Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtprinzessin

Nachtprinzessin

Titel: Nachtprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
brüllte ein unfreundliches Pronto in den Hörer, zuckte aber augenblicklich zusammen, als er hörte, dass die Kollegen der Kripo aus Deutschland am Apparat waren. Seit Neri ihm gestern Abend von dem Fax aus Berlin erzählt hatte, hatte er so etwas tief in seinem Unterbewusstsein schon befürchtet.
    Die Kommissarin Susanne Knauer begrüßte ihn und zog dann einen Dolmetscher hinzu, der durch seine Simultanübersetzung das Gespräch erheblich erleichterte.
    Minetti war dankbar dafür. Er konnte es nicht ausstehen, sich mit jemandem unterhalten zu müssen, der nicht Italienisch sprach.
    »Sie haben mein Fax bekommen?«, begann Susanne freundlich.
    »Aber ja. Und ich muss sagen, ich kann es kaum glauben, dass die DNA des Mörders in Berlin mit der, die wir hier auf der Insel gefunden haben, identisch ist.«
    »Das stimmt. Es ist sehr merkwürdig, aber es ist eine heiße Spur, der wir unbedingt nachgehen müssen.«
    »Sicher.« Minetti hoffte, dass die Signora Knauer seinen leisen Seufzer nicht gehört hatte.
    »Der Mann, den wir suchen, ist also auf Giglio gewesen, oder er ist immer noch dort. Dazu kommt, dass er uns direkt von der Insel Giglio eine Ansichtskarte geschickt hat. Es zeugt von einer ungeheuren Hybris. Angst, gefasst zu werden, hat er offenbar nicht, und er leidet auch nicht an mangelndem Selbstbewusstsein.«
    »Oh.« Minetti musste grinsen. Das war ja sehr elegant formuliert.
    »Wir möchten Sie bitten, uns Amtshilfe zu leisten, Commissario Minetti. Gibt es irgendeine Möglichkeit herauszufinden, ob ein Deutscher vor circa drei Wochen auf Giglio Urlaub gemacht hat?«
    »Madonna«, meinte Minetti und stöhnte vernehmlich. »Das ist sehr sehr schwierig. Als wir Ihr Fax bekamen, haben wir uns selbstverständlich sofort an die Arbeit gemacht. Das heißt, wir haben Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt. Es gibt hier auf der Insel dreizehn Hotels. Die haben wir sofort überprüft.«
    Er wunderte sich, wie leicht ihm die dreiste Lüge über die Lippen kam.
    »Und?«, fragte Susanne ungeduldig.
    Minetti stippte sein Croissant in den Kaffee und schlürfte genüsslich. Es war ihm egal, ob die Kollegin das hören konnte, er hatte sie nicht gebeten, um diese Zeit anzurufen. In dieser kurzen Denkpause entschied sich Minetti, ihr von der goldenen Klammer zu erzählen. So war die Suche – wenigstens theoretisch – ein wenig einzugrenzen, denn auf der Insel gab es viele Deutsche, die im Sommer Urlaub machten. Und Minetti wollte unter allen Umständen verhindern, dass diese Signora Knauer angereist kam und noch mehr Staub aufwirbelte.
    »Wir haben übrigens am Tatort, das heißt an dem Ort, an dem die beiden Ragazzi zu Tode gestürzt sind, eine goldene Klammer für Geldscheine gefunden. Mit den Initialen M. v. S. – Sagt Ihnen das etwas?«
    »Nein. Aber gut zu wissen.«
    »Es ist nur ein vager Hinweis. Die Klammer kann jedem gehören. Wir haben hier jeden Tag Hunderte Tagestouristen. Je nach Jahreszeit. Und alle machen Spaziergänge über die Klippen.«
    »Verstehe.«
    »In den Hotels hat sich niemand eingetragen, zu dem diese Initialen gepasst hätten. Aber das will natürlich nichts heißen. Der Mann, den Sie suchen, kann sich unter jedem x-beliebigen Namen eingemietet haben.«
    Am andern Ende der Leitung war es für ein paar Sekunden still. Minetti wusste, dass er dabei war, die Hoffnung der Kol legin Stück für Stück zu zerschlagen, doch das störte ihn nicht.
    Daher fuhr er fort: »Es gibt natürlich massenweise Privatunterkünfte. Aber mal ganz unter uns, Frau Kollegin: Auf Giglio leben arme Menschen, und hier vermietet niemand offiziell. Das geht alles an der Steuer vorbei. Das heißt, Sie werden niemanden treffen, der Ihnen eine ehrliche Antwort gibt. Und wenn – dann ist es wie in den Hotels. Die Namen müssen nicht stimmen.«
    Minetti hörte, dass der Dolmetscher leise lachte.
    »Und das sagen Sie so in Ihrer Funktion als Carabiniere?«
    »Was soll ich machen? Alle Bürger als Steuerhinterzieher anzeigen? Nein. Die Menschen hier sind meine Freunde, und es gibt Dinge, die weiß man, aber man redet nicht darüber. Außerdem ist das eine Sache der Guardia di Finanza. Wir Carabinieri kümmern uns um die Kapitalverbrechen.« Ganz automatisch streckte er seinen Rücken und saß jetzt – zumindest für wenige Sekunden – gerade.
    »Das kann doch alles nicht wahr sein«, murmelte Susanne Knauer, und Minetti machte ein bedenkliches Gesicht. Auch wenn sie es nicht sehen konnte.
    »Oder aber der Mann war nur einen

Weitere Kostenlose Bücher