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Nachtmahl im Paradies

Nachtmahl im Paradies

Titel: Nachtmahl im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bennett Ben
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hinunter, das Schlimmste befürchtend. Als er die Flügelschwingtür zur Küche aufstieß, durchfuhr ihn ein zweiter Schreck: Nichts schien zu brennen. Stattdessen stand dort an haargenau demselben Platz, an dem er gestern Elli umarmt und geküsst hatte, eine vollständig bekleidete, gepflegte, hübsch zurechtgemachte Frau vor einem kleinen Kupfertöpfchen und führte einen Löffel der darin befindlichen Speise an ihren Mund.
    »Stopp!«, wollte er rufen, aber Catherine hielt von allein inne, als sie ihn sah. Sie ließ den Löffel sinken und prustete los. Ein schallendes Lachen erfüllte den Raum. Erst jetzt wurde ihm klar, dass er wie ein kleiner Junge im Schlafanzug vor ihr stand. Vor seiner Geschäftspartnerin. Dem anderen Engel. Dem Business Angel.
    »Alles in die Ordnung, Jacques?«, fragte sie ihn, aber sie war kaum zu verstehen, weil sie sich so schüttelte.
    »Ja, alles bestens«, stöhnte er. »Ich dachte nur, ich hätte …«
    Erneut schüttelte sie sich, dieses Mal aber eine Spur rücksichtsvoller, indem sie sich die Hand vor den Mund hielt und den Kopf senkte, als hätte sie etwas auf dem Küchenboden verloren. Nachdem sie sich beruhigt hatte – Jacques stand noch immer wie schockgefroren vor ihr –, nahm ihr Gesicht unvermittelt einen ernsten Ausdruck an.
    »Jacques, ich muss dich fragen etwas.«
    »Ja?«
    Sofort nahm er den eingeschüchterten Tonfall in seiner Stimme wahr und bemerkte bei der Gelegenheit auch, dass seine Schultern ein wenig zu sehr hingen – aber für gute Haltungsnoten war es jetzt zu spät. Sein Anblick hatte sich ohnehin schon auf ewig in Catherines Gehirn gebrannt. Das Bild eines fast fünfzigjährigen Jungen in einem nachtblauen Pyjama, der fürchtete, mal wieder unwissentlich Mist gebaut zu haben und dafür nun zur Rechenschaft gezogen zu werden.
    Catherine zeigte mit dem Löffel in ihrer Hand auf den kleinen Topf.
    »Wer hat diese Suppe gekocht?«, fragte sie streng.
    »Ich? Wieso?«
    Sie schüttelte den Kopf, als folgte die Strafpredigt auf dem Fuße.
    »Diese Suppe … ist eine Gedicht!«, sagte sie stattdessen.
    »Ein Gedicht? Nun, ich … ich habe sie selbst noch nicht richtig gekostet«, brachte er zu seiner Entschuldigung hervor, obwohl offensichtlich niemand erwartete, dass er sich entschuldigte.
    »Dann komm her und koste sie!« Catherine hielt ihm auffordernd den Löffel hin. »Sie ist grandios. Du musst unbedingt wieder kochen. Du bist eine Genie!«
    Das Lob aus ihrem Mund ging ihm runter wie Butter, die in der warmen Pfanne zerlief.
    »Ich … vielleicht sollte ich mir erst mal etwas Passendes anziehen?«, schlug er vor und deutete auf sein vom unruhigen Schlaf zerknittertes Gewand.
    »Ach, Quatsch. Komm her. Ich habe schon mal eine Mann in eine Pyjama gesehen, das kannst du glauben, ja?«
    Wieso hatte sie dann so gelacht, als sie ihn bemerkt hatte?
    »Außerdem bin ich nicht rasiert«, versuchte er ein allerletztes Mal, die direkte Gegenüberstellung mit ihr in seinem derzeitigen Wartungszustand zu beenden. Wie konnte man auch so einfältig sein und wie von der Tarantel gestochen aus dem Bett springen, um von dort aus geradewegs in die halb öffentliche Küche eines Restaurants zu spazieren? Dieses Süppchen, mein Lieber, hast du dir selbst eingebrockt, sagte er in Gedanken zu sich. Nun musst du es auch auslöffeln.
    »Gut, wenn es so ist, dann werde ich die Augen schließen«, kam sie ihm zumindest ein Stück weit entgegen.
    Sie tat es tatsächlich. Mit geschlossenen Lidern balancierte sie den Suppenlöffel in der Luft. Jacques zögerte kurz, entschied sich dann aber, kein Feigling zu sein. Vorsichtig, um nicht zu kleckern, umfasste er ihre zierlichen Finger mit seiner Hand, die gegen ihre wie eine Bärenpranke wirkte, und bugsierte den Löffel zielsicher in seinen Mund. Sie hatte recht – die Suppe, über Nacht durchgezogen und abgekühlt, hatte tatsächlich noch an Geschmacksnoten gewonnen.
    »Und?«, fragte Catherine direkt vor seiner Nase, die Augen noch immer geschlossen, dafür mit einem gespannten kleinen Lächeln um die Lippen, denen ein überaus dezent aufgetragener farbloser Lippenstift einen nicht unappetitlichen Glanz verlieh.
    »Eine Viertelstunde, länger brauche ich nicht«, erwiderte er und machte sich davon, bevor sie auf die Idee käme, die Augen wieder zu öffnen – was vermutlich bereits im selben Moment geschehen war, als er ihr den Rücken zugewandt hatte.
    »Aber die Suppe?«
    »Sie ist gut, Catherine. Wirklich gut, ich bin mehr als

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