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Nachtmahl im Paradies

Nachtmahl im Paradies

Titel: Nachtmahl im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bennett Ben
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Als eine Art Negativ einer Fata Morgana, die Verdurstende in der Wüste hatten, bevor es endgültig mit ihnen zu Ende ging. Dass er möglicherweise doch mehr von dem kleinen Unfall zurückbehalten hatte, als er sich selbst eingestehen wollte – eine schwere Gehirnerschütterung zum Beispiel. Doch danach sah es momentan nicht aus. Leider.
    »Dann sind Sie also …«
    Die Person, deren Stimme und Antlitz Jacques mit einem goldgelb wogenden Kornfeld in Verbindung brachte, und er setzten im selben Atemzug zu sprechen an, kaum hatte er die letzte Treppenstufe genommen. Ihre Worte überlappten sich, als wären sie ein perfekt abgestimmtes Duo. Ein Umstand, der Gustave, der wie ein guter, alter Freund an ihrer Seite posierte, ein breites Grinsen entlockte.
    »… die berühmte Koch?«
    »… der Business Angel?«
    Auch im Gesicht der Frau las Jacques nun Widerwillen, wenn nicht gar Entsetzen. Für eine, aber auch wirklich nur eine Sekunde lang wurden sie zu Verbündeten: Ihr Gesicht drückte exakt das aus, was er fühlte!
    »Catherine ist Amerikanerin«, lobte Gustave, als wäre allein die Zugehörigkeit zu einer fremden Nation eine Spitzenleistung.
    Niemals! Unter keinen Umständen!, fuhr es Jacques durch den Kopf. Das habe ich nicht mit Daumendrücken gemeint vorhin, Elli! Für eine Sekunde lang befürchtete er, den Satz im Eifer des Gefechts laut ausgesprochen zu haben.
    Was bei dieser Lady künftig auf der Karte stehen würde, konnte er sich schon denken: amerikanischer Landwein in zwei Sorten – Coke und Pepsi –, dazu frittierte Froschschenkel, zwischen zwei Brötchenhälften gequetscht. Gott bewahre! Dann lieber mit wehenden Fahnen untergehen! Er konnte sich noch allzu gut erinnern, wie er sich im letzten Winter über diese schreckliche Fast-Food-Kette Quick aufgeregt hatte, die sich zu Weihnachten doch tatsächlich erdreistet hatte, einen Hamburger mit Gänsestopfleber anzubieten. Vermutlich war ihnen diese Delikatesse sogar noch aus den Händen gerissen worden. Es war nun einmal leider Gottes so, dass die meisten Leute da draußen bedauerlicherweise Schwachmatiker waren – sie stopften alles in sich hinein, was neu und aufregend klang und billig war.
    Jacques bedauerte es zutiefst, den schwarzen Anzug bereits ausgezogen zu haben. Was um Himmels willen hatte ihn dazu getrieben und ihn glauben lassen, dass seine jahrelange Pechsträhne mit einem einzigen fröhlichen Paukenschlag vorbei war? Die Wahrheit war: Sie würde nie enden. Erst jetzt, nach diesem neuerlichen Tiefschlag, erkannte er die erschütternde Tragik seines Lebens in ihrem ganzen vernichtenden Ausmaß.
    »Wollen wir uns setzen?«, schlug Gustave vor und blickte zuerst Catherine und dann Jacques fragend an, der noch mit einer Hacke den Kontakt zur Treppe sicherte.
    Elli, steh mir bei!, flehte er stumm.
    »Himmel!« Da war es wieder, dieses Stechen in der Brustregion, das in den vergangenen Monaten in einer Regelmäßigkeit wiederkehrte, wie es die Gäste des Paris leider Gottes nicht mehr zu tun pflegten. Sofort bildete sich ein feiner Schweißfilm auf Jacques’ Stirn.
    »Geht es dir gut?«, fragte Gustave besorgt.
    Die Person – diese Catherine – blickte Jacques an, als befürchte sie, er könne jeden Moment das Zeitliche segnen und ihr das Restaurant kampflos überlassen. Da hast du dich getäuscht!, schwor Jacques leise bei sich und schenkte ihr einen vernichtenden Blick.
    »Mir … geht es hervorragend. Es könnte nicht besser sein!«, brachte er mit gespielter Leichtigkeit heraus. »Setzt euch doch schon hin, ich muss nur noch mal kurz nach oben, hab was vergessen. Bin sofort wieder da.«
    Ohne seinen Überraschungsgästen weiter Notiz zu schenken, wandte Jacques sich abrupt um und marschierte im Stechschritt die Treppe hinauf, zurück in seine Wohnung. Erst als er wenig später schwer atmend vor dem Spiegel im Bad stand und sich hastig kaltes Wasser ins Gesicht klatschte, bemerkte er, wie schlecht er aussah. Seine Augen waren müde und angeschwollen.
    »Wisch-wasch.«
    Jacques zuckte zusammen. Was war das? Einem Reflex folgend drehte er sich um. Aber da war nichts. Obwohl er sich sicher war, etwas gehört zu haben.
    »Beruhige dich, mein Freund!«, befahl er den trüben, wässrigen Augen vor sich, während er sich wieder dem Spiegel zuwandte.
    Er gab wahrlich ein jämmerliches Bild ab. Wie er da vor seinem Badezimmerspiegel hing und dem langsam nachlassenden Stechen in seiner Brust lauschte, während ihm Stimmen hinter seinem Rücken

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