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Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Titel: Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Gwisdek
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markierte vier verschiedene Punkte und behielt eine Reißzwecke in der Hand. »Das sind die Fundorte der ersten vier Opfer. Sie ergeben ein Kreuz, und zwar auf den Meter genau. Bliebe die hier!« Er hob die fünfte Reißzwecke in die Höhe und sah Harris Zimmering einladend an. »Der religiöse Hintergrund, den ich persönlich für kompletten Schwachsinn gehalten habe, bricht mit der Toten auf den Gleisen weg.« Er steckte die Reißzwecke leicht nach links versetzt über den oberen Punkt. Harris erinnerte sich gut daran, dass es Schneider selbst gewesen war, der die Theorie vertreten hatte, dass der Mörder einen persönlichen Kreuzzug veranstaltete und daher seine Opfer bewusst so anordnete, dass sie auf der Landkarte ein Kreuz ergaben. Diese Behauptung unterstrich er damit, dass die Fundstellen in keinem der Fälle die Tatorte waren.
    Harris kniff die Augen zusammen und trat ein paar Schritte zurück. Auf den ersten Blick ergab die fünfte Markierungkeinerlei Sinn, es sei denn, die Punkte auf der Karte formierten sich zu einem neuen Bild, was wiederum bedeuten könnte, dass weitere Morde folgten.
    Zog man eine waagerechte Linie vom letzten Punkt zur anderen Seite des Kreuzes, drängte sich eine eindeutige Form auf. Ein zynisches Grinsen huschte über Harris Zimmerings Gesicht.
    Er würde sich hüten, seine Entdeckung kundzutun, denn wie er Hauptkommissar Schneider kannte, würde dieser es sofort als eigene Überlegung im Kreis der Kollegen präsentieren und Harris würde wieder einmal leer ausgehen. Um sicher zu sein, dass seine Theorie einen Sinn ergab, trat er näher an die Karte heran und legte im Geist ein Lineal an der fiktiven Linie an. Wenn Theresia tatsächlich das sechste Opfer dieses Irren sein sollte, würde man sie also … Harris’ Mundwinkel zuckten vor Erregung, als er den imaginären Punkt auf der Landkarte identifizierte.

10.
    Schwer bepackt mit einem Vorrat an Lebensmitteln, mit dem man gut eine ganze Kompanie satt bekäme, verließ Alexandra den Supermarkt und wäre beinahe zum zweiten Mal von Harris Zimmering überfahren worden, hätten nicht die Henkel der Einkaufstüten einen knappen Meter vor der Straße den Geist aufgegeben. So, wie sie Einkaufswagen hasste, verabscheute sie auch Plastiktüten inklusive ihrer unbrauchbaren Griffe. Jetzt aber schienen sie ihr glatt das Leben gerettet zu haben. Laut fluchend ließ sie die restlichen Tüten nebst Pappkarton auf das Pflaster fallen und blieb wutentbrannt an der Bordsteinkante stehen. Nichts brachte sie so sehr in Rage wie vermeidbare Missgeschicke, vorwiegend ausgelöst durch den ihr angeborenen Starrsinn.
    Leise schnaufend vor Zorn stand sie vor Harris Zimmerings Polizeiwagen und war kurzzeitig geneigt, die zerrissenen Tragetaschen auf dem Asphalt sich selbst zu überlassen und einfach zu ihm ins Auto zu steigen. Es war wirklich zu blöd, dass ein solches Malheur zweimal hintereinander passierte, und noch dazu wahnsinnig peinlich, dass beide Male Harris Zimmering in den Vorfall involviert war. Zum Glück war es ihr nicht gegeben, vor Scham zu erröten. Wie schon im Wald stieg Harris stillschweigend aus, öffnete im Vorbeigehen die Kofferraumklappe, nahm die heil gebliebenen Tüten vom Boden, sammelte den verstreuten Rest ein und stellte alles ins Auto. Der einzige Unterschied zum Vortag war, dass er es dieses Mal lächelnd tat. Alexandra hatte sich noch keinen Zentimeter von der Stelle bewegt, sondern reglos und stumm dem Vorgang zugesehen. Sie zuckte kurz zusammen, als die Klappedes Kofferraumes lautstark ins Schloss fiel, und setzte sich, nachdem ihr Harris die Tür geöffnet hatte, wortlos auf den Beifahrersitz. Harris Zimmering ließ sich hinter dem Lenkrad nieder, nahm seine Zigarette zwischen Daumen und Mittelfinger und hielt sie ihr hin.
    »O nein, danke. Rauchen ist nicht mein Ding«, wehrte Alexandra ab.
    »Und was ist Ihr Ding?«, fragte er knapp.
    Alexandra war nicht der Typ, der nach einer solchen Schlappe zum Alltäglichen überging, aber es imponierte ihr immer wieder, wenn es anderen gelang.
    »Ich glaube, ich würde dich damit langweilen«, sagte sie nach einer kurzen Pause.
    »Lassen Sie mich das beurteilen!«
    »Na gut. Spaziergänge im Regen, gegrillte Riesengarnelen, Käsebrötchen mit Marmelade … Regenwürmer … Reicht das?«
    »Klingt interessant.«
    Trotz ihrer jüngsten Erkenntnis, dass Harris Zimmering einen etwas absonderlichen Humor besaß und seine Antworten keineswegs ernst zu nehmen waren, sah sie verunsichert

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