Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachtruf (German Edition)

Nachtruf (German Edition)

Titel: Nachtruf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leslie Tentler
Vom Netzwerk:
Toilette. Und dann fahren wir mit dem Karussell.“
    Nach einem besorgten Blick zu Trevor und Brian schlenderte Annabelle mit der Kleinen los. James lehnte sich auf der Bank zurück. Ganz in der Nähe rumpelte die Miniatureisenbahn vorbei, die durch den Kameliengarten des Parks fuhr. Ihre Glocke bimmelte, und Kinder hockten ausgelassen lachend auf den kleinen Sitzen.
    „Wenn das nicht der Heilige und der Sünder sind“, dröhnte James und ließ seinen glasigen Blick über seine Söhne wandern.
    Trevor riss sich zusammen und sprach mit ruhiger Stimme. „Annabelle wird am Montag eine einstweilige Verfügung erwirken. Solltest du dich ihr oder Haley noch einmal auf weniger als sechzig Meter nähern, landest du im Gefängnis. Wenn dich das, was du heute getan hast, nicht schon dahin bringt.“
    James erhob sich von der Bank und tippte mit dem Finger auf Trevors Brust. „Ich habe das Recht, das kleine Mädchen zu sehen …“
    „Nein, das hast du nicht. Und fass mich nicht an.“ Trevor schob die Hand seines Vaters beiseite. Er konnte den Alkohol in James’ Atem riechen.
    „Ich dachte, ich hätte diese arrogante Art schon vor langer Zeit aus dir herausgeprügelt.“
    Brian griff nach Trevors Schulter. „Lass dich nicht auf sein Niveau herab. Wir holen Annabelle und Haley und verschwinden.“
    „Und was ist mit dir ?“ Höhnisch grinsend wandte James sich an Brian. „Ich habe dich vor einer Weile mit deinem todschicken Freund gesehen. Bist du die Frau oder der Mann? Du ekelst mich an. Du bist eine Schande für unsere Familie!“
    „Das sagt der Richtige, Dad“, murmelte Brian.
    Trevor legte demonstrativ seine Hand auf das Holster an seinem Gürtel. „Ich habe keine Ahnung, worum es hier geht, aber ich habe keine Zeit zu verschwenden. Du hast jetzt die Chance, dich zurückzuziehen – bevor das Ganze richtig hässlich wird.“
    Ein Schweißtropfen rann an James’ faltigem Hals hinab undwurde von seinem karierten Baumwollhemd aufgesogen. Der Schweiß hatte dunkle Ringe unter seinen Achseln gebildet. Er zog den Gürtel hoch, der unter seinem vorstehenden Bauch kaum zu sehen war. Hasserfüllt starrte er Trevor an. „Ich hätte damals zu Ende bringen sollen, was ich begonnen habe. Ich bedaure das.“
    Trevor spürte ein nervöses Zucken in der Wange, doch er hielt James’ Blick stand. Die Augen seines Vaters funkelten grausam.
    „Du solltest dich mal selbst fragen, wo deine Familie war, als du sie gebraucht hast, Trev. Sie hatte kein Problem damit, dich fortzuschicken, als du verblödet wieder aufgewacht bist und…“
    „Halt die Klappe“, sagte Brian.
    „Aber hier steht ihr nun und gebt die perfekte Familie. Schätze, ihr habt euch wirklich verziehen. Solange ihr hier im Stadtpark seid, könnt ihr ja noch ein Picknick machen.“
    Der Schmerz und die Wut vieler Jahre tobten in Trevor, doch er riss sich zusammen.
    „Du hast mich schon immer verachtet, Dad, weil ich mich gegen dich gewehrt habe.“ Er machte einen Schritt nach vorn, bis er Auge in Auge vor seinem Vater stand. „Ich weiß, was du gewesen bist. Ein Schläger und ein korrupter Cop. Jetzt bist du nur noch ein erbärmlicher Säufer, der sich Tricks einfallen lassen muss, um seine Kinder dazu zu bringen, ihn wenigstens mal anzusehen. Du bist alt und einsam. Du hast das bekommen, was du verdient hast.“ James ballte die Hand zur Faust und holte aus, aber Trevor fiel ihm in den Arm. „Ich sage es dir noch einmal: Geh, bevor ich dich selbst verhafte. Komm nicht wieder in die Nähe von Annabelle oder Haley.“
    Gespanntes Schweigen hing zwischen den beiden Männern. Dann wand sich James aus dem Griff seines Sohnes. Sein Gesicht war rot angelaufen.
    „Fahrt zur Hölle, alle beide.“ Er wankte fort. Als er den Kiesweg erreichte, blieb er stehen. „Ach ja. Hätte ich beinahe vergessen.“
    Er griff in seine Hemdtasche und warf etwas vor Trevor aufden Boden. Weißgold funkelte im taufeuchten Gras.
    „Was ist das?“, fragte Brian und sah seinen Vater an, während Trevor das Objekt aufhob.
    James zuckte mit den Schultern. Er steckte sich eine Zigarette in den Mund und klopfte auf der Suche nach einem Feuerzeug seine Hose ab. „Ich bin bloß der Bote. Er sagte, du wüsstest, was gemeint ist.“
    Die zierliche, verschlungene Kette lag in Trevors Hand. Er starrte auf den Amethyst-Anhänger. Plötzlich hatte er das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Sie hatte die Kette am Abend von Brians Vernissage getragen. Und dann, als sie den Ausflug ins

Weitere Kostenlose Bücher