Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Titel: Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Gwisdek
Vom Netzwerk:
wissend, dass der Kommissar das nicht bemerken würde. Der Unterton in Schneiders Stimme war ihm nicht entgangen, und wenn Harris Zimmering eines hasste, dann waren es Vorwürfe.
    Betont gelassen nahm er den Ordner vom Tisch und lief damit lesend durch den Raum. Der ständig wiederkehrende Vibrationston von Schneiders Handy irritierte Harris, aber da Schneider ihn mit stoischer Ruhe ignorierte, vermied er es, seinen Chef darauf anzusprechen. Nur ein einziges Mal warf Schneider einen kurzen Blick auf das Display, quittierte seine Erkenntnis mit einem verachtenden Zucken der Mundwinkel und redete dann, ungeachtet ob Harris zuhörte, weiter.
    »Die Serienkiller, mit denen ich bisher zu tun hatte, schienen nicht zu wollen, dass man ihre Opfer findet. Dieser hier will es. Warum?«
    Schneider zog das Wort extrem in die Länge, daher antwortete Harris reflexartig, ohne nachzudenken: »Weil er gefasst werden will.«
    Schneiders erhobene Brauen straften seine Voreiligkeit. »Nein. Weil er bewundert werden will! Er hat nichts davon, wenn sein Tun nicht bemerkt wird.«
    Einen Augenblick lang beobachtete er Harris, aber da dieser wieder in seine Lektüre vertieft war, wandte er sich dem Fenster zu.
    »Wir sollten ihm diesen Gefallen nicht tun!«, sagte Schneider nach einer Weile und sah erneut in Harris’ Richtung. Dieser schlug in diesem Moment den Ordner zu und legte ihn zurück auf den Schreibtisch. Harris, der Schneiders Ausführungen zum größten Teil nur halbherzig zugehört hatte, spürte, dass er jetzt etwas sagen musste. Die Haltung des Vorgesetzten verlangte danach. Auch wusste er inzwischen, dass Schneider es liebte, Fragen gestellt zu bekommen, statt Bewertungen oder gar Hypothesen zu hören. Die Antwortensollte man, wenn man mit ihm auskommen wollte, besser ihm überlassen.
    »Meinen Sie wirklich, dass die langen schwarzen Haare, die man beim letzten Opfer gefunden hat, dem Täter gehören? Suchen wir jetzt nach einem Hippie?«
    An Schneiders Gesichtsausdruck war deutlich abzulesen, dass er weder auf Harris’ lockeren Ton eingehen noch solcherart Fragen beantworten würde.
    »Was meinen Sie, hat der Mörder sie willkürlich ausgesucht?«, fragte Harris daher weiter und ließ sich auf der Schreibtischkante nieder. Dass dies in Gegenwart des Chefs ungehörig war, störte ihn nur wenig, schließlich war es sein Büro.
    »Die Ähnlichkeit der Opfer ist zwar nicht von der Hand zu weisen, doch bezüglich der Frage, weshalb er diesen Frauentyp ausgewählt hat, sind wir genauso schlau wie am Anfang«, antwortete Schneider bereitwillig und lehnte sich tiefer in Harris’ Bürosessel. Offenbar spürte er erst jetzt die gebrochenen Metallstäbe unter dem Leder, die aus Harris’ letztem Wutanfall resultierten, denn er verzog schmerzhaft das Gesicht und kam wieder nach vorn. Harris dachte nicht daran, sich für den unbequemen Sessel zu entschuldigen oder ihm gar einen anderen anzubieten, sondern führte das Frage-und-Antwort-Spiel weiter. »Sie sagten doch, er wäre besessen von einem bestimmten Gesicht. Und dann zerschneidet er es?«
    »Dafür kann es tausend Gründe geben. Wir werden es wissen, wenn wir ihn haben.«
    »Warum nimmt er ihre Klamotten mit? Sie waren nackt, und alle, bis auf die mit dem abgetrennten Kopf, lagen mit dem Gesicht nach unten, als man sie fand. Warum hat er sie umgedreht?«
    Schneider warf Harris einen Blick zu, der so viel heißen sollte wie »Na, Junge, vielleicht kommst du selber drauf«, dann aber wanderten seine Augen irritiert hinauf zur Zimmerdecke,und seine Mundwinkel verzogen sich nach unten, was ihm einen leicht dümmlichen Ausdruck verlieh. Es war mehr als ersichtlich, dass er keine Antwort parat hatte, was Harris ermutigte weiterzureden.
    »Hat er den Anblick nicht ertragen können? Möglicherweise ist er verklemmt, verweichlicht, unsicher … zieht sich heimlich die Frauenkleider an. Die Zeitungen schreiben doch so was!« Harris hatte unbewusst das Spiel verlassen und stellte nun keine Fragen mehr, sondern Mutmaßungen an.
    Hauptkommissar Schneider reagierte erwartungsgemäß verärgert. »Ja, und es gibt Leute, die sich mit Zeitungen den Arsch abwischen! Lassen Sie das, Zimmering! Spielen Sie hier nicht den Psychologen!«
    Kommissar Schneider suchte mit den Augen den Schreibtisch ab, griff mit einem missbilligenden Blick zu Harris in eine Schachtel mit Reißzwecken und drehte sich zu der Landkarte in seinem Rücken um. »Mich interessiert inzwischen vielmehr dieses Muster.« Er

Weitere Kostenlose Bücher