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Nachtleben

Nachtleben

Titel: Nachtleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Knackarsch und tiefem Dekolleté vor mir stand. Anders als Flavio, der ohne Rücksicht auf Verluste losflirtete, geriet ich bei der Vorstellung, sie zu berühren und dabei zu aufdringlich zu wirken, ins Schwitzen. Ich war überrascht, wie viele der Frauen von sich aus anfingen, mit mir rumzuschäkern.
     
    Die Stunden vergingen ereignislos, aber gerade als das Ganze einschläfernd zu werden drohte, kam Lars zu uns nach vorne.
    »Die Apotheke hat wieder geöffnet«, sagte er.
    Tommaso stöhnte. »Flavio, Rick: Kommt mal mit. Ayhan und Tobi, ihr bleibt hier.«
    »Wie?«, fragte Lars. »Mit den beiden willst du das klären?« Aber Tommaso war schon im Eingangsbereich verschwunden. Lars setzte sich kopfschüttelnd in Bewegung, und wir folgten den beiden durch die Schwingtür in den Discobereich. Aus den Boxen dröhnte ein Top-Ten-Hit. Die Leute grölten mit und wedelten mit den Armen, auch auf der Flaniermeile wurde getanzt. Ellenbogen voran, drängelte sich Flavio durch die Masse, und ich folgte ihm durch eine Schneise von fluchenden und motzenden Gästen. Schließlich kamen die Toiletten in Sicht. Vor der Tür blieb Tommaso stehen.
    »Was ’n eigentlich los?«, fragte Flavio und trippelte von einem Bein aufs andere, als würde er sich fürs Trainieren warm machen.
    |155| »Der Apotheker ist wieder da«, sagte Lars, aber wir verstanden nicht.
    »Irgendein Dealer, der hier seit ein paar Wochen sein Zeug verkauft«, erklärte Tommaso und fragte dann Lars: »Wer ist gerade alles drinnen?«
    »Arne hat sich in die Klokabine rechts außen gesetzt, um denen zuzuhören. In der mittleren hockt der Typ, und seit ’ner Viertelstunde kommen immer wieder irgendwelche Leute zu ihm rein.«
    In dem Moment wollte jemand auf die Toilette, aber Lars versperrte ihm den Weg: »Wasserrohrbruch. Geh mal draußen irgendwo hin.« Der Kerl zog ab.
    »Also«, sagte Tommaso, »ich gehe vor und klopfe an die Kabine. Lars, Flavio: Ihr bleibt ein Stück hinter mir. Rick, du bleibst bei der Tür.« Wir brummten zustimmend. »Seine Kunden schmeißen wir einfach raus, Hausverbot, die sind mir egal, aber den Dealer holen wir uns ins Büro. Wenn jetzt gleich Unbeteiligte auf dem Klo sind: sanft rausbefördern. Capito?«
    Damit sah er in die Runde, als würden wir losziehen, um einen strategisch wichtigen Brückenkopf zurückzuerobern, und stieß die Tür auf. Es war niemand zu sehen. An der Wand links von uns, weiß gefliest wie der gesamte Raum, gab es sechs Pissoirs, keine zwei Meter vor uns waren drei Klokabinen. Links und rechts neben der Tür, durch die wir eingetreten waren, befanden sich Waschbecken. Einer der Hähne war nicht anständig zugedreht, und ein dünner Strahl Wasser plätscherte in den Abfluss. Hinter mir fiel die Tür zu, und die Partygeräusche erstickten wie unter einer Wolldecke.
    Leise näherte sich Tommaso der mittleren Kabine, lauschte, klopfte dann mehrmals mit den Knöcheln dagegen und bellte: »Feierabend!«
    Keine Reaktion.
    »Kommt mal raus, dann gibt’s auch keinen Ärger. Können wir alles ohne die Bullen klären.«
    |156| Türkisches Gemurmel drang aus der Kabine, dann fragte eine andere Stimme gezischt auf Deutsch: »Was?«
    Stille.
    Flavio und Lars stellten sich dicht hinter Tommaso.
    »Jungs, ihr solltet da jetzt echt rauskommen«, sagte der, »das macht’s gerade alles nicht besser.«
    Über der Tür der rechten Kabine tauchte Arnes Kopf auf. Offenbar war er auf den Klodeckel gestiegen und linste nun zu dem Dealer und seinen Kunden, riss alarmiert die Augen auf und sah zu mir herüber. Flavio und die anderen hatten ihn noch nicht bemerkt.
    »Ksss«, machte ich, und als sie sich zu mir umdrehten, nickte ich in Arnes Richtung. Daraufhin signalisierte der mit den Fingern, dass sich drei Leute in der Kabine befanden, und machte anschließend eine Handbewegung, als würde er mit einem Butterfly-Messer herumfuchteln. Tommaso verdrehte die Augen.
    »Ey, Jungs. Denkt mal nach. Ihr versteckt euch gerade auf einem Klo. Seid ihr nicht ganz dicht? Mal ganz entspannt bleiben, und …« – »Vorsicht!«, rief Arne. Im selben Moment wurde die Klotür nach innen aufgerissen, und ein bleicher Milchbubi im fliederfarbenen Poloshirt mit grünem Hip-Bag wurde herausgeschubst. Einen erschrockenen Laut von sich gebend, stolperte er in Tommasos Arme, aber der schob ihn von sich weg und warf sich mit der Schulter gegen die Tür. Die Türken stemmten sich von innen dagegen. Flavio nahm den Bubi in den Polizeigriff, als hätte er sein

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