Nachts lockt das Verlangen
weigerte sich schlicht, diesen schlimmsten aller Fälle anzunehmen. Aber es konnte dazu kommen. Und wenn es dazu kam und sie gehen musste … Schmerz ballte sich in ihrem Bauch zusammen, und sie musste sich beherrschen, um Amelia nicht aus Lucas’ Armen zu reißen.
Wenn es schon dazu kam, würde sie sich nicht besser fühlen, wenn sie wüsste, wer sich um Amelia kümmerte? Und wäre es nicht in ihrem Interesse, ein gutes Verhältnis zu dieser Person aufzubauen?
„Ich bin kein Monster“, sagte Lucas.
Lexi gab ein ungläubiges Geräusch von sich.
Lucas brachte sie mit einem Blick zum Verstummen. „Ich will ganz genau das Gleiche wie du, Devin.“
„Aus völlig anderen Gründen.“
Er seufzte. „Ich werde ein Kindermädchen aussuchen. Du kannst mir helfen oder nicht, das liegt ganz bei dir …“ Er schnappte entsetzt nach Luft.
Erschrocken fuhr sie auf. „Was ist?“
Lucas’ Blick war mörderisch. „Trägt dieses Kind eine Windel?“
Sie sollte nicht lachen. Sie durfte nicht lachen.
„Das ist ein Anzug von Brioni“, stöhnte Lucas mit zusammengebissenen Zähnen.
„Tut mir leid“, brachte sie heraus.
„Du hättest erwähnen können …“
„Hab ich vergessen“, gestand sie.
„Entschuldige bitte, wenn es mir schwerfällt, das zu glauben.“
„Ich hatte nicht die Absicht …“ Aber sie kämpfte schon wieder gegen das Lachen an. „Babys sind nun mal eine schmutzige Angelegenheit.“
„Ist das deine Vorstellung von Rache?“
„Das ist meine Vorstellung von dir als Onkel. Sie pinkeln, Lucas. Ebenso sabbern sie und spucken. Und sie …“
„Die Erfahrung habe ich schon gemacht“, grollte er.
„Nimm es wie ein Mann“, sagte Lexi trocken.
„Das ist ein Sechstausend-Dollar-Anzug“, blaffte er sie an.
Amelia schlug die Augen auf, warf einen Blick auf Lucas und heulte laut los.
Er versteifte sich. „Oh mein Gott, bei aller Liebe …“
Devin sprang von der Liege und rettete Amelia. Lucas’ Hemd, Hose und der untere Teil seines Jacketts waren dunkel vor Nässe.
Er starrte auf seinen Schoß. „Windeln wurden aus gutem Grund erfunden“, beklagte er sich.
„Unfälle passieren.“ Devin drückte die klamme, aber sich schnell beruhigende Amelia fest an ihre Brust.
Lucas’ wütendes Funkeln ließ sie wissen, dass er den Vorfall für alles Mögliche hielt, aber keineswegs für einen Unfall.
„Kindermädchen“, sagte Lucas und ließ den Stapel mit Lebensläufen neben Devin auf den Tisch fallen. Sie saß mit dem Laptop vor sich an einem Ende des langen Esstisches, von dem das Abendessen längst abgeräumt worden war. Nach dem Desaster am Nachmittag war ihm deutlicher als je zuvor geworden, dass sie sich organisieren mussten.
„Unfälle passieren“, wiederholte Devin, die offenbar ahnte, woher sein Unmut kam. Sie tippte kurz etwas und schloss den Laptop.
„Unfälle“, erwiderte er und setzte sich, „können vermieden werden.“
„Bist du immer so kontrollsüchtig?“ Ihr Blick streifte den Papierstapel.
„Ich bin einfach sehr gut organisiert.“ Er zog den obersten Lebenslauf zu sich heran und las. „Abschluss an der Königlichen Kindermädchen-Akademie in London, 1978.“
„Zu alt.“
„Ich habe jemanden mit Erfahrung verlangt.“
Devin schüttelte den Kopf. „Nicht so viel Erfahrung. Amelia wird bald anfangen zu laufen, und Kleinkinder sind voller Energie.“
„Wir suchen ein Kindermädchen, keine Spielgefährtin.“
„Von einem guten Kindermädchen erwarte ich, dass es viel mit Amelia spielt.“
„Und ich erwarte, dass es sich mit einem Wickeltisch auskennt.“
„Komm drüber weg, Lucas.“
„Ich bin drüber weg.“
„Sicher“, murmelte Devin.
Nun, man sollte ihm seinen Frust vergeben können. Amelia hatte sehr süß und harmlos ausgesehen, wie sie da auf Devins Schoß geschlafen hatte, und nicht wie eine tickende Zeitbombe.
Er las weiter. „Es heißt hier, dass sie ordentlich ist, gut organisiert und dass sie – basierend auf ihrer Tagesablaufvorlage – einen maßgeschneiderten Zeitplan aufstellen wird, der sich unserem Lebensstil anpasst.“
„Tagesablaufvorlage?“ Unglauben schwang in Devins Stimme mit.
Er blickte sie an. „Was ist?“
„Es gibt keine Tagesablaufvorlage für die Erziehung von Babys. Jedes Baby ist einzigartig.“
„Ich bin mir sicher, damit meint sie Mahlzeiten, Schlafenszeiten, Spaziergänge und all so was.“
„Babys sollten schlafen, wenn sie müde sind, und essen, wenn sie Hunger haben.“
Lucas
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