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Nachtmahl im Paradies

Nachtmahl im Paradies

Titel: Nachtmahl im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bennett Ben
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übergegangen wäre. Und sich gleich die nächstbeste Frau geschnappt hätte – einfach nur so, um weiterzumachen. Die Qualität spielte offensichtlich keine Rolle!
    »Elli, wundert dich das wirklich? Ich habe dich geliebt. Ich liebe dich noch immer. Aber dieser … Dieb! … da oben, oder wer auch immer, hat dich mir gestohlen!«
    Zärtlich legte sie ihm eine Hand auf die Wange, wie sie es schon früher immer getan hatte, wenn er sich zu sehr echauffierte oder dabei war, sich in eine Sache hineinzusteigern.
    Erneut beschlich ihn die Angst, dass die Hand sich bereits im nächsten Moment wieder auflösen könnte. Sie schien ihm auf einmal so … dünn. Sofort ergriff er ihren Handrücken, als könne er sie auf diese Weise davon abhalten zu gehen.
    »Keine Angst, das war nur ein kurzer Schwächeanfall. Der Akku ist bald leer, Jacques.«
    »Nein, bitte geh noch nicht. Ich verspreche auch, alles zu tun, was du sagst. Komm, setz dich hier hin und schau mir beim Kochen zu, ja?«
    Er zog ihr einen der langbeinigen Hocker heran, die auf der einen Seite des mächtigen Arbeitstresens in der Mitte standen; in eine Restaurantküche gehörten eigentlich keine Sitzgelegenheiten, aber mit den Jahren hatte sich hier so einiges Unübliche eingeschlichen.
    Elli schwebte fast auf den mit dunklem Leder bezogenen Hocker.
    »Besser so?«, fragte er.
    Sie nickte.
    »Gut, dann wollen wir mal loslegen«, sagte er und tat, als würde er sein Messer an einem unsichtbaren Riemen schleifen, den er wie eine Schürze vor seinem ein wenig zu sichtbaren Bauch trug.
    »Nein, du machst hier gar nichts!«, verbot er Elli nur wenig später, die zwei Teller mit dem soeben aufgetragenen Horsd’œuvre ins Restaurant zu tragen. An diesem Abend war er für alles zuständig. Er ließ sie nicht aus den Augen, bis sie ihren Platz am Tisch eingenommen hatte, an dem Jacques soeben die Kerzen entzündet hatte. Zu den Muscheln boten sich ein Chardonnay, ein Grauburgunder oder auch ein spritziger Riesling an. Er wählte Letzteren, da er nicht vergessen hatte, dass es Ellis Lieblingsweißwein war.
    Draußen war es trotz der vorgerückten Stunde noch immer hell, aber ein zartes Rosa hatte mittlerweile den Platz des eben noch kräftigen Blaus am Himmel eingenommen. Sie hätten gut und gerne auch draußen sitzen können, aber irgendwie fühlte Jacques sich im Schutz der vier Wände sicherer. Durch die geöffneten Fenster wehte der Abendwind herein und kühlte den Raum auf eine angenehme Temperatur herunter.
    »Santé!« , sagte er, und sie stießen mit den Gläsern an, während er versuchte, Elli nicht zu tief in die Augen zu schauen. Sonst fiele es ihm später noch schwerer, sie wieder loszulassen, wenn er erst einmal darin versunken wäre.
    »Santé , Jacques«, erwiderte sie sanft. »Mach dir keine Sorgen, wir bekommen das wieder hin.«
    Er bezweifelte es zwar, sagte aber nichts. Sie konnte ohnehin seine Gedanken lesen. Nachdem er einen Schluck getrunken hatte, stellte er sein Glas zurück auf die strahlend weiße Tischdecke. Sie hatten die Muscheln noch nicht angerührt, aber sie dufteten verführerisch, elegant dahingestreckt auf einem Streifen Spinat, der eher einer Spinat-Chaiselongue glich als einem Spinatbett.
    »Elli?«
    »Ja?«
    »Weißt du, dass ich ein Loch im Herzen habe?«
    »Ein Loch?«
    »Du hast es dort hinterlassen, als du von mir gegangen bist.«
    Zielsicher streckte sie ihre Hand über den Tisch und legte sie zärtlich auf seinen Brustkorb, dort wo das Herz saß, während sie ihn mit einem Blick musterte, so warm wie das langsam verglühende Herdfeuer in der Küche.
    »Dann wird es höchste Zeit, dieses Loch zu schließen, oder?«
    Er nickte zustimmend. In all den Jahren hatte er sich genau das gewünscht.
    »Tja, wenn das so einfach wäre«, bedauerte er sich selbst und das Schicksal, das man ihm aufgebrummt hatte.
    »Vielleicht ist es einfacher, als du denkst?«, versuchte Elli ihm Hoffnung zu schenken. »Vielleicht musst du nur die Augen aufmachen. Dich einem anderen Menschen öffnen. Jemanden an dein Herz lassen … damit dieser jemand es reparieren kann.«
    Es klang logisch, und dennoch waren Theorie und Praxis leider zwei verschiedene Paar Schuhe.
    »Versuch es, Jacques!«, ermunterte ihn Elli, die soeben zum ersten Mal ihre Gabel zum Mund geführt hatte. »Übrigens: Das Essen ist ein Gedicht!«
    »Danke«, erwiderte Jacques, und während er über das nachdachte, was sie eben gesagt hatte, kostete auch er von den Muscheln im Spinatbett. Sie

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