Nachtruf (German Edition)
würde Sie interessieren, dass ein weiterer schwarzer Cadillac Escalade gesichtet wurde. Dieses Mal in der Nähe vom Vermilion Parish, im Südwesten von Louisiana.“
Trevor hielt sich das Handy ans andere Ohr. Hoffentlich war dieser Hinweis vielversprechender als die zwanzig anderen,die sie bekommen hatten, seit die Nachrichten landesweit über die Fahndung berichteten. „Stimmen die Nummernschilder überein?“
„Der Anrufer konnte die Ziffern nicht richtig erkennen. Aber er sagt, das Fahrzeug sei ein ganz neues Modell gewesen, mit Halogen-Nebelleuchten und Aluminiumfelgen und allem Drum und Dran.“
„Hat er gesehen, wer im Wagen saß?“
„Er konnte nur den Fahrer erkennen, Sir. Es war ein Weißer. Der Anrufer war sich nicht sicher, ob noch jemand auf dem Beifahrersitz war. Der Anrufer ist Farmer. Er parkte am Seitenrand, um seine Flusskrebsfallen zu kontrollieren. Als er heute Abend die Nachrichten im Fernsehen sah, meinte er bei uns anrufen zu müssen.“
Trevor seufzte. Ihm war klar, dass das Ganze ziemlich weit hergeholt war. „Irgendeine Idee, wohin das Fahrzeug wollte?“
„Einfach in die Sümpfe hinein. Geografisch gesehen gibt es in der Gegend sowieso nur Sumpfland.“
„Sandra, können Sie überprüfen, ob Carteris dort in der Ecke irgendwo ein Grundstück besitzt? Überprüfen Sie das auch unter dem Mädchennamen seiner Mutter. Er lautet Benoit.“ Er buchstabierte den Nachnamen und vernahm durch das Telefon das schnelle Klicken auf der Tastatur.
„Dazu brauche ich Zugang zu den Daten der Steuerbehörde – und zwar für jede Gemeinde in der Umgebung“, erklärte sie. „Das kann eine Weile dauern.“
„Machen Sie einfach so schnell Sie können.“ Er beendete das Gespräch. Dann ging er durch das Wohnzimmer in Rains Büro, knipste die Jugendstillampe an und dachte darüber nach, was McGrath ihm draußen vor Carteris’ brennendem Herrenhaus erzählt hatte. Kurz bevor die Bombe explodiert war, hatte der Detective Liebesbriefe gefunden, die der Chirurg angeblich an Desiree Sommers geschrieben hatte. Doch irgendetwas stimmte daran nicht. Die Briefe trugen alle Poststempel aus den Siebzigerjahren. Laut der Personalakte des Krankenhauses war Carterisdreiundvierzig Jahre alt. Und das bedeutete, dass er zu der Zeit, als die Briefe geschrieben wurden, noch ein halbes Kind gewesen sein musste.
Nichts davon ergab einen Sinn. Um die ganze Sache noch schlimmer zu machen, waren diese Briefe jetzt zerstört – zusammen mit allen anderen Hinweisen, die möglicherweise in dem Haus gewesen waren.
Er ließ sich auf den Stuhl hinter Rains Schreibtisch sinken und stellte den Computer an. Es dauerte nicht lange, bis er die Notizen ihrer Therapiesitzungen mit Oliver Carteris gefunden hatte. Zehn Minuten später hatte er jedoch noch immer keinerlei Anhaltspunkte entdeckt und ganz sicher nichts, was darauf hinwies, dass Oliver in so etwas Ernstes wie Mord verwickelt gewesen sein könnte. Seine Gedanken überschlugen sich. Ratlos stützte Trevor den Kopf in die Hände.
Kurz darauf klopfte es. Als er aufsah, erblickte er Brian in der Tür zum Büro. Sein dunkles Haar und das gestreifte Polohemd waren feucht vom Regen. Er hielt einen Schlüsselbund in der Hand. „Du hast ihn in der Tür stecken lassen.“
„Er gehört Rain“, sagte Trevor leise. „Ich habe ihn heute Morgen aus Annabelles Haus mitgenommen.“
„Alex hat auch einen. Er meinte, ich solle mal nach Dahlia sehen.“
Und nach dir, schienen Brians blaugraue Augen zu sagen. Trevor wehrte sich innerlich gegen die Besorgnis, die sich auf dem Gesicht seines Bruders spiegelte. „Ist Alex wieder wach?“
„Er hat wahnsinnige Kopfschmerzen und macht sich schreckliche Sorgen um Rain. Aber die Ärzte meinen, er wäre auf dem Weg der Besserung. Sie behalten ihn für ein paar Tage zur Beobachtung da.“ Er schwieg und machte ein paar Schritte in den Raum hinein. „Die Explosion im Haus des Chirurgen war heute Abend in den Nachrichten. Sie sagen, er wäre der Hauptverdächtige für die Mordserie. Du warst da, oder?“ Als Trevor nicht antwortete, fuhr Brian fort: „Sie haben gesagt, viele Leute wären verletzt und ein Detective getötet worden. Geht es dir gut?“
„Ja“, erwiderte Trevor. Doch nach einem Moment gab er zu: „Ich weiß es nicht.“
Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar und konnte seine Angst und Enttäuschung nicht länger verbergen. Er erhob sich vom Schreibtisch, ging zum Fenster und stand mit vor der Brust verschränkten
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