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Nachtmahl im Paradies

Nachtmahl im Paradies

Titel: Nachtmahl im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bennett Ben
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schlummerten so appetitlich vor ihm, dass er für einen Moment zu träumen wagte, auch er und Elli würden im nächsten Augenblick in einen hundertjährigen, nein, ewigen Dornröschenschlaf fallen – und weder Prinz noch Prinzessin würde sie jemals daraus erlösen.
    Erst jetzt, während ihres kurzen, fast andächtigen Schweigens, nur unterbrochen durch die Geräusche von Messer und Gabel, kam ihm eine Idee.
    »Beweg dich nicht von der Stelle, ja?«, bat er sie. »Ich habe noch eine Überraschung für dich.«
    Eilig spurtete er zur Stereoanlage im Eingangsbereich des Saales. Jacques besaß noch einen dieser altmodischen CD -Player. Er hätte nie gedacht, dass diese Technik, die doch gerade erst modern geworden war und seine über alles geliebten Schallplatten mit den wunderbaren großen, künstlerischen Covern abgelöst hatte, so schnell das Zeitliche segnen würde. Dass Musik fortan nur noch aus heißer Luft bestehen würde, die man auf ein Handy laden und dann abspielen konnte, scheppernd wie ein Sack Blech.
    » Voilà : Serge!«, triumphierte er feierlich, als die ersten Takte von » Je t’aime « erklangen.
    Er war gespannt, was sie dazu sagen würde! Doch als er sich zu ihr umdrehte, packte ihn die Enttäuschung erneut mit roher Gewalt an der Gurgel. Traurig sank er in sich zusammen. Er hatte sie nur ein paar Sekunden aus den Augen verloren, und schon war sie wieder verschwunden, hatte sich von einem Moment auf den nächsten in Nichts aufgelöst – eine Fata Morgana aus Fleisch und Blut. Jacques entschloss sich, den CD -Player weiterlaufen zu lassen, und begab sich langsamen Schrittes zurück an den Tisch. Die Kerzen flackerten im leichten Wind, der durch die geöffneten Fenster vom Meer herüberwehte. Ihr Teller war strahlend weiß – sie hatte alles restlos aufgegessen. Ihr Glas war leer – der Wein hatte ihr geschmeckt. Fast hätte man meinen können, sie wäre gar nicht da gewesen. Doch er wusste es besser. Als er sich auf ihren Stuhl fallen ließ, dort, wo sie eben noch gesessen hatte, bemerkte er, dass der Sitz noch warm war. Dass sie wirklich hier an diesem Tisch mit ihm gesessen und gespeist hatte. Dass ihre Worte, die zärtlich in seinen Gedanken nachhallten, tatsächlich gefallen waren. Dass er sich all das nicht einfach nur einbildete, angestiftet von dem Loch in seinem Herzen. In diesem vom goldenen Licht der Kerzen und der im Meer versinkenden Sonne erleuchteten Raum, in dem sich einst das Paradies befunden hatte.
    Dafür dass Jacques am nächsten Morgen nicht wieder verschlief, sorgte Patrice. Er rief in aller Herrgottsfrühe an, um seinen Freund mit einer ungewöhnlichen Einladung zu überraschen. Mit einem müden Blick auf die Uhr an seinem Handgelenk stellte Jacques entsetzt fest, dass es noch vor neun war.
    »Kommst du heute mit zum Yoga?«, fragte Patrice ohne einen Hauch von Ironie in der Stimme, so als handelte es sich um nichts weiter als das Spiel der örtlichen Fußballmannschaft.
    »Entschuldige, mein Lieber«, entgegnete Jacques ungläubig. »Aber ich bin noch nicht ganz wach und habe irgendeinen Unsinn verstanden.«
    »Nein, ist schon richtig. Ob du mit zum Yoga kommst, wollte ich wissen.«
    Jacques fuhr sich mit der Hand durch das zerzauste Haar. Offenbar hatte er sich nicht getäuscht. Patrice, obwohl Arzt und zeitlebens auf einen gesunden Lebensstil bedacht, hatte in diesem Moment am anderen Ende der Leitung einen Gehirnschlag erlitten. Oder etwas ähnlich Schreckliches. Eine andere Erklärung konnte es für seine Worte nicht geben. Sie ergaben schlichtweg keinen Sinn. Sowohl er als auch Patrice waren Männer im fortgeschrittenen Alter, und erst gestern hatten sie noch über tibetische Aschrams gescherzt.
    »Keine Angst, Jacques: Es ist ein Yoga-Kurs ohne Frauenüberschuss – ein völlig neues Konzept.«
    Es wurde immer schlimmer.
    »Patrice, gerade du als notorischer Weiberheld solltest es wissen: Der einzige Grund für einen Mann, überhaupt zum Yoga zu gehen, ist der Frauenüberschuss.«
    Jacques legte auf. Er war viel zu müde, um sich mit Patrice über derartigen Nonsens zu unterhalten. Wahrscheinlich hatte sein Freund ihn nur veräppeln wollen.
    Kaum hatte er sich wieder hingelegt, klingelte es ein zweites Mal. Er nahm sich vor, nicht ranzugehen. Nach dem siebzehnten Klingeln tat er es aber doch.
    »Ja?«
    »Catherine kommt auch. Sie ist übrigens die Lehrerin.«
    »Ach … ja?«
    »Ja, heute Abend um sieben im Gemeindehaus.«
    »Im Gemeindehaus?«
    Jacques sah das Bild

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