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Nachtleben

Nachtleben

Titel: Nachtleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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hören. Als es still wurde und sich die Köpfe in meine Richtung drehten, bekam ich Herzrasen. Ich schluckte. Ähnlich hatte es sich angefühlt, als ich in der siebten Klasse im Deutschunterricht ein Gedicht hatte aufsagen müssen. Meine Knie wurden weich und mein Mund trocken. Ich konnte mein mattes Spiegelbild in all den Augen sehen, die sich auf mich richteten, ohne mich auch nur in einem wirklich wiederzuerkennen. Die Zehen in meinen Stiefeln streckend, atmete ich tief ein.
    »Einlassstopp«, sagte ich. »Eine Stunde. Bis vier.«
    »Es ist gerade mal zwei«, rief jemand aus der Schlange zurück und es wurde gekichert.
    »Das … das entscheidet sich dann«, sagte ich leiser. Einige der Leute sahen sich fragend an, und ich schielte in Tommasos Richtung, der grinsend bei Ayhan stand, anerkennend nickte und den Daumen in die Luft streckte, als er meinen Blick bemerkte. Die Schlange löste sich auf, und die Leute schlurften zu ihren Autos oder verteilten sich vor dem Laden.
    Flavio kam zu mir und zog die Nase hoch.
    »Geht doch«, sagte er. »Merkst du das Zeug?«
    »Keine Ahnung.«
    Flavio lachte. »Wie? Keine Ahnung? Alter, das macht total
brrrrrt
im Hirn. Merkst du das nicht?
Brrrrrt
! Ich bin hellwach. Voll wie so’n Koffeinflash. Und du hast total den Gesichts-Günther.«
    »Was habe ich?«
    »Du bist schon die ganze Zeit am Kauen und ziehst die Nase hoch. Und deine Pupillen sind winzig. Das kommt von dem Zeug.«
    »Moinsen!«
    Vor uns stand ein Kerl mit blondiertem Kurzhaarschnitt und Augenbrauenpiercing.
    »Einlassstop«, sagte ich.
    »Das is’ jetzt nicht dein Ernst, oder?«
    »Tut mir leid.«
    |163| »Ey, ich muss da rein, meine Freundin ist da drin.«
    Einen Moment lang sah ich ihn unschlüssig an, sagte dann aber, ohne mich zu Tommaso umzudrehen, um mir seine Zustimmung zu holen: »Tut mir leid, zum einen ist Einlassstopp, zum anderen bist du auch schon zu betrunken für den Laden.«
    »Hä?«
    »Ich kann dich in dem Zustand sowieso nicht reinlassen, tut mir leid. Komm nächstes Wochenende noch mal nüchtern vorbei, okay?«
    Ein ungläubiges Grunzen von sich gebend, schüttelte der Kerl den Kopf.
    »Verarschst du mich?«
    Speed sickerte in meinen Rachen, als ich die Nase hochzog. Mit einem Mal spürte ich die Wirkung. Als hätte ich mir einen Cowboyhut aufgesetzt.
    »Ey, ob du mich verarschst, habe ich dich gefragt?«, wiederholte der Kerl.
    »Pass auf«, hörte ich mich sagen. »Hier gibt’s jetzt keine große Diskussion. Wir sehen uns nächstes Wochenende. Okay?«
    »Nee«, sagte er. »Nee, voll nicht okay. Spinnst du? Ey, meine Freundin ist da drin. Ich war auch schon drinnen. Du lässt mich da jetzt rein, oder du hast echt ’n Problem. Ich bin hier jedes Wochenende.«
    »Hast du nicht gehört, was mein Kollege gesagt hat?«, ging Flavio dazwischen. »Heute is’ nicht. Kannst gleich den Sittich machen, Freundchen.«
    »Ey«, stammelte der Kerl und sah an mir vorbei in Tommasos Richtung.
    Weil ich beweisen wollte, dass ich mit der Situation alleine klarkam, hatte ich mich noch immer nicht zu den anderen umgedreht.
    »Ich war da gerade schon drinnen, und jetzt will ich zu meiner Freundin, ihr Penner.«
    |164| »Dann zeig mal deinen Stempel. Kann ich den mal sehen?«, fragte ich.
    »Nee! Nee kannste nicht«, nölte er und bohrte seine Hände in die Hosentaschen.
    »Wir klären das jetzt ganz ruhig«, sagte ich. »Komm mal hier rüber.«
    Als ich den Kerl greifen und ein Stück zur Seite ziehen wollte, machte er einen Satz zurück und riss seinen Arm weg. »Ey, wenn du Scheißtürsteher mich anpackst, rufe ich die Bullen!«
    »Jetzt mach mal nicht gleich so ’ne Thermik«, versuchte ich, die Situation zu entschärfen. »Komm mal bitte hier rüber.«
    »Nee, komme ich nicht.«
    Er sah sich um. »Torsten? Ey, Torsten, komm mal.«
    Ein glatzköpfiger Hüne im Muscle-Shirt stieg aus einem Auto, und als er sich uns näherte, schien es hinter ihm auf Matchbox-Größe zu schrumpfen. Flavio stand konzentriert neben mir. Als ich zu Tommaso und den anderen schielte, waren sie verschwunden.
    »Die zwei Idioten wollen mich nicht reinlassen«, sagte der gepiercte Kerl zu dem Hünen.
    »So«, sagte der herausfordernd und blähte seinen Brustkorb auf.
    »Also«, setzte ich an, »wenn du nächstes Wochenende nüchtern kommst, ist das alles kein Problem.«
    »Ich bin gar nicht besoffen. Hier«, maulte er, breitete die Arme aus und balancierte auf einem Bein. »Guck!«
    »Für unseren Laden bist du leider zu betrunken.

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