabine lag, oder? Die meisten Passagiere waren bereits geflohen, nur ein Paar kam ihr im Gang entgegen. Linda lief bis zur Gangmitte, dann blieb sie stehen. Sie ging bestimmt in die falsche Richtung. Der Lift, den sie sonst immer nahm, hätte sie woanders im Kabinengang abgesetzt.
Linda stand ratlos im Gang, als eine eisige Kälte ihren Körper durchschoss. Ihr Nacken kribbelte wie unter einem kalten Hauch. Ein Mann flüsterte ihren Namen, sie drehte sich um und wusste genau, dass sie, obwohl das unmöglich war, Wayne dort stehen sehen würde. Sie rief sogar nach ihm, hielt erwartungsvoll den Atem an, und im selben Moment riss ein ohrenbetäubender Schlag sie von den Füßen, wirbelte sie in die Luft, schleuderte sie wieder zu Boden und presste ihr die Luft aus den Lungen. Nein, sie hatte sich nicht getäuscht.
»Wayne …«
Ohne jegliche Vorwarnung schoss Larkin auf Mills. Tiffany drehte sich um und sah, wie der Irre etwas aus seiner Tasche zog. Einen Fernzünder. Scheiße! Er drückte mit dem Daumen auf den Knopf, und nach wenigen Augenblicken,
höchstens ein paar Sekunden, erbebte das Schiff; unter ihnen ertönte ein beängstigendes Wummern. Die Sirenen heulten ein paar Sekunden weiter, dann verstummten sie. Die Lichter in der Bar flackerten und gingen aus, und gleich darauf schaltete sich die Notbeleuchtung ein.
Larkin zielte mit seiner Waffe auf sie und drückte ab. Instinktiv duckte sie sich, ließ sich zu Boden fallen und machte sich so klein wie möglich, während sie Deckung suchte. Hatte er sie getroffen? Schoss er auf sie, weil sie beobachtet hatte, wie er die Fernzündung ausgelöst und Mills erschossen hatte?
Bald begriff sie, dass er nicht auf sie, sondern auf jeden in der Bar schoss. Den Barkeeper. Einen älteren Mann, der die Sirenen bis zum Augenblick der Explosion störrisch ignoriert hatte. Ein Mitglied der Besatzung, das versucht hatte, alle aus der Bar zu schaffen. Ein Pärchen, das gerade noch völlig gelassen gewirkt hatte und jetzt unter Schock stand.
Eine dunkelhaarige, untersetzte Frau taumelte direkt neben Larkin durch die Seitentür in die Bar. Sie hatte geweint; der Rock ihres langen schwarzen Kleides war zerrissen, als wäre sie auf die Knie gestürzt. »Ich suche meinen Mann«, schluchzte sie. Larkin drehte sich zu ihr um und feuerte. Auf ihrer Stirn stand plötzlich ein kleines schwarzes Loch. Ihr Kopf ruckte zurück, sie kippte um, und Larkin stieg seelenruhig über ihren Leichnam, um durch die Seitentür zu verschwinden.
Um sie herum standen alle unter Schock, kreischten oder erstarrten, als würden sie gleich in Ohnmacht fallen, aber Tiffany reagierte. Sie holte ihr Handy heraus, steckte es in ihren BH und rannte los. Neben Mills ging sie in die Hocke und griff nach der Waffe, die er immer bei sich trug, wie sie inzwischen wussten.
Er war noch nicht tot, aber ihm blieb nicht mehr viel Zeit. »Warte«, hauchte er.
»Schätzchen, für dich kann ich nichts mehr tun«, erklärte ihm Tiffany ohne jedes Mitleid. Mills hatte sich für die falsche Seite entschieden, und dafür musste er jetzt bezahlen.
»Ich weiß, aber … es gibt noch mehr.« Seine Stimme war kaum noch zu verstehen.
»Mehr Verschwörer? Mehr Bomben?«
»Beides.«
Sie griff nach ihrem Handy und versuchte Cael anzurufen, aber sie hatte keinen Empfang mehr. Sie glaubte nicht, dass der Sendemast selbst beschädigt worden war, aber die Bomben unter Deck hatten beträchtlichen Schaden
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