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Nachtprinzessin

Nachtprinzessin

Titel: Nachtprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Kryptologie weiterreichen?«
    »Später. Erst will ich mir eine Nacht lang selbst den Kopf zerbrechen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass unser Mörder ein Experte auf dem Gebiet ist. Vielleicht ist das alles ganz fix mit der heißen Nadel zusammengeschustert, und dann sollte es auch zu knacken sein. Versuchen wir es beide. Wer das Rätsel löst, wird vom andern zum Essen eingeladen. Einverstanden?«
    Ben seufzte. Lust hatte er zu nichts von beidem, aber er nickte.
    Als Susanne nach Hause kam, war Melanie natürlich nicht da. Sie hatte es auch nicht anders erwartet. Sensationell fand sie, dass eine Nachricht auf dem Küchentisch lag:
    Keine Panik, ich werde nicht geklaut. Bin gegen elf zurück, muss morgen zur Ersten.
    Na, wenigstens etwas.
    Susanne zog sich Leggings und einen weiten, bequemen Pullover an, kochte sich eine Tütensuppe und aß sie herzhaft und laut schlürfend. Melanie hätte sich vor Entsetzen geschüttelt, aber sie war ja allein.
    Als sie fertig gegessen hatte, machte sie es sich im Wohnzimmer auf der Couch bequem, legte die Beine auf den Tisch, nahm ihre Notizen zur Hand und begann zu grübeln.
    Auch Melanie lümmelte sich auf einer Couch. Sie trug nur einen Slip, trank eine Cola und rauchte eine Zigarette. Ihre Beine lagen auf einem Glastisch und hinterließen fettige Ab drücke, was Ben, der ihr gegenüber in einem Sessel saß, irgendwie störte. Aber er sagte nichts.
    »Ich hab einen Mörderhunger«, meinte Melanie nach einer Weile. »Lass uns ’ne Pizza essen gehen.«
    »Keine Zeit, Melly, tut mir leid, aber deine Mutter hat mich dazu verdonnert, das Rätsel eines anonymen Briefes zu lösen. Sie will es erst mal selbst versuchen, bevor sie es an die Kryptologie gibt.«
    »Das ist ein Problem von meiner Mutter, dass sie nicht delegieren kann. Ich finde Rätsel grauenvoll.«
    »Ich eigentlich nicht. Vielleicht, weil jeder Fall ein Rätsel ist.«
    Melanie kicherte. »Okay. Hör zu: Was ist der Anfang der Ewigkeit, das Ende der Stunde, der Anfang allen Endes und das Ende der Tage?«
    »Oh Mann, was Philosophisches!«
    »Na klar. Also los. Ich bin mir sicher, so doof kannst du gar nicht denken.«
    Sie wiederholte das Rätsel noch dreimal langsam, Ben zerbrach sich den Kopf, aber er kam nicht drauf.
    »Ich weiß es nicht. Sag’s mir.«
    »Das E, du Blödkopp.« Sie lachte sich kaputt. »Zeig mal her.«
    Er reichte ihr den Zettel, auf den Susanne die verschlüsselte Botschaft übertragen hatte.
    »Das habt ihr anonym bekommen?«
    Ben nickte.
    Melanie wurde plötzlich ernst. »Das sieht genauso aus wie der Quatsch, den unsere durchgeknallte Lateinlehrerin mit uns gemacht hat. Sie fand es todkomisch, den Übersetzungstext in der letzten Lateinarbeit zu verschlüsseln. Wir mussten ihn also erst entschlüsseln und dann übersetzen. Die Olle langweilt sich irgendwie, ist nicht ausgelastet mit ihren blöden lateinischen Texten, und dann kommt sie auf solche Mätzchen. Ich würde sagen, das ist ein Cäsar. Oder ein revertierter Cäsar. Der is’ noch ’ne Spur komplizierter. Guck doch mal im Internet.«
    Ben schaltete den Computer an und wurde bei Wikipedia sofort fündig:
    Die Cäsar-Verschlüsselung ist ein besonders simpler Sonderfall einer monografischen Substitution. Dabei wird jeder einzelne Buchstabe des lateinischen Alphabets um eine bestimmte Anzahl von Positionen zyklisch verschoben.
    »Alles klar?«
    Ben sah sie entsetzt an. »Da haben wir fünfundzwanzig Versuche, die Verschiebung mit allen Buchstaben durchzuprobieren. Du meine Güte! Das dauert ja die ganze Nacht!«
    Melanie reagierte nicht darauf, sondern las laut weiter, was auf dem Bildschirm stand:
    »Der Name der Caesar-Verschlüsselung leitet sich vom römischen Feldherrn Gaius Julius Caesar ab, der diese Art der geheimen Kommunikation für seine militärische Korrespondenz verwendet hat. Dabei benutzte Caesar selbst häufig den Schlüssel C, also eine Verschiebung des Alphabets um drei Buchstaben. Der römische Kaiser Augustus soll eine Verschiebung der Buchstaben um nur eine Position vorgezogen haben (vielleicht passend zu seinem Namen, der mit A beginnt). Das können wir ja zuerst probieren. Wie heißt denn euer Herzchen?«
    »Keine Ahnung. Eventuell nennt er sich Prinzessin.«
    »Okay. Dann nehmen wir …«, sie zählte das Alphabet an den Fingern durch, »eine Verschiebung um sechzehn Positionen.«
    Ben nahm sich einen großen Zettel und schrieb das verschobene Alphabet unter das Richtige, aber es kam ein völlig anderer

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