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Nachtprinzessin

Nachtprinzessin

Titel: Nachtprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Preis. Und Mauro war sicher auch nicht zimperlich, wenn es darum ging, Touristen kräftig auszunehmen.
    Da Matthias grundsätzlich genügend Bargeld dabeihatte, weil es ihn verunsicherte, nur mit zwei- oder dreihundert Euro aus dem Haus zu gehen, und er unpersönliche Kreditkarten nicht ausstehen konnte, gab er Mauro sechs Fünfhunderteuroscheine. Der Yeti grinste übers zugewachsene, bärtige Gesicht, das wie ein Flokati aussah, der sich in Falten legte. »Ich kann Ihnen nicht rausgeben«, nuschelte er, »aber ich bringe Ihnen den Rest bei Gelegenheit vorbei.« Damit schob er sich die Scheine in die Hosentasche, und die Angelegenheit war für ihn erledigt.
    Matthias erstarrte. Niemals würde er die fehlenden zweihundert Euro wiedersehen. Davon war er fast überzeugt. Der Yeti versuchte es offensichtlich mit allen Mitteln. Aber noch schlimmer war, dass das Geld einfach so in den versifften Taschen des Waldmenschen verschwunden war und er mit Sicherheit auch keine Rechnung dafür bekommen würde. Wahrscheinlich wusste der Zugewachsene gar nicht, was das war. Hier lebte man von der Hand in den Mund, vom direkten Tauschgeschäft, und erledigte alles mit Handschlag. Matthias zuckte unwillkürlich zusammen, denn bei diesem Gedanken gruselte es ihn schon wieder.
    Also konnte er seine Giglio-Reise auch nicht von der Steuer absetzen. Das war ärgerlich, und er musste sich zwingen, weiterhin freundlich zu lächeln.
    Der Yeti war dabei, seine Taschen zu durchwühlen, wurde schließlich fündig und drückte Matthias die Wohnungsschlüssel in die Hand.
    Es war für Matthias wie ein schmerzhafter Stromschlag, als ihn feine Härchen berührten.
    Pünktlich um zwanzig Uhr saß er in dem Restaurant, das ihm von außen am saubersten und vornehmsten erschien. Als Kai um fünf mit der Fähre zurückgefahren war, hatte er noch zwei Stunden geschlafen, geduscht und frische Sachen angezogen. Er fühlte sich nun ausgesprochen wohl. Morgen früh wollte er sich auf den Weg machen und die Insel erkunden und eine Badebucht suchen. Jetzt war er entschlossen, den Abend in diesem traumhaften Ambiente zu genießen.
    Hatte ihn das Appartement auf den ersten Blick total in seinen Bann gezogen, so musste er auf den zweiten bereits Abstriche machen, denn mit Luxus hatte es nun rein gar nichts zu tun. Auch ein Telefon gab es nicht, und sein Handy funktionierte auf der Insel nicht, wie er entsetzt feststellen musste. Wenn irgendetwas mit seiner Mutter passierte – hier würde er es nicht erfahren. Er musste irgendwo eine Möglichkeit ausfindig machen, wenigstens einmal am Tag zu telefonieren, vielleicht gab es auf der Insel ja eine Post.
    Er schaltete den Kühlschrank ein und legte sein besonderes Wasser hinein. Ein trauriger Anblick in einem völlig leeren Kühlschrank. Bevor er sich zum Mittagsschlaf hinlegte, besorgte er sich noch schnell zwei Flaschen Wein, einen Beutel Oliven und ein Ciabatta und war sich sicher, so auf alle Fälle die nächsten vierundzwanzig Stunden überleben zu können.
    Er trug ein beigefarbenes Hemd mit dezenten brokatglänzenden Streifen, darüber hatte er sich einen hellbraunen Kaschmirpullover lässig über die Schultern gelegt und die Ärmel locker vor der Brust zusammengebunden. Auch seine leicht zerknitterte Seidenhose war beige, und die ledernen Mokassins, die er gern ohne Strümpfe anzog, waren im Farbton nur eine Nuance dunkler. Allein seine legere Sommerabendkleidung hatte einen Wert von ungefähr zweitausend Euro, und wenn er sich so umsah, konnte er im Restaurant niemanden entdecken, der ähnlich sorgfältig und teuer gekleidet war wie er. Und das erfüllte ihn mit tiefer Befriedigung.
    Der Kellner trat an den Tisch und begrüßte ihn mit einer dezenten Verbeugung. Matthias war dermaßen irritiert, dass er vergaß zurückzugrüßen. Vor ihm stand ein schönes, aufregendes, androgynes Wesen. Matthias war völlig fasziniert, starrte es an, versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, aber dennoch herauszufinden, ob es wirklich ein Kellner oder vielleicht doch eine Kellnerin war. Es verunsicherte ihn, dass er in seinen Gedanken nicht wusste, ob er diese Person mit »sie« oder »er« bezeichnen sollte, er fühlte sich hilflos, da half ihm auch sein perfektes Äußeres nichts.
    Die Person trug eine schwarze Hose, wahrscheinlich obligatorische Arbeitskleidung, und er glaubte, eine gewisse Rundung der Hüften zu bemerken. Dazu ein weißes Oberhemd und eine schwarze Weste, die eng über dem Oberkörper spannte und keinen

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