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Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Titel: Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Gwisdek
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und trat sehr nah an Harris heran. Alexandra konnte sehen, wie sich Ninas Nasenflügel bewegten, während sie tief die Luft einsog. Wäre es nicht Nina, würde sie annehmen, dass die Frau, die sich jetzt so unverblümt und vordergründig anbiederte, gerade im Begriff war, vor ihren Augen eine Affäre zu beginnen. Aber sie kannte diesen Test. Wiche Harris auch nur einen Schritt zurück, verlöre Nina augenblicklich das Interesse, bliebe er aber fasziniert stehen, ginge das Spiel in die zweite Runde. Harris tat jedoch weder das eine noch das andere. Er sah auf Nina herab, murmelte »Harris« und wandte sich mit leicht erhobenen Brauen Alexandra zu. »Ich hol die Tüten, und dann zisch ich wieder ab, okay?«
    Nach einem kurzen spöttischen Seitenblick auf Nina drehte er sich um und lief zum Auto. »Ist nichts für dich«, flüsterte Nina, während sie begehrlich Harris’ athletischen Körper musterte.
    »Und das weißt du nach dreißig Sekunden?«, flüsterte Alexandra zurück.
    »Ja«, antwortete Nina knapp.
    Alexandra schubste die Freundin sanft von sich. »Wie siehst du überhaupt aus?«, beschwerte sie sich. »Da bin ich zwei Tage weg, und schon legst du dir einen neuen Haarschnitt zu! Identitätskrise oder neuer Lover?«
    Nun war es Nina, die sich beklagte. »Zwei Tage? Eher zehn Wochen! Mehr oder minder.« Belustigt schüttelte sie den Kopf. »Zu viel Landluft, was?«
    »Sagte ich schon, dass du doof bist?«, konterte Alexandra.
    »Sagtest du.« Nina warf den Kopf in den Nacken, so wie sie es früher getan hatte, als ihre Haare noch bis zum Po reichten. Jetzt aber schwang nicht eine Strähne schwungvoll über die Schultern, denn die Haare maßen gerade mal noch zwei Zentimeter. Einzig das Blond war geblieben. Wenn Alexandra noch bis vor kurzem ihre Freundin scherzhaft als Schwester der Sängerin Nena vorstellte, so konnte man sie jetzt für deren blonden Zwilling halten.
    »Ich vermiss die alten Zeiten!«, sagte Nina leise.
    »Geht mir genauso.«
    Für einen kurzen Moment fielen sie sich erneut in die Arme, dann löste sich Nina, wischte mit einer schnellen Handbewegung eine Träne von ihrer Wange und klatschte in die Hände.
    »Aber nun hast du ja dieses Prachtexemplar!«
    Es störte sie nicht im Geringsten, dass Harris soeben an ihnen vorbeilief und daher ihren letzten Satz gehört haben musste. Im Gegenteil, sie setzte noch eins drauf. »Und Sie, Harris? Verheiratet?«
    »Was geht Sie das an?«
    Nina schien für einen Moment tatsächlich von Harris’ Tonfall eingeschüchtert. »Nur so!«, antwortete sie daher mit einiger Verzögerung. »›Nur so‹ ist die dämlichste Antwort«, brummte Harris, während er die Einkaufstüten vor der Haustür abstellte. Er zögerte einen Augenblick, als schiene er darüber nachzudenken, was er als Nächstes tun sollte, danndrehte er sich langsam um und kam auf die Frauen zu. Direkt vor Nina blieb er stehen. »Also. Was wollen Sie?«
    Noch nie hatte Alexandra so etwas wie Unsicherheit bei ihrer Freundin bemerkt, in Harris aber schien Nina tatsächlich ihren Meister gefunden zu haben. Statt der gewohnten schnellen und meist bissigen Antwort, die Nina in solchen Situationen aus der unerschöpflichen Schublade mit ihren Männererfahrungen holte, räusperte sie sich anhaltend. Alexandra musste insgeheim zugeben, dass sie die momentane Pattsituation ein wenig genoss. Sosehr sie Nina auch mochte, deren Umgang mit Männern hielt sie weder für passend noch für erstrebenswert. Einige Sekunden lang taxierten sich Nina und Harris vollkommen regungslos, erst als er sich mit einer fahrigen Bewegung ans Ohr fasste und es zwischen Daumen und Zeigefinger massierte, fand auch die Freundin zu ihrer gewohnten Art zurück. Sie trat noch näher an Harris heran und griff direkt an. »Mache ich Sie nervös?«
    »Im Moment sind hier alle nervös, dazu braucht es sicher nicht Ihre Anwesenheit. Sonst noch was?« Obgleich seine Erwiderung mit einer Frage endete, schien er kein Interesse an einer Antwort zu haben. Er warf Alexandra einen irritierten Blick zu und ging.
    Einen Moment lang stand Alexandra unentschieden vor der noch immer verschlossenen Haustür und sah Harris nach, erst Ninas »Idiot« erinnerte sie daran, dass sie nicht allein war. »Du bist zu schnell, Nina!«
    »Und du zu blauäugig.«
    »Ja, ja, ja, lass uns das Thema wechseln.«
    »Wieso?«, fragte Nina vergnügt. »Ich finde das Thema hochspannend!«
    »Ich aber nicht«, erwiderte Alexandra im gleichen Tonfall und zwinkerte der

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