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Nachts kommen die Fuechse

Nachts kommen die Fuechse

Titel: Nachts kommen die Fuechse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cees Nooteboom
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Dann kam die erste Frau aufs Tapet, danach die zweite, dann die Kinder. Zu letzteren gehörte dieser Ausdruck, den sie abends, wenn sie im Bett lag, manchmal wiederholte. Romper la intimidad . Aber der fiel erst beim zweiten Gin. Wie er genau zu übersetzen sei, da war sie sich noch nicht schlüssig. Die Intimität zerbrechen? Klang sehr unenglisch. Aber vielleicht würde eine Spanierin auch nicht unbedingt den Pullover ihrer toten Freundin tragen. Übrigens hatte sie auch jetzt etwas von Annabelle an, eine Bluse mit kleinen rosa Röschen, von Laura Ashley. Gott, Annabelle. Die war schon beim ersten Gin immer gleich völlig hinüber gewesen. Sie hörte, wie Luis drinnen Eis in das hohe Glas gab, undals sie das Glas sah, wußte sie sofort, daß sie seine Stimmung richtig eingeschätzt hatte, da paßte kaum noch Tonic hinein. Das bedeutete, er hatte Pläne. Sie dachte über ihren Eröffnungszug nach.
    Nicht viel los heute, wie’s aussieht. Er zuckte die Achseln. Auf diesen einen Satz von ihr würden mindestens zehn von ihm folgen. Der Zehn-zueins-Mann, so hatte sie das für sich genannt. Ja, es war eine Scheißsaison ( temporada de mierda ). Er hätte nie herkommen sollen. In Sevilla war es jetzt noch knallheiß und hier schon Winter. Der Besitzer hatte gestern ausgerechnet, daß der bisherige Gewinn um sechstausend Euro niedriger lag als im Vorjahr. Hätte er diese blöde Anzeige bloß nie gesehen. Allerdings hatte er jetzt auf eine andere geantwortet, in Oviedo. Wenn seine erste Frau ihn nicht ausgeraubt hätte, besäße er noch seinen eigenen Laden. Oviedo, da tranken sie Cidre, zum Kotzen. Aber das waren auch keine richtigen Spanier. In Asturien, da gab es noch Bären. Dann konnte man gleich nach Sibirien. Ein Sevillaner hatte in solchen Gegenden nichts zu suchen. Nur – ihm blieb keine andere Wahl. Das Leben hatte ihm nun mal schlechte Karten zugeteilt.

    Sie nahm einen Schluck. Das war der schönste Augenblick des Tages, wenn die Welt kippte. Ein wohliges Gefühl durchströmte sie. Paßte auch zu seinem Lamento. Bevor sie eine Zigarette genommen hatte,stand er schon mit seinem Feuerzeug bereit. Zuviel Wind. Mistinsel, würde er jetzt sagen und ihr dann einen Schuß vor den Bug verpassen. Bumm. Ich denke, wir machen dieses Jahr früher zu. Sie hörte den anderen Satz darunter, der zum zweiten, genauso wunderbaren Schluck gehörte. Und dann hast du das Nachsehen, du alte englische Schnepfe, dann gibt es hier gar nichts mehr. Sie dachte kurz nach, sog an der Zigarette, entließ den Rauch in die wilde Luft und sagte im selben Atemzug den Satz, auf den er wartete, nein, das darf doch nicht wahr sein? Doch er war bereits auf seiner Schiene. Jetzt kamen die Kinder dran. Die lebten auf Mallorca, aber dort war er nicht willkommen. Sie nahm einen kleinen Schluck und wartete auf den Satz und gleichzeitig auf das Gesicht, das er dazu ziehen würde, denn dann machte er seine Kinder nach. Das würde romper la intimidad . Die Kinder hatten zusammen intimidad , und die würde er romper . Wo er doch seine Mutter bis zu ihrem Vierundachtzigsten im Haus gehabt hatte, aber tja, früher gab’s das nicht, intimidad . Und mit seiner ersten Frau schon gar nicht. Die war im übrigen gleich nach dem Tod seiner Mutter verschwunden, keine Lust auf Haushalt. Er ging hinein, angeblich um einen sauberen Aschenbecher zu holen, doch sie wußte, daß er hinter der Bar einen Schluck Whiskey nahm. Sie zählte, wieviel Zigaretten sie noch hatte. Hm. Den Mist, den er rauchte, mochte sie nicht.Angebrannte Pappe mit weißen Filtern, fühlte sich trocken an auf den Lippen. Genau die Zigaretten, die zu dir passen, du Clown, dachte sie und sagte: Ich hoffe doch, ihr haltet noch ein bißchen durch, ohne euch wird es so leer sein. Sie warf wieder einen Blick in ihre Schachtel. Nur noch drei, und sie fuhr erst morgen in die Stadt. In dem Augenblick raste ein offenes blaues Auto durch die Straße und bremste kreischend, dicht am Meer. Der wäre am liebsten weitergefahren, sagte Luis. Dann wäre hier endlich was los gewesen. Das Auto wendete und fuhr bis vor die Bar. Deutsches Nummernschild. Überlaute Musik mit tief dröhnenden Bässen und einer gellenden hohen Frauenstimme, ein Mensch, der in irgendeiner Maschinenfabrik schreckliche Foltern erduldete. Ob es noch was zu essen gab? Sie goß ein wenig Tonic nach. Jetzt würde es viel später werden. Mußte sie eben versuchen, wach zu bleiben. Vielleicht ein Film auf Sky.
    Oder doch noch einen bestellen? Die

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